Wenn aktionspotential immer gleich ist warum unterschiedlicher Schmerz?

1 Antwort

Moin,

das hat mehrere Gründe.

Das Aktionspotenzial ist von der Amplitude her gesehen gleich, aber nicht die Frequenz.

Wenn du irgendwo einen Schmerz empfindest, werden Aktionspotenziale ausgebildet und an dein Gehirn geschickt.

Gibt es dann irgendwo einen größeren Schmerz in deinem Körper, werden auch wieder Aktionspotenziale ausgebildet und ans Gehirn geschickt. Aber wenn die schmerzende Stelle im zweiten Fall stärker ist, werden mehr Aktionspotenziale ausgesandt. Unser Gehirn interpretiert dann „mehr = stärker”.

Hinzu kommen noch diverse Verrechnungsmöglichkeiten im Nervensystem selbst (an den Synapsen) und dann noch im Gehirn, die das subjektive Empfinden der Intensität beeinflussen.

Es kommt außerdem vor, dass ein objektiv gleicher Reiz subjektiv nicht wahrgenommen wird. Stell dir vor, du hältst auf der offenen Handfläche ein 1-Gramm-Gewicht. Das spürt deine Hand. Wenn du ein zweites 1-Gramm-Gewicht dazu legst, wird dein Gehirn das registrieren (die Verdoppelung der Reizstärke führt zu mehr Aktionspotenzialen). Wenn du aber die Hand mit einem 1-Kilogramm-Gewicht belastest und dazu ein 1-Gramm-Gewicht hinzulegst, wird dein Gehirn das nicht merken, weil der Reizstärkezuwachs im Vergleich zum bereits registrierten Reiz zu klein ist, um aufzufallen. Die wenigen Aktionspotenziale, die das eine Gramm mehr auslöst, gehen quasi im allgemeinen Rauschen der Aktionspotenziale unter...
Oder ein anderes Beispiel: Eine Cola hat etwa den gleichen pH-Wert wie Speiseessig. Essig nehmen wir als würzig-sauer wahr. Cola nicht. Warum? Weil in Cola so viel Zucker (oder Süßungsmittel) enthalten ist, dass die „Autobahnen zum Gehirn” im Grunde mit „LKWs der Marke Süß” voll sind, so dass die kleinen „Smarts der Firma Sauer” im Gehirn nicht wahrgenommen werden.

Und dann gibt es schließlich noch die Abschwächung der Empfindung durch Gewöhnung. Wenn ein Reiz immer und immer wieder in Aktionspotenziale umgesetzt wird, kommt es im Laufe der Zeit zu einer sich abschwächenden Registrierung im Gehirn. Mit anderen Worten, die Stelle der Registrierung und Verrechnung im Gehirn ermüdet mit der Zeit und ignoriert irgendwann die eingehenden Signale.
Das kann man folgendermaßen beobachten: Deine Kleidung verursacht auf deiner Haut ständig einen Druck oder Reibung. Diese Reize werden von den Druckrezeptoren der Haut auch registriert und in Aktionspotenziale umgewandelt. Ist der Reiz neu oder außergewöhnlich, nimmt ihn das Gehirn auch bewusst wahr. Aber im Laufe des Tragens der Klamotten, verschwindet die Wahrnehmung aus dem Bewusstsein (obwohl die Signale nach wie vor eingehen). Du merkst nicht mehr, dass du Kleidung trägst. Aber jetzt, wo ich dich darauf aufmerksam mache, kannst du die Kleidung wieder spüren, die dein Gehirn bis gerade ignoriert hat...

Das alles sind Gründe, warum unsere Wahrnehmung von Reizen unterschiedlich ist, obwohl die Aktionspotenziale vom Aussehen her gleich sind.

LG von der Waterkant