Sind zwei neuroleptika zu viel für Demenz Patienten?

7 Antworten

Psychopharmaka muss man einschleichen, eben weil es Wochen dauert, bis sie die richtige Wirkung entfalten. Müdigkeit ist eher eine harmlose Nebenwirkung. Zumal das von Melperon eigentlich gewollt ist. Melperon wirkt "beruhigend" und bekommen viele bei nächtlicher Unruhe und Schalfstörungen. Ich nehme auch an, dass dieses Medikament abends oder zur Nacht bekommt.

Vielleicht waren gleich zwei neue Medikamente auf einmal recht viel. Man darf auch nicht vergessen, das ältere Menschen einen verlangsamten Stoffwechsel haben und daher Medikamente langsamer abbauen. Sie brauchen daher auch nicht so hohe Dosierungen. Da sollte man gerade beim Risperidon aufpassen.

Risperidon ist ein Klassiker (eigentlich beide Medikamente) in der Altenpflege im Demenzbereich. Typisch für diese Erkrankung ist nämlich diese innere Unruhe, Spannungszustände, worunter auch die Betroffenen sehr leiden. Ohne medikamentöse Hilfe können sie kaum zur Ruhe kommen. Vor der Einstellung laufen einige bis zur Erschöpfung und weiter, bis sie stürzen, auch Fremd- und Eigenaggressionen sind nicht untypisch. Trotzdem sind Medikamente ein sehr schmaler Grad. Man muss es abpassen, dass diese unangenehmen Symptome sich reduzieren, aber gleichzeitig nicht die Müdigkeit überhand nimmt. Wir wollen grundsätzlich niemanden "abschießen" (sedieren). Zu Risperidon muss man wissen, dass das Medikament eine Parkinson-Symptomatik machen kann (unkontrollierte Bewegungen, Tremor, Zittern, starre Mimik..)

Für Menschen mit dementiellen Erscheinungsbildern sind Neuroleptika so ziemlich das falsche Medikament überhaupt! Diese Medikamente sind für Personen mit gestörten Hirnstoffwechseln (Psychosen) entwickelt worden. Die Ursachen für dementielle Erscheinungsformen sind aber überhaupt noch nicht wissenschaftlich belegt. Belegt sind dafür aber etliche Untersuchungsreihen mit Neuroleptika für Demenzerkrankte mit dem erschreckenden Ergebnis erhöhter Mortalitäten (Todesfälle), sodass einige Medikamtenstudien auch abgebrochen werden mussten! Entsprechende Warnhinweise gibt es auch in den Beipackzetteln!

Dennoch verschreiben die Ärzte bei dementen Personen mit auffälligem Verhalten diese Medikamente! Es nützt den Patienten gar nichts und dem Personal sehr viel. Die organischen Folgeschäden sind enorm.

Ein Hinweis: Wer seine Angehörigen in ein Pflegeheim gibt, gibt selbst als Betreuer für die Gesundheitssorge diese faktisch dem Heim ab, da man auch keinen Einblick in die medizinische Versorgung bekommt. Heime gelten als Institutionen und deren Organisation in Bezug auf Zuweisung eines Zimmers, ggfs mit anderen Patienten zusammen, in der Verpflegung, und der Pflege und medizinischen Versorgung hat sich der institutionierte Mensch zu unterwerfen. Für demente Personen, die nicht mehr zuhause allein leben können, sind Wohngemeinschaften viel besser. Der Betreuungsschlüssel ist dort zwar auch nicht viel höher als in den Pflegeheimen, die Kosten sind etwa gleich hoch, aber man hat als betreuender Angehöriger viel weitreichendere Möglichkeiten der Intervention bezüglich der Pflege, der Beschäftigung, der Ausstattung des eigenen, gemieteten (!) Zimmers und der medizinischen Betreuung. Hier ist der demente Mensch zuhause und der Pflegedienst zu Gast, aber eben 24h/7 Tage ständig vor Ort, da sich die Wohngemeinschaftsmitglieder den Pflegedienst zusammen teilen. Die behandelnden Ärzte können weiterhin vom Patienten, ggfs Betreuer, selbst ausgesucht werden und somit ist auch der Kontakt zum Pflegepersonal deutlich entspannter.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Interessant wäre zu wissen, warum Deine Oma diese Medikamente bekommt. Nicht jeder demenzkranke Mensch braucht ein Neuroleptikum.

Thelucker02 
Fragesteller
 09.12.2019, 16:20

Da sie manchmal denkt zum Beispiel wenn sie fernsehen guckt,dass die Leute sie sehen

Man gewöhnt sich daran. Bei älteren Menschen im Heim gibt man das, weil sie oft unter Anspannung leiden und mit ihrer Situation nicht zufrieden sind. Neuroleptika dämpfen etwas (Wahrnehmungen sind nicht mehr so stark). Ich habe aber oft das Gefühl, dass sie auch gegeben werden, um die Patienten "gefügig" zu machen und dadurch einen leichteren Job zu haben. Wie ich gelesen habe, sind Neuroleptika bei Demenz nicht so förderlich.

Maldweister74  09.12.2019, 15:40

Außerdem gehen sie auf Leber und Nieren, die bei älteren Menschen sowieso wegen der vielen Medikamente angeschlagen sind.

Deine Oma kommt ja Weihnachten wieder nach Hause, wenn ich dich recht verstanden habe. Sie wird bei euch zu Hause „gepflegt“? (Man „pflegt“ ein Möbelstück oder einen Rasenmäher, aber keine Menschen)

Wäre es meine Oma oder meine Mutter, ich würde versuchen, in ihrer Versorgung ohne Neuroleptika bzw. Psychopharmaka auszukommen. Erst wenn die Krankenbetreuung aufgrund des Verhaltens meiner Oma (Mutter) so schwierig, quälend und ermüdend für mich wäre, und ich wüsste keinen anderen Ausweg, würde ich mit dem Arzt über Psychopharmaka sprechen. (Wirklich nur das letzte Mittel)

Gut sind solche Medikamente für die alten Leute sicherlich nicht. Sie helfen, sie ruhig und gefügig zu machen. Mir tun die alten Menschen leid, denen so etwas eingeflößt wird. (Sollte man den alten Leuten nicht überhaupt so wenig Medikamente wie möglich geben?)

Falls ihr nach Weihnachten die Absicht habt, es ohne Psychopharmaka zu versuchen, dann könnt ihr sie aber nicht einfach von heute auf morgen absetzen, sondern man muss sie langsam ausschleichen lassen.

Rendric  09.12.2019, 18:43

In erster Linie helfen Psychopharmaka / Neuroepileptika dahingehend, dass sich die Menschen wieder "normal" fühlen. Erfahrungsgemäß sagen Menschen, die solche Medikamente nehmen, dass sie sich zum ersten Mal wieder, wie sie selbst fühlen. Denn nicht das Medikament macht entsprechende Veränderungen, sondern die Krankheit. Wenn ich aus den Kommentaren herauslese, dann bekommt die Oma das gar nicht so sehr wegen der Demenz, sondern vielmehr, weil sie Schizophrene Züge zeigt. Ich weiß nicht, ob man der Oma eher zumuten will, dass sie sich weiterhin von Menschen in Fernsehern und Co bedroht fühlt. Sicherlich ist es möglich, in einer 1:1 Betreuung mehr auf die Oma einzugehen, sie mehr zu Beschäftigen und schafft es daher vielleicht, dass das Melperon abgesetzt werden kann und anderes reduziert. Aber anders würde ich das nicht sehen.