Können Kinder schon stark Weitsichtig sein und richtig eine Lesebrille tragen?

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Also... ganz grundsätzlich:

Deine Tochter hat nicht schlechte Augen, sondern nur eine Fehlsichtigkeit. Und die hat sie nicht seit kurzem, sondern schon länger, ist aber bisher unerkannt gewesen. Bei einer Hyperopie nichts ungewöhnliches (Übersichtigkeit). Insbesondere bei Kindern sind sogar oftmals recht hohe Korrekturwerte nichts Ungewöhnliches, also keine Panik.

Hier geht es nicht um eine Altersweitsichtigkeit (Presbyopie). Es gibt 3 denkbare Szenarien:

1.) Sie ist Übersichtig (Weitsichtigkeit ist nicht ganz korrekt, wie das gerne bezeichnet wird). Kinderaugen können diesen Fehler idR meist sehr gut selber ausgleichen, da Die Augenlise sehr flexibel ist. Das Problem dabei ist aber, dass dieses Ausgleichen Kopfschmerzen, Leseunlust, Konzentrationsschwierigkeiten etc hervorrufen kann. Manchmal werden diese Kinder sogar als vermeindliche Legastheniefälle oder Migränepatienten abgestempelt, dabei liegt das Problem lediglich bei den Augen. Dafür kriegt sie beim Optiker eine Brille zur Entlastung. Das ist nicht eine Lesebrille, sondern eine ganz normale Alltagsbrille, und hier gibt es keinerlei Unterscheidungen, wofür die Brille getragen, und wofür sie nicht getragen wird. Das ist grundsätzlich Quatsch. Die Brille wird einfach aufbehalten, alles andere ist sinnlos und umständlich. Keineswegs kann hier von einer Supermarktbrille die Rede sein, oder gar aus dem Internet! Ohne fachmännische Anpassung geht das schief!

2.) Sie hat einen akkommodationsbedingten Konvergenzüberschuss. Das ist etwas komplizierter... beim Lesen "zoomen" die Augen und drehen sich gleichzeitig nach innen und unten. Zwischen den beiden Vorgängen besteht eine starke Kopplung, und wenn es da ein Ungleichgewicht gibt, dann entstehen ähnliche Probleme wie bei Punkt 1.) . Dazu kommt oft noch das Phänomen, dass das Kind sehr nah an das Lesegut herangeht, und sich beim Schreiben fast das Auge aussticht. Nicht selten wird dieses Problem sogar im Kindesalter mit Mehrstärkengläsern behoben (Gleitsicht, Bifokal). Gerätst du an einen Augenarzt, der was drauf hat, kann das in vielen Fällen auch mit prismatischen Gläsern korrigiert werden, aber dafür ist der Optikermeister der bessere Fachmann. Diese Massnahme ist meist nur vorübergehend, und nach einigen wenigen Jahren wechselt man auf normale Gläser, sobald die Sehvorgänge etwas "eingespielt" sind.

3.) Sie hat eine Akkommodationsschwäche (Problem beim "Zoomen"). Das ist äusserst ungewöhnlich im Kindesalter, aber leider eine häufige "Diagnose" von Augenärzten, die in ihrem Wochenend-Sehtest-Seminar gepennt haben. Doch wenn es tatsächlich so wäre, dann hat das meist irgendwelche pathologischen Ursachen, und dann hilft tatsächlich nur eine Leseunterstützung. Doch auch hier wäre die elegantere Lösung ein Gleitsichtglas.

Wenn dir also dein Augenarzt erzählt, deine Tochter kriegt eine reine Lesebrille: Lauf! Das ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ganz grosser Blödsinn. Leider sind Augenärzte selten in der Lage, solche Fälle sauber auszumessen, ausser, sie haben im Vorzimmer entsprechendes Fachpersonal. Ansonsten such dir einen anderen und lass dich auch von einem Optikermeister beraten. Und deiner Freundin kannst du das gleiche raten. Ist das Kind "Weitsichtig", dann braucht es die Brille nicht nur zum Lesen. Da wurde auch sie falsch beraten. Ach und ganz nebenbei... Wenn du noch keine 45 bist, dann solltest du auch mal zum Optiker zum Sehtest gehen, denn dann bist du mit einer Lesebrille ebenfalls falsch bedient. Ich schlussfolgere das nur deswegen, weil du sagst, das geht schon länger so bei dir. Dann hättest du deine 9jährige Tochter relativ spät gekriegt. Ich bin ziemlich zuversichtlich, dass dir der Optiker ebenfalls die umständliche hässliche Lesebrille ersparen, und dir eine zweckmässigere Lösung anbieten kann

Pangaea  17.01.2017, 09:30

Ich kann nur bestätigen, dass Optiker mehr Erfahrung in der Bestimmung der Brillenwerte haben als viele Augenärzte.

