Meningokokken-Meningitis typische Vitalparameter?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hi,

Af: 30/min - tief und suffizient
O2: 95%

Zumindest unmittelbar nach einem Krampfanfall würden diese Vitalparameter nicht passen - dort würde ich eher eine normofrequente Atmung, ein schnarchendes AG und eine schlechtere Sättigung erwarten.

Ansonsten im Verlauf: möglich und nicht unplausibel - wenn Du auf die Biot-Atmung hinaus möchtest, sollten dann die anderen Vitalparameter entsprechend angepasst werden.

Hf: 50 bpm
RR: 80/90 mmHg

Passt tendenziell nicht so wirklich zusammen...

Entweder

1) nehme ich die Hirndrucksteigerung als führendes Symptom - dann würde die Bradykardie passen, der Blutdruck müsste dann allerdings massiv hyperton sein, oder

2) man nimmt den Infekt als führendes Symptom, ggf. auch mit der Differentialdiagnose Sepsis - dann passt der Blutdruck, die Herzfrequenz wäre allerdings viel zu niedrig. Allein bei 41°C Fieber würde man eine Tachykardie erwarten.

Bz: 200 mg/dl
GCS 11
Pupillen isokor, träge lichtreagibel, Photophobie

Passt. Hyperglykämie kann man nehmen, ist allerdings auch sehr unspezifisch.

Kopfschmerzen, Erochen, Meningismus, 

Passt.

Blass-bläuliche Haut.

Würde ich eher an die Vitalparameter anpassen, sofern Du sie änderst. Wenn es spezifischer sein soll: Petechien - die sind für die Meningokokken-Meningitis (und eine evtl. darauffolgende Sepsis) typisch.

LG

MoonSpirit 
Fragesteller
 28.09.2020, 22:41

Hey, danke für deine äußerst hilfreiche Antwort!

könntest du mir vielleicht noch kurz erklären, wie ein Hirnödem (vermutlich durch Vasodilation der Arterien innerhalb des Subarachnoedalraumes, weswegen Wasser ins Liquor diffundiert) und der hohe Blutdruck zusammen spielen?

Korrigiere mich falsch ich falsch liege!

Uunnndd eine letzte Frage hätte ich noch, was ist der Unterschied zwischen einem Hydrozephalus und einem Hirnödem?

Ich glaube ich sollte dich mal als WhatsApp Kontakt einspeichern 😂, du gibst mir immer die besten Antworten.
Vielen Dank!

SaniOnTheRoad  29.09.2020, 17:06
@MoonSpirit

Hey, danke für deine äußerst hilfreiche Antwort!

Gerne! Danke für den Stern ;-)

könntest du mir vielleicht noch kurz erklären, wie ein Hirnödem (vermutlich durch Vasodilation der Arterien innerhalb des Subarachnoedalraumes, weswegen Wasser ins Liquor diffundiert) und der hohe Blutdruck zusammen spielen?

Neuropathologie ist ein riesengroßes Thema - ich versuche, mich mal auf das Wesentliche zu beschränken ^^

Hirnödem - im Grunde werden drei Formen unterschieden, nämlich zytotoxisch, vasogen und interstitiell/osmotisch. Im Rahmen von Entzündungsprozessen spielt vor allem das vasogene (Vas = das Gefäß) eine Rolle.

Die Gefäße werden aufgrund der Entzündungsreaktion mit der entsprechenden Mediatorenfreisetzung tatsächlich „durchlässig“ - allerdings nicht die großen Gefäße (denen macht das in dem Sinne nix), sondern die Kapillaren im Hirngewebe selbst. Eben ein „Capillary Leak“. Folge: Blutplasma strömt ins Interstitium des Hirngewebes (nicht in den Liquor) und es kommt dadurch zur Schwellung.

