Zukunft des Rettungsdienstes?

Das Ergebnis basiert auf 15 Abstimmungen

Der Notfallsanitäter wird den NA nicht ersetzen 73%
Kein vollständiger Ersatz, aber Reduzierung der NA-Indikationen 20%
andere Antwort (bitte erläutern) 7%
Der Notfallsanitäter wird den NA (langfristig) ersetzen 0%
NA wird durch NFS+Zusatzausbildung ersetzt 0%

9 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
Der Notfallsanitäter wird den NA nicht ersetzen

Hi,

Es gibt ja schon lange die Diskussion, das der Notarzt abgeschafft werden soll bzw das der notfallsanitäter den Notarzt ersetzt..nun Frage ich euch?
ist das realistisch?

Die Diskussion gab es auch schon bei der Einführung des Rettungsassistenen 1989 - und es ist nicht eingetreten...

Ich halte es für nicht realistisch - man sollte sich einfach mal mit dem Sinn und Zweck des Berufsbildes auseinandersetzen. Es geht hier um die sinnvolle Versorgung des Patienten bis zur ärztlichen Behandlung - das ist bei Lebensgefahr bis zum Eintreffen des Notarztes, sonst bis zur Behandlung im Krankenhaus.

Der NFS ist nicht dazu konzipiert worden, den Notarzt zu ersetzen.

Es war m.E. nach durchaus notwendig, die Rettungsassistentenausbildung zu novellieren und an den Stand der modernen Medizin anzupassen. Mit einer dreijährigen Ausbildung und mittlerer Reife als Zugangsvoraussetzung ist der NotSan auf dem allgemeinen Stand medizinischer Ausbildungsberufe angelangt.

Was bedeutet das für die versorgung von Patienten?
würdet ihr so etwas befürworten?

Mit einer gewissen Regelkompetenz würde vor allem Rechtssicherheit geschaffen - das ist noch nicht der Fall.

Für den Patienten bedeutet das, das auch nach Abschluss rettungsdienstlicher Basismaßnahmen mit einer sinnvollen, zielgerichteten Behandlung begonnen werden kann. Ein "gemeinsames Warten auf den NA" ist sowohl für die Rettungsdienst- als auch Patientenseite gerade bei akuter Lebensgefahr unvorteilhaft.

Ich befürworte eine Abschaffung des Notarztes keineswegs - ein guter NA bringt neben breit gefächerten medizinischen Wissen auch klinische Erfahrung im Umgang mit lebensbedrohlichen Situationen und Routine bei intensivmedizinischen Maßnahmen mit - und zudem auch ganz banal Manpower.

Eine dreijährige Ausbildung wird nie ein Medizinstudium ersetzen können.

wird der Notsan dann entsprechende Freigaben bekommen?

Die Empfehlungen des Pyramidenprozesses zur Freigabe invasiver Maßnahmen sind bereits extrem weitreichend und ich sehe keinen Grund, diese noch ausweiten zu müssen. Siehe auch hier: https://www.dbrd.de/images/algorithmen/AlgoDBRDV3.0Update2018.pdf.

Vermutlich wird sich die Zahl der NA-Einsätze bei entsprechenden Freigaben und technischen Voraussetzungen verringern (z.B. durch Telemedizin, wie MAB82 genannt hat), aber nie ganz ausbleiben. Schon aus rechtlichen Gründen (z.B. Todesbescheinigung) kann ein Arzt an der Einsatzstelle erforderlich werden.

Und ich schließe mich MAB82 ebenfalls in der Hinsicht an, dass sich ein sinnvolles, notarztgestütztes Rettungsdienstsystem hierzulande etabliert hat und auch keine Notwendigkeit besteht, hieran etwas zu ändern.

LG

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
sierranevada75 
Fragesteller
 20.08.2018, 08:36

Danke für deinee Antwort!

Du bist also der meinung, das der NFS lediglich zur Ergänzung/Überbrückung bis zum NA-Eintreffen sinn macht?

Wie sähe es nach einer umfangreicheren ausbildung aus?