Veronika143 
Fragesteller
 19.01.2017, 18:25

Hallo, erstmal: Danke für deine lange und informative Antwort :)

Ich werde mit ihr erst zu einem Augenarzt und dann zu einem Optiker gehen um mir eine zweite Meinung zu holen. Ich bin zuversichtlich das das alles gut läuft und bin froh das meine Tochter anscheinend nicht die einzige ist die diese Probleme hat. Ich werde für sie natürlich eine richtige Brille kaufen, so war das nicht gemeint...

Ich selber habe mir auch erst eine richtige beim Optiker gekauft aber jeder der eine Lesebrille trägt weiss, das eine nie genug ist. Man verlegt sie total schnell und dieses suchen nervt halt total. Und ich habe mir schon zwei Stück bei Misterspex.de bestellt und war super zufrieden also so schlimm ist das alles nicht. Und für einen kurzen Blick aufs Handy oder auf den Einkaufszettel reicht eigentlich auch eine aus dem Drogeriemarkt, aber beim längeren Tragen merkt man wirklich die schlechtere Qualität. Ich habe es also irgendwie geschafft mit einem Mix aus allem immer mindestens 2 dabei zu haben und zu Hause liegen die eh überall rum :D

Übrigens werden die Augen ab 35 schlechter, wobei die wenigsten eine Lesebrille brauchen wenn sie unter 40 sind. Aber ab 40 ist das eigentlich nichts ungewöhnliches mehr, viele meiner Freundinnen tragen auch welche und die sind teilweise auch grade über 40!

Liebe Grüße, 

Veronika :)

Hallo, die Art der Fehlsichtigkeit muß eine augenärztliche Untersuchung klären. Ich würde es nicht einmal für ausgeschlossen halten, daß das Kind kurzsichtig ist. Die Refraktionsbestimmung im Fall einer Brillenversorgung würde ich dann allerdings beim Optiker kontrollieren lassen, da dort häufig besser im Ergebnis.

Ich bin weitsichtig seit meiner Kindheit, kurz vor der Einschulung wurde sie festgestellt. Vorher war es so, dass ich beim Malen und so oft Kopfschmerzen bekam. Und ich brauchte dann eine Brille, in der Schule konnte ich auch ohne nicht lesen. Allerdings war es keine Lesebrille, sondern eine Brille, die man immer trägt, was weiter weg war, z. B. was an der Tafel stand, konnte ich aber ohne Brille problemlos erkennen. Außerhalb der Schule hatte ich die Brille, wenn ich draußen war, meistens auch nicht getragen, sondern nur beim Lesen. Inzwischen - ich bin über 30 - ist es bei mir so, dass, obwohl meine Werte im Laufe der Jugend niedriger wurden - ich zwar, was weiter weg ist, noch immer scharf sehe, aber es mich immer mehr anstrengt. Das ist das Problem bei der Weitsichtigkeit, dass die Linse in allen Entfernungen akkommodieren muss, während die Linse bei Normalsichtigen auf Fernsicht eingestellt ist und nur im Nahbereich akkommodieren muss und später nur eine Lesebrille braucht, während der Weitsichtige irgendwann auch Entferntes nicht mehr scharf sieht. 

Weitsichtigkeit im jungen Alter ist keine Altersweitsichtigkeit. Sie hat eine ganz andere Ursache.

Die Altersweitsichtigkeit entsteht dadurch, dass die Linse an Flexibilität verliert. Die Weitsichtigkeit im Jugendalter liegt an einem zu kurzen Augapfel.

https://www.dr-gumpert.de/html/weitsichtigkeit_bei_kindern.html

Geh mit deiner Tochter zum Augenarzt, und besorg ihr eine schicke Brille.