Dürfen notfallsanitäter Schmerzmittel verabreichen?

4 Antworten

Theoretisch ist mit der Einführung des Notfallsanitäters die Idee aufgekommen, dass Notfallsanitäter auch mehr Maßnahmen selbständig durchführen dürfen, die normalerweise dem Notarzt vorbehalten sind. Dazu zählt auch nach bestimmten Algorithmen die Anwendung von Medikamenten, darunter auch starke Schmerzmittel wie Morphin oder Ketamin. In der Schule wird die leitliniengerechte Handhabung solcher Medikamente gelehrt und geübt, Notfallsanitäter können also Schmerzmittel anwenden.

Leider ist durch den etwas merkwürdigen Aufbau der Verantwortlichkeiten im Rettungsdienst und das deutlich überholte deutsche Heilpraktikergesetz nun aber die interessante Sitiation entstanden, dass in jedem Landkreis der Ärztliche Leiter Rettungsdienst die Verantwortung für den Rettungsdienst und in letzter Instanz eben auch dafür trägt, was die Notfallsanitäter tun. Sozusagen hält der ÄLRD für all die eigentlich Ärzten vorbehaltenen Maßnahmen, die ein NotSan durchführt, den Kopf hin. Er muss daher umfangreich die Kenntnisse der NotSan weiter schulen und ihre Befähigung, sie auch korrekt durchzuführen, immer wieder prüfen. Das ist anstrengend, aufwändig und nicht immer möglich. Der ÄLRD hat nun die Macht, es den NotSan einfach nicht zu erlauben, all diese Maßnahmen durchzuführen - er "gibt sie nicht frei", wie man so schön sagt.

In manchen Landkreisen wird dann einfach gar nichts von den vielen schönen neuen Dingen, welche ein NotSan lernt, freigegeben (dafür muss man dann auch weder schulen noch prüfen - macht es bequem).

Die Antwort auf deine Frage lautet daher: ein Notfallsanitäter lernt, Schmerzmittel zu geben und mit den Risiken umzugehen. Es ist aber von dem jeweiligen Landkreis und seinem ÄLRD abgängig, ob er es dann auch darf oder nicht.

Hi,

Was dürfen notafllsanitäter verabreichen?

Das ist zum einen in lokalen Protokollen (SOPs) geregelt, die der Ärztliche Leiter Rettungsdienst für seinen Rettungsdienstbereich freigegeben hat. Hier sind die verwendeten Medikamente (vor allem die Zahl der freigegebenen) stark unterschiedlich.

Auch Rettungsassistenten können - neben der "Notkompetenz" - auf Basis von SOPs ebenfalls eigenständig einige Medikamente verabreichen und sonstige erweiterte Versorgungsmaßnahmen ergreifen.

Notfallsanitäter dürfen hingegen zusätzlich von Gesetzeswegen her erlernte und beherrschte invasive Maßnahmen ergreifen, wozu auch die Gabe bestimmter Medikamente zählt. Als Empfehlung wird oft der Pyramidenprozess des DBRD angebracht, der in manchen Bundesländern schon entsprechend umgesetzt wurde (http://www.dbrd.de/images/algorithmen/AlgoDBRDV3.0Update2018.pdf) - darin enthalten ist beispielsweise die Metamizol-Gabe, die Gabe von Ketamin + Dormicum und auch die Morphin-Gabe.

Und darf Schmerzmittel nur der Notarzt verabreichen?

Grundsätzlich ist die Medikamentengabe (wie auch das Legen eines venösen Zugangs) eine ärztliche Maßnahme ("Arztvorbehalt") - nichtärztliches Rettungsdienstpersonal darf solche Dinge nur anwenden, wenn es für die jeweilige Situation freigegeben ist und ein weiteres Warten auf den Notarzt aus medizinischer Sicht nicht vertretbar wäre.

Gerade bei der Schmerztherapie kommt daher ein Grundsatzproblem auf: für sich alleine gesehen ist diese keine lebensrettende Maßnahme, aber zur Verbesserung des Patientenzustandes oder zur Herstellung der Transportfähigkeit oft unerlässlich.

Zudem sind für Notfallsanitäter nicht alle Medikamente freigegeben, hochwirksame Opioide (Fentanyl, Sufentanil) oder andere potente Medikamente (z.B. Dobutamin) sind in der Regel immer noch ausschließlich dem Notarzt vorbehalten.

Zusammenfassung des ganzen: Notfallsanitäter dürfen - unter gewissen Voraussetzungen - auch Medikamente verabreichen.