SaniOnTheRoad  20.08.2018, 09:09
@sierranevada75
Du bist also der meinung, das der NFS lediglich zur Ergänzung/Überbrückung bis zum NA-Eintreffen sinn macht?

Jein - das ist zwar mitunter ein sinnvoller Zweck, aber nicht nur. Je routinierter nichtärztliches Rettungsdienstpersonal im Umgang mit invasiven Maßnahmen ist, desto besser kann man auch dem NA nach Eintreffen bei diesen assistieren.

Wie sähe es nach einer umfangreicheren ausbildung aus?

Ich sehe das kritisch, auch wenn umfangreicher ausgebildet wird fehlt meist die Routine in der Anwendung.

Der Notfallsanitäter wird den NA nicht ersetzen

Der Notfallsani kann einen Arzt nicht ersetzen. Es gibt zu viele Krankheitsbilder, die einen Sani überfordern würden.

Es gibt aber die Möglichkeit das anderes ausgebildetes medizinisches Personal schon vorher entscheiden kann, ob noch ein Sani genügt oder eben schon ein Arzt erforderlich ist. Ich denke da an Krankenschwester/-pfleger, AltenpflegerInnen, Physiotherapeuten, und solche mit einem Berufsabschluss im med. Bereich.

Dann hängt es auch von den Gegebenheiten ab. Bei Verkehrsunfällen, Arbeitsunfällen, und Situation, bei denen zu erwarten ist, das Justizia später mitmischen könnte (Verbrechen, Überfälle mit Körperverletzungen u.ä.) und auch Todesfälle sollte wegen der Rechtssicherheit immer ein Arzt hinzu gerufen werden.

SaniOnTheRoad  20.08.2018, 09:11
Der Notfallsani kann einen Arzt nicht ersetzen.

Hier stimme ich zu.

Es gibt aber die Möglichkeit das anderes ausgebildetes medizinisches Personal schon vorher entscheiden kann, ob noch ein Sani genügt oder eben schon ein Arzt erforderlich ist. Ich denke da an Krankenschwester/-pfleger, AltenpflegerInnen, Physiotherapeuten, und solche mit einem Berufsabschluss im med. Bereich.

Und hier wiederum überhaupt nicht - was qualifiziert deiner Meinung nach die o.g. Berufe (die wohlbemerkt von Notfallmedizin in aller Regel nur eine "Basisausbildung" haben, und von präklinischer Notfallmedizin meist kaum bis gar keine Ahnung) zu einer solchen Einschätzung?

...zumal der Notfallsanitäter eine ebenso umfangreiche Ausbildung mit dem Schwerpunkt "Notfallmedizin" hat.

Klarschrift  20.08.2018, 09:24
@SaniOnTheRoad

Bei einem Knochenbruch oder Sturzbruch, was ja auch Unfälle sind, braucht es keinen Arzt. Das kann ein NS auch. Aber bei einem Schlaganfall oder bei inneren Verletzungen, schon. Das sind jetzt nur Beispiele. Ich habe an diese Richtung gedacht. Und das sollte ausgebildetes Personal schon erkennen können.

SaniOnTheRoad  20.08.2018, 09:39
@Klarschrift
Und das sollte ausgebildetes Personal schon erkennen können.

Die Praxis zeigt allerdings, dass genau das eher schlecht als recht funktioniert - gerade die selbstständige Beurteilung eines akuten Notfallzustands kommt in der Berufspraxis (wenn wir Notaufnahme und Intensiv mal ausnehmen) in den Berufsgruppen nur sehr selten vor - und genau hier ist das Problem: in diesem Bereich unzureichende Ausbildung und vor allem fehlende Routine.

Klarschrift  20.08.2018, 09:53
@SaniOnTheRoad

'Die Praxis zeigt allerdings, dass genau das eher schlecht als recht funktioniert...' Da gebe ich Dir recht. Der Qualitätsunterschied von ausgebildeten Fachkräften ist erschreckend hoch. Es gibt auch kaum noch Unterschiede zwischen Fachkräften und Hilfskräften im Stationsbereich. Und natürlich die nun endlich in die Diskussion gekommenen generellen Mängel im Gesundheitswesen (Überlastung, Zeitmangel usw.)

