Arzt sagt man hat nur ein Jahr zu überleben?

14 Antworten

Mir hat man sehr wenig Überlebenschancen eingeräumt, als ich zur OP in der Krebsabteilung war...mein Zustand war aber auch grenzwertig schlecht.

Und? ich lebe immer noch, habe 3 Jahre (von 7) schon hinter mir... in 4 Jahren gelte ich als krebsfrei.

Der Arzt nennt Erfahrungswerte. Aber wie der Patient individuell auf die Behandlung anspricht und auch mental kämpft, das kann man nicht vorhersagen!

interessant149 
Fragesteller
 28.05.2022, 18:20

Warst du auch gelähmt und fast blind? Also er ist körperlich sehr schwach und ich mache mir seitdem so Sorgen. Hat auch bösartigen Hirntumor, den man nicht weg operieren kann

Dea2019  28.05.2022, 20:27
@interessant149

Ich war zu schwach zum Sitzen und die meiste Zeit weggetreten.

Allerdings... mein Oschi sass nicht im Hirn. Ein Glioblastom ist was ganz anderes.

Das Glioblastom ist der häufigste bösartige bekannte Gehirntumor. Eine Heilung ist derzeit nicht möglich, aber einzelne PatientInnen können über Jahre stabil bleiben. Unter Ausschöpfung aller aktuell bekannten Therapiemöglichkeiten lag die Überlebensrate bisher bei durchschnittlich 15 Monaten.

Diese klischeehafte Aussage gibt es nur in Filmen. Kein seriöser Arzt wird einem Patienten mit einer wahrscheinlich tödlich endenden Erkrankung mitteilen, wie lange er noch zu leben habe.

Erstens sind solche Einschätzungen medizinisch kaum zu treffen - zumindest nicht über Monate oder Jahre und zweitens darf man einem Patienten niemals die letzte Hoffnung nehmen.

Natürlich macht man sich als behandelner Arzt meistens seine Gedanken, wie lange der Patient wohl noch lebt, aber die Erfahrung lehrt einen, dass man mit solchen Prognosen sehr oft vollkommen daneben liegt.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

Ein Arzt wird niemals einem Patienten mitteilen, wie lange er noch zu leben hat. Man kann allerdings darauf hinweisen, daß es sich um eine ernste Erkrankung handelt etc. Die meisten Patienten merken selber, wie es um sie gestellt ist. Alle Fragen sollten beantwortet werden, aber mit Einfühlungsvermögen und Empathie. Das Überleben hängt von der Art des Tumors ab und vom Staging ( Größe, Stadium und ob der Tumor schon metastasiert hat - Fernmetastasen ). Leider gibt es maligne Tumore, die schon bei Diagnosestellung eine schlechte Prognose haben, z.b. ein Glioblastom oder ein Pankreaskarzinom. Die drei Säulen der Krebstherapie sind OP, Chemo - und Strahlentherapie. Ist ein bösartiger Tumor nicht mehr kurativ zu therapieren, ist die Palliativmedizin angezeigt. Man kann noch sehr viel für den Patienten tun. Alle Symptomatik, wie Schmerzen, Übelkeit, Atemnot, Ängste etc. sind durch die richtige Medikation zu beheben oder zumindest gut zu lindern. Eine psychoonkolgische Unterstützung ist sehr hilfreich. Dadurch gibt man den Patienten mehr Lebensqualität.https://ibb.co/PMTd67k

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
LouPing  28.05.2022, 10:27
Ein Arzt wird niemals einem Patienten mitteilen, wie lange er noch zu leben hat

Bei konkreten Fragen seitens des Patienten wird sich der Arzt - selbstverständlich auf berufliche Erfahrungen basierend - zur der Lebenserwartung äußern. Er wird dabei natürlich auf die Individualität jedes Krankheitsverlaufs hinweisen.
Das erfordert viel Feingefühl und Erfahrung - als „Onkologin“ müsstest du mit dem Thema tagtäglich konfrontiert werden.

Seit Dr. Google sind die offenen Gespräche noch viel wichtiger geworden. Auch stehen den Patienten spezialisiertes psychologisches Fachpersonal zur Seite.

