Wie beurteile ich die Aussage, das Fibrinopeptide gut zum Vergleich sehr nah verwandter Arten, Histone dagegen sehr entfernt verwandter Lebewesen eignen?

2 Antworten

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nehmen wir mal diese Abbildung zum Vergleich, dann sieht man, was weggemacht wurde, um sie für Schüler zu erschweren ;)

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Bildquelle: Voet, Voet: Biochemie, 1994

Wie man sieht, handelt es sich um exakt die gleichen Proteine deiner Abb., besser gesagt, um die gleiche Abb. Jedes dieser 4 Proteine ist im Prinzip eine "molekulare Evolutionsuhr". Die Wahrscheinlichkeit einer Änderung durch Mutation in der DNA (und Substitution einer Aminosäure) ist ca. konstant, so dass es über die Zeit zu Abweichungen der Proteine kommt, aber die Uhren gehen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit.

Die Fibrinopeptiduhr geht am schnellsten, die Histonuhr am langsamsten. Histone scheinen den Austausch von Aminosäuren kaum zu tolerieren, ihre DNA-Sequenz ist hoch konserviert. Es kommt nur zu einem Austausch von 100 Aminosäuren, in 600 Millionen Jahren. Wenn man diese äußerst langsame Evolutionsuhr für den Vergleich eines jüngeren Ereignisses, eine jüngere Aufspaltung nah verwandter Arten, wie die Aufspaltung der Säugetiere "Radiation of mammals" (grün) verwenden würde, dann würde die Histonuhr immer 100% übereinstimmende Verwandtschaft anzeigen, da sich die Sequenz des Histons in den letzten 100 Mio. Jahren nicht verändert hat, was natürlich für jüngere Ereignisse innerhalb der letzten 100 Mio. Jahre nichts bringt.

Wenn man hingegen die schnellste Evolutionsuhr Fibrinopeptide verwendet, dann kann man die Aufspaltung der nahe verwandten Säugetiere (vgl. grün) sehr gut auflösen und anhand des Grads der Abweichung der Proteine durch Sequenzvergleich, die Stammesgeschichte nachvollziehen. Man hat nämlich dann ausreichend Austäusche für die einzelnen Gruppen, innerhalb des betrachteten Zeitraums. Sind die Arten hingegen weit entfernt verwandt, liegt die Aufspaltung zeitlich weit zurück und es bieten sich dann langsamere Evolutionsuhren an, wie z.B. Cytochrom c, um diese langen Zeiträume zu erfassen. LG

 - (Schule, Psychologie, Biologie)

Für das Nachvollziehen von Evolutionsprozessen, die erst vor kurzer Zeit passiert sind, braucht es Loci, die sehr schnell evolvieren, also eine hohe Mutationsrate aufweisen. Nur so kann man über die kurzen Zeiträume auch Unterschiede feststellen. Nahe verwandte Arten haben sich in der Regel erst vor kurzer Zeit getrennt. Wenn zwei Arten sich z. B. erst vor wenigen hundert Jahren getrennt haben, macht es ja wenig Sinn, für den Vergleich ein Gen zu wählen, das hochkonserviert ist, also z. B. nur alle paar tausend Jahre mutiert.

Wenn zwei Arten entfernt verwandt sind, macht es hingegen Sinn, Loci zu wählen, die nur langsam evolvieren. Bei einer zu hohen Mutationsrate wird es sonst sehr schnell unübersichtlich.