Rollerfreake  21.08.2018, 18:24
@Klarschrift

Beim Schlaganfall wird gemäß Leitlinie der deutschen Gesellschaft für Neurologie schon nicht mehr standardmäßig ein Notarzt hinzugezogen.

sierranevada75 
Fragesteller
 20.08.2018, 09:24

Welche Vorteile siehst du in der beurteilung durch anderes medizinisches Personal?

Klarschrift  20.08.2018, 09:38
@sierranevada75

Ein Vorteil sehe ich in der Personalsituation, z.B. die Ärzte entlasten oder den Fahrzeugpark optimal einsetzen können. Und natürlich in der Kosteneinsparung.

Ich bin auch der Meinung, daß dieses Thema in der Berufsausbildung ein Thema werden sollte bzw. muss.

Ich habe in der Rettungsleitstelle bei meinen Anrufen des öfteren mitgeteilt - kein Arzt, kein Blaulicht - wenn ich der Meinung war. Aber welches Können und welche Kompetenzen ein Rettungssanitäter im Vergleich zu einem Krankenpfleger mehr hat, ist mir nicht bekannt. Das sollten schon alle, die im med. Bereich arbeiten, aus oben genannten Gründen, wissen.

sierranevada75 
Fragesteller
 20.08.2018, 11:13
@Klarschrift

Das problem wäre ja: wie soll entschieden werden, wenn kein Fachpersonal da ist?

Klarschrift  20.08.2018, 09:43

Medizinisches Personal muss ja auch schon entscheiden, ob der Bereitschaftsarzt (bei dem kann es Stunden dauern, bis er eintrifft) oder der Notdienst gerufen wird.

Rollerfreake  21.08.2018, 19:02

"Und solche mit einem Berufsabschluss im med. Bereich", der Notfallsanitäter ist ein vollwertiger Berufsabschluss im med. Bereich, genau wie die anderen von dir aufgezählten Berufe und zudem auf Notfallmedizin spezialisiert. Notfallsanitäter lernen drei Jahre nichts anderes außer Notfallmedizin und müssen ihr Können und Wissen am Ende in einer staatlichen Prüfung aus 10 Teilen (3 schriftliche Prüfungen a jeweils 2,5 Stunden, 3 mündliche Prüfungen a jeweils 30 bis 45 Minuten und 4 realitätsnahe Fallbeispiele) auch vor einem Notarzt nachweisen. Es ist Ausbildungsziel zu erkennen, ob ein Notarzt hinzugezogen werden muss oder nicht und die Erstversorgung einschließlich während der Ausbildung erlernter invasiver Maßnahmen durchzuführen.

Der Notfallsanitäter wird den NA nicht ersetzen

Nichts gegen Sanitäter, wichtig und unentbehrlich.

Aber ich habe auch schon welche erlebt die bei einer Geburt ziemlich Dumm dastanden.Ich auch.

sierranevada75 
Fragesteller
 20.08.2018, 09:25

Danke für deine antwort ;-)

Wäre das durch eine umfangreichere Ausbildung und oder mehr Routine lösbar?

Der Notfallsanitäter wird den NA nicht ersetzen

Der Notfallsanitäter wird den Notarzt nicht ersetzen, das stand auch nie politisch zur Diskussion und wäre mit dem NotSanG auch gar nicht möglich, denn es hat keinen Einfluss auf das Rettungssystem sondern regelt einzig den Beruf des Notfallsanitäters und ist kein Gesetz über die Einführung eines Paramedicsystems ohne Notärzte. Notfallsanitäter sind hochqualifizierte Fachkräfte, dennoch in lebensbedrohlichen Fällen kein Ersatz für eine ärztliche Versorgung durch einen Notarzt und das wird auch im Notfallsanitätergesetz deutlich. Richtig ist, das Notfallsanitäter mehr können und dürfen, als bisheriges Rettungsdienstpersonal, dies ist aber dazu gedacht, das lebensbedrohlich erkrankte und verletzte bis zum Eintreffen des Notarztes besser versorgt werden als bisher und nicht an Stelle einer ärztlichen Behandlung, so steht es auch im Gesetz. Es gibt einfach Fälle, da geht es um wenige Minuten, ob zum Beispiel ein lebensrettendes Medikament erfolgreich wirkt oder nicht, das wurde erkannt und durch das NotSanG mehr oder weniger erfolgreich behoben, dennoch wird wenn die Indikation besteht immer ein Notarzt hinzugezogen werden.