LG

Die Rechtslage in Deutschland ist nicht eindeutig. Notfallsanitäter und früher Rettungsassistenten erlernen während der Ausbildung auch eigentlich ärztliche Maßnahmen wie die Anwendung von Medikamenten, nach Paragraph 1 Heilpraktikergesetz sind die Maßnahmen aber wie gesagt normalerweise Ärzten vorbehalten. Der Arzt hat die Möglichkeit, eigentlich ärztliche Maßnahmen per Delegation auf nichtärztliches Fachpersonal zu übertragen. Im Krankenhaus stellt dies kein Problem da, denn dort ist ja immer ein Arzt, der die Maßnahme delegieren kann. Im Rettungsdienst sieht das problematischer aus, denn hier müssen Notfallsanitäter und Rettungsassistenten oft eigentlich ärztliche Maßnahmen vor Eintreffen des Notarztes und somit ohne ärztliche Delegation durchführen. Daher hat man bereits dem Rettungsassistenten die so genannte "Notkompetenz" zugesprochen, wobei es sich um eine Empfehlung der Bundesärztekammer von 1992 handelt, welche eigentlich ärztlichen Maßnahmen ein Rettungsassistent im Rahmen der Notkompetenz ergreifen kann. Rechtsgrundlage ist der allgemeine rechtfertigende Notstand Paragraph 34 Strafgesetzbuch, dieser rechtfertigt bei vorliegender Lebensgefahr oder wenn schwere gesundheitliche Schäden drohen den Verstoß gegen den Arztvorbehalt nach Paragraph 1 Heilpraktikergesetz. Den rechtfertigenden Notstand, hat man quasi eins zu eins in Paragraph 4c Notfallsnitätergesetz übertragen, sodass auch diese invasive Maßnahmen ohne ärztliche Anordnung nur bei Lebensgefahr oder wenn schwere gesundheitliche Schäden drohen, durchführen dürfen, außer der zuständige ärztliche Leiter Rettungsdienst, hat die Maßnahme oder das Medikament für Notfallsanitäter freigegeben. Da hier jeder ärztliche Leiter Rettungsdienst für seinen Zuständigkeitsbereich bestimmt was die Notfallsanitäter außerhalb von Lebensgefahr und drohenden schweren Folgeschäden dürfen, ist das in jedem Rettungsdienstbereich anders.

Fachjuristische Meinung:

Die Mehrzahl der Fachjuristen ist inzwischen der Auffassung, dass das Heilpraktikergesetz keine Anwendung findet, wenn durch Rettungsdienst Fachpersonal eigentlich ärztliche Maßnahmen überbrückend durchführt werden und sichergestellt ist, dass der Patient anschließend zeitnah einer ärztlichen Behandlung zugeführt wird. Es gibt Notfallsanitäter und Rettungsassistenten, die dieser Auffassung glauben und demnach fast alles anwenden, was sie gelernt haben, ob freigegeben oder nicht. Damit bewegen sie sich allerdings rechtlich nicht ganz sicher, denn das ist bislang nur eine fachjuristische Meinung und nicht höchstrichterlich entschieden, sodass, sollte das Heilpraktikergesetz doch anwendbar sein, sie sich mehrfach der unerlaubten Ausübung der ärztlichen Heilkunde strafbar gemacht haben, sofern kein rechtfertigender Notstand vorlag.

Das Heilpraktikergesetz ist ohnehin extrem veraltet, es stammt aus dem Jahr 1939 und wurde seither nicht überarbeitet und den neuen Gegebenheiten angepasst, die deutlich bessere Ausbildung des nichtärztlichen Personals spielt keine Rolle.

1939 war sowieso mitten im zweiten Weltkrieg, da hat man einfach schnell ein solches Gesetz gemacht, weil die Zahl der Ärzte nicht ausreichte und man schnell verhindern wollte, daß jeder Hinz und Kunz sich mal als Doktor versucht. Bestehen tut es wie es damals geschrieben wurde aber bis heute.

Verabreicht weden darf es von Notfallsanitätern. Es muß aber eine Authorisation vom Notarzt vorliegen, ggf. sogar via Telefon.

Jein. Es gibt halt Algorhythmen, die bestimmte Schmerzmittel freigeben und bei anderen Call Back Ärzte vorschreiben.

Beispiel: Bauschmerzen, Gabe von Metamizol

Rückenschmerz: Call Back Arzt, Gabe von Morphin.