Bleivergiftung, wie kann das überhaupt sein?

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Blei wird im Magen und im Darm chemisch angegriffen, allerdings nur schwach. Ein kompaktes Stück Blei wird daher nicht zu einer Vergiftung führen. Je feiner verteilt, desto giftiger ist es. Viel giftiger sind lösliche Bleiverbindungen (Bleiacetat, Bleikarbonat).

Quandt  09.03.2012, 09:31

Da irrst Du aber gewaltig, mein Guter!

Erzähl´ mal dem Adler, der mit einer Bleivergiftung vom Himmel geplumst ist, er könne ruhig von Jäger geschossenes Viechzeug weiter mampfen, da die Schrotkugel ohne Nebenwirkungen seinen Verdauungstrakt passieren!

jobul  09.03.2012, 10:50
@Quandt

Die sind aber doch recht fein verteilt. Ausserdem hat ein Adler stärkere Verdauungssäfte als ein Mensch, und die Schrotkugeln sind oberflächlich schon korrodiert, weil sie in der Beute gesteckt haben. in Milchsäure etwa, die in Muskeln vorkommt, löst sich Blei besser als in der Salzsäure des Magens.

Quandt  09.03.2012, 13:01
@jobul

Ich gebe Dir gerne recht, dass es bessere Lösungsmittel für PB gibt, als HCl mit einem pH = 2. Doch bleibt elementares Blei in den Aussackungen des Magen und des Darmes "liegen" und wird nicht normal ausgeschieden. Und steht somit permanent zur Resorption zur Verfügung. Ähnlich wie beim Hg, nur nicht ganz so letal.

Und sooo unterschiedlich sind die Verdauungapparate von Mensch und Adler nun auch wieder nicht! ;O)

HelpfulHelper  09.03.2012, 20:18
@Quandt

Dein Einwand ist sicher berechtigt, aber da spielt die Bioakkumulation auch noch eine grosse Rolle beim Adler. Er frisst halt einfach viele, viele Mäuse in seinem Leben.

Und ja, Schwermetalle am Block sind gar nicht so direkt giftig. Erst wenn sie nach und nach, sehr langsam, zu Ionen werden und ihre verheerende Wirkung anrichten, wirds gefährlich. Aber wer einen Hg-Shot nimmt, der merkt erstmal nichts.

Quandt  12.03.2012, 09:10
@HelpfulHelper

Meine Rede! Hohe, sofortige, Mortalität besitzt elementares PB nur stark beschleunigt. ;O)

angenommen ich schlucke ein Gramm festes Blei herunter.

Speziell was Blei betrifft - siehe jobuls Antwort.

Schließlich ist das doch ein festes Metall, wie soll der Magen das zersetzen?

Du hattest noch keinen Chemieunterricht? Oder den Versuch schon wieder vergessen? Wenn man Natrium (auch ein festes Metall) in Wasser gibt, wird es in einer heftigen Reaktion zersetzt, dafür braucht es nichtmal Säure.

Oder - für einen Versuch zu Hause eher geeignet - Aluminium in Essig. Dauert zwar lange (Erwärmen beschleunigt), aber es reagiert. Und Essig ist nicht so sauer wie Magensäure.

Die Wirkungs u, Auswirkungen von Blei im Körper kannst vollständig erfahren wenn Du die folgene Seite klickst:

Universität Rostock - Medizinische Fakultät Institut für Arbeitsmedizin _ ** Merkblatt zur BK Nr. 1101: Erkrankungen durch Blei oder seine Verbindungen ** II. Aufnahme und Wirkungsweise

In Staub-, Rauch- oder Dampfform werden Blei oder seine Verbindungen hauptsächlich über die Atemwege aufgenommen. Aufnahme über den Magen-Darm-Trakt ist ebenfalls möglich, jedoch in der Regel weniger gefährdend. Bleialkyle werden leicht durch die Haut resorbiert. Konzentration und Verweildauer im Blut kreisender Bleiverbindungen (sog. Bleistrom) und ihre Löslichkeit in den Körpersäften sind für die Erkrankung maßgebend. Die Bleialkyle haben infolge ihrer Lipoidlöslichkeit eine besondere Affinität zum Gehirn und anderen lipoidreichen Organen.