Soweit, so gut! Nun haben wir das Problem, dass wir einen knöchernen Hirnschädel haben, der bei einer Volumenzunahme erst richtige Probleme verursacht. Grund: das Gesamtvolumen im Schädel bleibt immer gleich (Monro-Kellie-Doktrin) - nimmt das Volumen des Hirngewebes zu, werden die Volumina von Blut und Liquor komprimiert - Folge: der Druck im Schädel steigt, weil er nirgendwo hin weg kann.

Und da kommen wir zum Blutdruck. Was passiert, wenn ich mich auf einen Gartenschlauch stelle (= den Druck im Schädel erhöhe)? Richtig, der Durchfluss (= zerebrale Perfusion) nimmt ab.

Das gefällt dem Hirn natürlich mit seinem enormen Sauerstoff- und Glucosebedarf so überhaupt nicht. Was macht es also? Reflektorisch kommt es über eine Sympathikusaktivierung zu einer peripheren Vasokonstriktion, um über einen gesteigerten Blutdruck eine ausreichende Hirnperfusion (CPP) sicherzustellen. Folge: der systolische Blutdruck steigt enorm an (Cushing-Reflex).

Um die Sache mit der Bradykardie noch rund zu machen: dem Herz gefällt der massiv erhöhte Auswurfwiderstand natürlich auch nicht, und die Barorezeptoren im Aortenbogen melden auch einfach nur „zu viel Druck“. Folge: der Parasympathikus wird aktiviert, die Herzfrequenz sinkt. Warum ändert sich am Blutdruck nix? Weil der Parasympathikus auf die peripheren Arteriolen praktisch kaum Einfluss hat.

Uunnndd eine letzte Frage hätte ich noch, was ist der Unterschied zwischen einem Hydrozephalus und einem Hirnödem?

Unterm Strich führt ein Hydrocephalus durch seine pathophysiologischen Prozesse ebenfalls zu einem Hirnödem (interstitielles Hirnödem).

Der Hydrocephalus an sich ist ein „Liquorproblem“ - entweder wird zu viel produziert, zu wenig resorbiert, oder es besteht eine Abfluss- oder Verteilungsstörung.

Dadurch dann auch wieder Druckanstieg, Abpressen von Liquor ins Hirngewebe, Ödembildung, noch mehr Druck.

Ich glaube ich sollte dich mal als WhatsApp Kontakt einspeichern 😂, du gibst mir immer die besten Antworten. 

Das nehme ich mal als Kompliment!

Auf den ersten Blick gut!

Die HF von 50 ist etwas niedrig, hat das einen bestimmten Grund?

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
Tagesleuchtrot  27.09.2020, 12:20

Die HF von 50 ist etwas niedrig, hat das einen bestimmten Grund?

MoonSpirit 
Fragesteller
 27.09.2020, 12:34

Danke erstmal für deine Antwort! :)

Ich meine irgendwo mal gelesen zu haben, dass sowohl eine Hyperglykämie als auch eine Bradykardie typisch für eine Meningokokken-Meningitis wären?

Die Hyperglykämie habe ich mir durch die freigesetzten Katecholamine aufgrund des Entzündungsprozesses erklärt, bei der Bradykardie war ich mir auch unsicher.

Bitte erleuchte mich! ;)

Tagesleuchtrot  27.09.2020, 14:03
@MoonSpirit

Mit der Hyperglykämie liegst du richtig. Was die Bradykardie betrifft bin auch ich [und zwei Fachbücher zur (Nichtärztlichen) präklinischen Notfallmedizin ;)] in Erklärungsnot. Meiner Ansicht nach sollte in der Regel, auch aufgrund besagter Katecholamine, eine Tachykardie vorliegen. Es gäbe für mich vielleicht zwei Möglichkeiten es zu erklären, wenn das denn zutreffen sollte:

  1. Pt nimmt Betablocker o.ä ;)
  2. Durch die Entzündungsprozesse im Schädel kommt es direkt oder indirekt zur Schädigung des Kreislaufzentrums mit nachfolgender fehlregulation, sozusagen im Sinne eines Cushing-Reflexes.

Müsste man mal einen Neurologen oder Intensivmediziner fragen was der davon hält ;)