1. Einschreibung fürs Studium – welche Art der Krankenversicherung?

4 Antworten

Hallo,

die Bescheinigung für die Einschreibung an einer Hochschule kann man nur von einer gesetzlichen Krankenkasse bekommen (private Krankenversicherungen können sie nicht ausstellen).

Ab Beginn des 1. Semesters wird man Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse - welche, kann man sich aussuchen (ca. 110 Euro monatlicher Beitrag). Nach § 8 SGB V kann man sich aber innerhalb von 3 Monaten nach Beginn des Studiums von dieser Versicherungspflicht auf schriftlichen Antrag befreien lassen (sinnvoller ist es, diese Entscheidung bereits bei der Anforderung der Bescheinigung zu treffen - es sind zwei unterschiedliche Bescheinigungen!) . Diese Befreiung ist unwiderruflich! Die gesetzliche Krankenkasse benötigt einen Nachweis über das Bestehen einer privaten Krankenversicherung.

Wenn man sich als Student von der GKV befreien lässt, ist ein späterer Wechsel in die GKV nur unter bestimmten Bedingungen möglich: Wenn man nach dem Studium eine Arbeitnehmertätigkeit mit mehr als 450 Euro monatlich und weniger als 64.350 Euro (2021) brutto innerhalb von 12 Monaten aufnimmt, wird man nach der derzeitigen Rechtslage in der GKV versichert (bei Gesetzesänderungen besteht aber kein Vertrauensschutz!). Wenn man nach Studienende arbeitslos ist (auch mit Bezug von Arbeitslosengeld II vom Jobcenter), sich selbständig macht oder eine Beamtentätigkeit aufnimmt, kann man nicht in die GKV wechseln. Bei (fast?) allen PKV-Tarifen für Studenten gibt es eine Altersgrenze, bis zu der der ermäßigte Studententarif gilt.

Ggf. sind zusätzliche Beiträge für eigene Kinder oder den nichtberufstätigen Ehegatten zu zahlen. Wenn man sich als Student von der Versicherungspflicht befreien lässt, kann man als Student nie in die kostenlose Familienversicherung des (späteren) Ehegatten wechseln.

Bei den Leistungen der bestehenden Versicherung sollte man neben vielen anderen besonders auf folgende Punkte achten (gerade bei Studententarifen in der privaten Krankenversicherung fehlen oft wichtige Leistungen!):

  • Reha/Kur (z.B. nach Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebs, Unfällen ...)
  • Hilfsmittel: Katalog der GKV:

www.gkv-spitzenverband.de/krankenversicherung/hilfsmittel/hilfsmittelverzeichnis/hilfsmittelverzeichnis.jsp

Hilfsmittel erreichen schnell 4- und teilweise 5-stellige Beträge.

  • Psychotherapie (Anzahl und Erstattungshöhe, z.B. bei Burnout, Prüfungsstress ...)
  • Leistungen bei Schwangerschaft
  • Heilmittel (z.B. Krankengymnastik, Sprachtherapie, Ergotherapie)

-> Heilmittelarten und Erstattungshöhe

Man kann PKV-Experten auch eine Testfrage stellen: "Kann man nach dem Studium als Arbeitsloser wieder in die GKV zurück?" Wenn die Antwort "ja" lautet, hat der "Experte" noch einen sehr alten Stand. Seit vielen Jahren gilt folgende Regelung:

In der PKV werden notwendige Leistungen in angemessener Höhe erstattet. Was angemessen ist, prüft die Versicherung, wenn man Rechnungen einreicht. Der Leistungserbringer hat aber trotzdem einen Anspruch auf Vergütung. Im Übrigen werden in vielen Tarifen nur schulmedizinisch anerkannte Methoden erstattet.

§5 Absatz 2 und § 4 Absatz 6 PKV-Musterbedingungen:

www.pkv.de/recht/musterbedingungen/mbkk2009.pdf

Wenn man im Krankheitsfall Probleme mit einem PKV-Unternehmen hat, kann man praktisch nicht mehr wechseln. Jede andere Versicherung wird einen voraussichtlich wegen der Erkrankung ablehnen (oder gravierende Risikozuschläge erheben). In der GKV sind die anderen Krankenkassen verpflichtet, einen aufzunehmen, und man hat ab dem 1. Tag den vollen Leistungsanspruch.

Jeder Tarif der privaten Krankenversicherung (PKV) hat im Vertrag geregelt, wie lange der Ausbildungs-/Studententarif gilt. Häufig gibt es Verweise auf den Kindergeldbezug oder den Beihilfeanspruch. Wenn ein Elternteil verbeamtet ist und 80% Beihilfeanspruch bestehen, gibt es bei Wegfall der Beihilfe (oft 25. Geburtstag) etwa eine Verfünffachung (20% x 5 = 100%) des PKV-Beitrages.

Vielleicht interessant:

https://www.focus.de/finanzen/versicherungen/krankenversicherung/tid-5429/krankenversicherung_aid_52165.html

https://www.bundderversicherten.de/files/broschuere/pdf/de/200114-bdv-pkv-rz-ansicht-vs2.pdf

https://www.pkv-ombudsmann.de/schlichtungsstelle/taetigkeitsberichte/

(unter Tätigkeitsberichte sind häufige Beschwerden von PKV-Versicherten aufgelistet)

Die Kosten einer Versicherung bestehen immer aus den gezahlten Beiträgen und den nicht versicherten Leistungen.

Die Entscheidung hat teilweise deutlich längere Auswirkungen, als man selber annimmt, und sollte daher sehr gründlich angegangen werden. Eine Beratung auch bei (mindestens) einer gesetzlichen Krankenkasse ist sinnvoll.

Viel Erfolg bei der richtigen Entscheidung!

Noch Fragen offen?

Gruß

RHW

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Wenn du privat versichert bleiben willst, müssen deine Eltern dann den Beitrag weiter für dich entrichten. Dann bleibt das aber während des gesamten Studiums so.

Das könnte später teurer werden als die KVdSt.

DerAnonymeTom 
Fragesteller
 29.06.2021, 16:24

Und wenn ich privat versichert bleiben will, benötige ich eine Befreiungsbescheinigung. Bekomme ich diese wirklich bei einer beliebigen gesetzlichen Krankenkasse?

DerHans  29.06.2021, 17:29
@DerAnonymeTom

Letztlich kannst du das nur selbst entscheiden. Wenn du natürlich eine Karriere als Beamter anstrebst, wäre die private günstiger für dich, weil du dann ja später ebenfalls einen Beihilfeanspruch hast.

Valnar52  30.06.2021, 10:25
@DerAnonymeTom
Bekomme ich diese wirklich bei einer beliebigen gesetzlichen Krankenkasse?

Ja

Du wirst versicherungspflichtig in der Gesetzlichen Krankenversicherung. Du kannst jedoch die Befreiung davon beantragen, wenn du in der PKV bleiben willst. Allerdings ist diese Entscheidung für den Rest des Studiums nicht rückgängig machbar und, je nachdem was nach dem Studium passiert, musst du auch anschließend in der PKV bleiben.