Das der Notarzt irgendwann ganz ersetzt wird, zum Beispiel auch durch Fachkrankenpflegrkräfte für Anästhesie mit Zusatzausbildung oder wie in Teilen Österreichs durch Medizinstudenten höheren Semesters mit Notarztausbildung, das kann ich mir nicht vorstellen, dafür müssten einige Gesetze geändert werden, was ich mir aufgrund der starken Ärztelobby keineswegs vorstellen kann.

Rollerfreake  19.08.2018, 17:29

Und nein, befürworten würden es die meisten Rettungsdienstler nicht, wenn man Notärzte ganz abschaffen würde.

sierranevada75 
Fragesteller
 20.08.2018, 08:30

Danke für deine Antwort!

Liegt es deiner Meinung nach eher an der rechtlichen grundlage oder tatsächlich eher an der "patientensicherheit"?

Rollerfreake  21.08.2018, 18:11
@sierranevada75

Schwer zu sagen, beides letztendlich. Ich habe durchaus schon Fälle miterlebt, wo ein Notarzt medizinisch nicht unbedingt nötig gewesen wäre und einfach nur hinzugezogen wurde, weil es rechtlich eine Notarztindikation ist. Es gibt aber auch Fälle wo es eindeutig ist, dass da ein Notarzt gebraucht wird. Eine Reduzierung der Notarzteinsätze wäre schon möglich, die Rechtslage gibt das momentan aber einfach nicht her, da der NotSan eben als "Überbrücker" gedacht ist, bis ein Notarzt da ist. Ich finde es schon sinnvoll, das es die Möglichkeit gibt einen Notarzt hinzuzuziehen, aber mindestens genauso sinnvoll, das dem NotSan mehr zugestanden wird, damit er mehr machen kann, bis der Notarzt da ist, funktioniert in anderen Ländern mit teils weniger Ausbildung auch.

Der Notfallsanitäter wird den NA nicht ersetzen

Langfristig werden Ärzte eventuell nicht mehr physisch am Notfallort sein müssen zB. durch Telemedizin, aber ganz ohne wird es nie gehen. Es gibt weder die rechtliche noch gesellschaftliche Option aus dem Notarztgestützten System auszusteigen, es sei denn man möchte zurück zu den Wurzeln und auf ein rudimentäres "Load&Co"-system umsteigen.

sierranevada75 
Fragesteller
 20.08.2018, 08:31

Danke für deine Antwort!

Bietet das NA-System deiner meinung nach deutliche Vorteile gegenüber nicht notarztgestützten RD?

MAB82  20.08.2018, 08:52
@sierranevada75

Ich denke da müsste man am Ende auf die Statistiken schauen, insbesondere auf das Outcoming der Patienten in "load&go" gegenüber den "stay&play"-Konzepten. Beide Systeme haben sicher Vor- und Nachteile je nach Notfallereignis. Der prähospitale Einsatz von speziellen, arztvorbehaltenen Therapien ist sicher oft Vorteilhaft. Außerdem muss man mal ehrlich gestehen, dass das meiste nicht-ärztliche Personal im RD nicht auf die nach S3-Richtlinie geforderten Kriterien kommt, wenn es um zB. um Maßnahmen wie endotracheale Intubation geht usw.

Auf der anderen Seite zeigt die momentane Entwicklung das unser System auch Schwächen hat. Gerne wird dabei auf eine Studie aus Berlin verwiesen, die zu dem Ergebnis kam das 15% der traumatischen Todesfälle im RD durch richtige Therapie vermeidbar gewesen wären. Da besteht also noch Verbesserungspotential.