Blei schädigt zelluläre Elemente durch Inaktivierung von Enzymen. Besonders werden der Porphyrinstoffwechsel, die Blutbildungsstätten, der Verdauungstrakt, das Gefäßsystem sowie das zentale und periphere Nervensystem betroffen.

Blei wird als relativ stabiles Bleiphosphat in Knochen abgelagert (sog. Depotblei) und u. U. dort wieder mobilisiert. Vorübergehende Anreicherung in Leber, Milz und Nieren ist möglich. Die Ausscheidung erfolgt in Stuhl und Urin.

Erkrankungszeichen treten dann auf, wenn der Organismus nicht mehr fähig ist, das meistens innerhalb eines längeren Zeitraumes aufgenommene Blei auszuscheiden oder abzulagern.

Dass jemand ein Gramm festes Blei herunterschluckt, ist auch eher ein hypothetischer Fall (außer es handelt sich um den Teil einer Form vom Silvester-Bleigießen).

Viel eher bekommt man eine Bleivergiftung, wenn man Blei in Form einer Verbindung (z.B. Bleiacetat) oder schon in gelöster Form als Pb2+ (z.B. Blei in Leitungswasser aus Bleirohren) zu sich nimmt.

Außerdem ist das saure Milieu im Magen schon dazu geeignet, ein unedles Metall wie Blei zu oxidieren.

Im Buch "Wasser" von Karl Höll kann man zur Thematik von Blei in Trinkwasser aus Bleirohren lesen:

  • Blei wird von kohlensäurehaltigen Wässern angegriffen, sofern der Gehalt des Wassers an freier Kohlensäure mehr als ein Fünftel des Gehalts an gebundener Kohlensäure beträgt und sofern das Wasser sauerstoffhaltig ist.

  • Alle Wässer mit pH-Werten unter 6,8 haben mindestens ein geringes Bleilösungsvermögen. (Anmerkung: 6,8 ist fast noch neutral, kaum sauer; dagegen ist der menschliche Magen knallsauer).

  • Stark alkalisches Wasser (pH 9, aufbereitetes Talsperrenwasser) hat schon zu starker Korrosion von Bleirohren geführt.

  • Schon ein Gehalt an Blei im Trinkwasser von 2 bis 5 mg/l hat in kurzer Zeit zu Bleivergiftungen der Verbraucher geführt.

Blei ist also so giftig, dass man gar kein ganzes Gramm davon braucht, um sich zu vergiften.

Die Gesamt-Bleiaufnahme am Tag (durch Wasser, Nahrung und Luft) beträgt normalerweise 0,3 bis 0,6 mg pro Tag. Davon werden unter normalen Bedingungen nur nur 1 bis 10 % absorbiert, also ins Blut und von dort in die verschiedenen Gewebe aufgenommen (v.a. in den Knochen gespeichert). Da wäre eine Menge von 1000 mg wie in deiner Frage eine um den Faktor 2000 gegenüber dem Normalfall erhöhte Dosis. Auch wenn dieser Bleiklumpen im Magen nur zu einem geringeren Teil zersetzt wird, reicht es für eine toxische Wirkung im Körper aus.

Du weiß ja wohl, dass sich Blei leicht abreibt, daher schrib man ja früher mit Blei- weshalb der Name Bleistift schließlich auf den heute verwendeten Graphitstift übertragen worden ist.
Da das Blei zusätzlich im Magen von der Salzsäure und später von anderen Säuren, die so beiläufig auch noch im Speisebrei vorhanden sein können, chemisch angegriffen wird, könnte auch ein geschlucktes Stückchen Blei ganz schön unangenehm werden. Da gibt es z. B. soetws wie die Bleikolik. Darum mache besser keinen solchen Selbstversuch.