Wie Befreiung für Privatversicherte fürs Studium kriegen?

7 Antworten

Hallo,

die Bescheinigung für die Einschreibung an einer Hochschule kann man nur von einer gesetzlichen Krankenkasse bekommen (private Krankenversicherungen können sie nicht ausstellen).

Ab Beginn des 1. Semesters wird man Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse - welche, kann man sich aussuchen (ca. 110 Euro monatlicher Beitrag). Nach § 8 SGB V kann man sich aber innerhalb von 3 Monaten nach Beginn des Studiums von dieser Versicherungspflicht auf schriftlichen Antrag befreien lassen (sinnvoller ist es, diese Entscheidung bereits bei der Anforderung der Bescheinigung zu treffen - es sind zwei unterschiedliche Bescheinigungen!) . Diese Befreiung ist unwiderruflich! Die gesetzliche Krankenkasse benötigt einen Nachweis über das Bestehen einer privaten Krankenversicherung.

Wenn man sich als Student von der GKV befreien lässt, ist ein späterer Wechsel in die GKV nur unter bestimmten Bedingungen möglich: Wenn man nach dem Studium eine Arbeitnehmertätigkeit mit mehr als 450 Euro monatlich und weniger als 64.350 Euro (2021) brutto innerhalb von 12 Monaten aufnimmt, wird man nach der derzeitigen Rechtslage in der GKV versichert (bei Gesetzesänderungen besteht aber kein Vertrauensschutz!). Wenn man nach Studienende arbeitslos ist (auch mit Bezug von Arbeitslosengeld II vom Jobcenter), sich selbständig macht oder eine Beamtentätigkeit aufnimmt, kann man nicht in die GKV wechseln. Bei (fast?) allen PKV-Tarifen für Studenten gibt es eine Altersgrenze, bis zu der der ermäßigte Studententarif gilt.

Ggf. sind zusätzliche Beiträge für eigene Kinder oder den nichtberufstätigen Ehegatten zu zahlen. Wenn man sich als Student von der Versicherungspflicht befreien lässt, kann man als Student nie in die kostenlose Familienversicherung des (späteren) Ehegatten wechseln.

Bei den Leistungen der bestehenden Versicherung sollte man neben vielen anderen besonders auf folgende Punkte achten (gerade bei Studententarifen in der privaten Krankenversicherung fehlen oft wichtige Leistungen!):

  • Reha/Kur (z.B. nach Herzinfarkt, Schlaganfall, Krebs, Unfällen ...)
  • Hilfsmittel: Katalog der GKV:

www.gkv-spitzenverband.de/krankenversicherung/hilfsmittel/hilfsmittelverzeichnis/hilfsmittelverzeichnis.jsp

Hilfsmittel erreichen schnell 4- und teilweise 5-stellige Beträge.

  • Psychotherapie (Anzahl und Erstattungshöhe, z.B. bei Burnout, Prüfungsstress ...)
  • Leistungen bei Schwangerschaft
  • Heilmittel (z.B. Krankengymnastik, Sprachtherapie, Ergotherapie)

-> Heilmittelarten und Erstattungshöhe

Man kann PKV-Experten auch eine Testfrage stellen: "Kann man nach dem Studium als Arbeitsloser wieder in die GKV zurück?" Wenn die Antwort "ja" lautet, hat der "Experte" noch einen sehr alten Stand. Seit vielen Jahren gilt folgende Regelung:

In der PKV werden notwendige Leistungen in angemessener Höhe erstattet. Was angemessen ist, prüft die Versicherung, wenn man Rechnungen einreicht. Der Leistungserbringer hat aber trotzdem einen Anspruch auf Vergütung. Im Übrigen werden in vielen Tarifen nur schulmedizinisch anerkannte Methoden erstattet.

§5 Absatz 2 und § 4 Absatz 6 PKV-Musterbedingungen:

www.pkv.de/recht/musterbedingungen/mbkk2009.pdf

Wenn man im Krankheitsfall Probleme mit einem PKV-Unternehmen hat, kann man praktisch nicht mehr wechseln. Jede andere Versicherung wird einen voraussichtlich wegen der Erkrankung ablehnen (oder gravierende Risikozuschläge erheben). In der GKV sind die anderen Krankenkassen verpflichtet, einen aufzunehmen, und man hat ab dem 1. Tag den vollen Leistungsanspruch.

Jeder Tarif der privaten Krankenversicherung (PKV) hat im Vertrag geregelt, wie lange der Ausbildungs-/Studententarif gilt. Häufig gibt es Verweise auf den Kindergeldbezug oder den Beihilfeanspruch. Wenn ein Elternteil verbeamtet ist und 80% Beihilfeanspruch bestehen, gibt es bei Wegfall der Beihilfe (oft 25. Geburtstag) etwa eine Verfünffachung (20% x 5 = 100%) des PKV-Beitrages.

Wenn ein Elternteil den Vertrag für die private Krankenversicherung unterschrieben hat, ist diese Person der alleinige Ansprechpartner der Versicherung (Einreichen von Rechnungen, Angabe der Kontonr. für die Erstattung ...). Wenn es in der Familie (später) Meinungsverschiedenheiten gibt, kann das schwierig werden (auch kein Datenschutz bei den Diagnosen gegenüber diesem Elternteil!).

Vielleicht interessant:

https://www.focus.de/finanzen/versicherungen/krankenversicherung/tid-5429/krankenversicherung_aid_52165.html

https://www.bundderversicherten.de/files/broschuere/pdf/de/200114-bdv-pkv-rz-ansicht-vs2.pdf

https://www.pkv-ombudsmann.de/schlichtungsstelle/taetigkeitsberichte/

(unter Tätigkeitsberichte sind häufige Beschwerden von PKV-Versicherten aufgelistet)

Die Kosten einer Versicherung bestehen immer aus den gezahlten Beiträgen und den nicht versicherten Leistungen.

Die Entscheidung hat teilweise deutlich längere Auswirkungen, als man selber annimmt, und sollte daher sehr gründlich angegangen werden. Eine Beratung auch bei (mindestens) einer gesetzlichen Krankenkasse ist sinnvoll.

Viel Erfolg bei der richtigen Entscheidung!

Noch Fragen offen?

Gruß

RHW

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

RHWWW hat sehr ausführlich geantwortet. Du benötigst von deiner PKV einen aktuellen Nachweis, daß du dort vollversichert bist. Mit diesem gehst du zu einer gesetzlichen Krankenkasse deiner Wahl- eine die in deiner Nähe ist- und beantragst die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht.

Die wird dort ausgesteltl und du reichst beides dann bei der Uni ein.

Die Folgen hat RHWWW dir detailiert geschildert.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Das musst du dir überlegen. Wenn du dich zu Beginn des Studiums, weiter für die private KV entscheidest, gilt das für das gesamte Studium.

Hallo,

wende dich an deine Krankenkasse, die werden dort schon wissen, was sie dir ausstellen müssen.

Die Bescheinigung über den bestehenden Schutz liefert dir deine PKV.

Die Bestätigung über die Befreiung von der Versicherungspflicht in der GKV bekommst du von jeder gesetzlichen(!) Krankenkasse. Natürlich unter der Annahme, dass du dich hast von der Versicherungspflicht in der GKV befreien lassen.