Rapunzel324  28.05.2022, 10:52
@LouPing

Es ist ein sehr komplexes Thema. Ich war überwiegend auf Palliativstation tätig. Mein persönliches Motto: dem Leben nicht mehr Tage geben, sondern dem Tag mehr Leben. Die Patienten auf Palliativstation wissen, daß sie sterben müssen. Wir haben immer versucht, nach guter Symptomlinderung, die Patienten nach Hause zu entlassen, wenn die Pflege gesichert ist oder einen Hospizplatz gesucht. Einmal habe ich es erlebt, daß ein Patient aus einem Hospiz noch einmal nach Hause entlassen wurde. Nach 6 Monaten kam er zurück und verstarb im Hospiz. Alles ist möglich. Mein eigener Mann verstarb an einem Ösophagus Karzinom, Zufallsbefund. Der Tumor wurde durch ein Down staging erfolgreich verkleinert. Die OP mit Magenhochzug gelang. 4 Monate nach der OP stieg der TM. CT: Rezidiv des Primärtumors, Metastasen in Lunge, Leber und Peritoneum. Strahlen - und Chemotherapie, keine Wirkung mehr. Durch eine palliative Chemo konnten die Metastasen nicht mehr am Wachstum gehindert werden. Parenterale Ernährung über den Portkatheder mußte abgebrochen werden. 3 Monate haben wir ihm gegeben. Es hat 9 Monate gedauert. In den letzten Wochen wirkte Morphin und Tavor sublingual kaum noch. Damit er in Ruhe und ohne jegliche Symptomatik versterben konnte, war eine palliative, tiefe Sedierung notwendig. Jeder Patient ist anders.

LouPing  28.05.2022, 10:56
@Rapunzel324

Das Thema ist die Ehrlichkeit des Arztes - und die ist gegeben. Auch die Eltern todkranker Kinder werden umfangreich aufgeklärt.

Deine Aussage:

Ein Arzt wird niemals einem Patienten mitteilen, wie lange er noch zu leben hat

…stimmt per se so also nicht.

Rapunzel324  28.05.2022, 11:14
@LouPing

Ich habe einem Patienten noch nicht gesagt: sie sind in einem Jahr tot, sondern : ihre Erkrankung ist sehr ernst, aber wir werden das bestmögliche für sie tun. Dann kommen weitere Fragen und man geht feinfühlig darauf ein.

LouPing  28.05.2022, 11:59
@Rapunzel324

Patienten mit infausten Prognosen fragen direkt! Die Menschen sind bestens vor - informiert und haben ein feines Gespür was mit ihrem Körper passiert.

Der Begriff “infaust“ wird in der Medizin als Bezeichnung einer "ungünstigen" Prognose verwendet, die von der nicht - Heilbarkeit einer Erkrankung ausgeht. 

Krankheitsstadien mit infauster Prognose sind meist nicht mehr kausal zu therapieren und verlaufen in der Regel letal.

Keine Ahnung als was und wo du arbeitest….aber deine Schilderungen sind fernab der Realität.

Rapunzel324  04.06.2022, 14:51
@LouPing

Ich bin Fachärztin für innere Medizin, mit Spezialisierung auf Palliativmedizin. Zu uns kommen überwiegend onkologische Patienten, deren Erkrankung nicht mehr kurativ zu therapieren ist, sei es durch OP, Chemo - und Strahlentherapie. Die Patienten spüren, daß sie sterben müssen und stellen ihre Fragen. Ich sage niemanden ins Gesicht: sie sterben in der nächsten Zeit, sondern erkläre mit Empathie und Geduld die Situation. Damit bin ich immer gut gefahren. Es kommt auf den Einzelfall an. Viele Patienten fallen nach der Diagnose in ein tiefes Loch und entwickeln Depressionen, trotz Psychoonkologe. Auf einer Palliativstation sieht das alles etwas anders aus. Wir arbeiten nach dem Motto von Cicely Saunders: nicht dem Leben mehr Tage geben, sondern dem Tag mehr Leben.

LouPing  04.06.2022, 14:59
@Rapunzel324

Ich nehme das mal so hin, das es strafrechtlich relevant ist sich mit Titeln zu schmücken ist dir hoffentlich bewusst.

Ich sage niemanden ins Gesicht: sie sterben in der nächsten Zeit, 

Das ist fernab der Realität, weil die Patienten bestehen auf ehrliche und klare Ansage. Die meisten Betroffenen sind nahezu perfekt vor- informiert. Deine Schilderungen sind KEINE gute Basis für eine gutes Arzt - Patienten- Verhältnis. Ganz besonders Kinder und Jugendliche merken wenn sie belogen bzw. hingehalten werden….

Hier passt einiges nicht zusammen, du hast völlig falsche Vorstellungen von dem Beruf und vom Alltag auf Palliativ/ Hospiz.

maja0403  04.06.2022, 15:37
@Rapunzel324
ihre Erkrankung ist sehr ernst, aber wir werden das bestmögliche für sie tun.

Ich will als Patient nicht belogen werden. Manchmal macht es sogar Sinn, dass angeblich bestmögliche zu verweigern und noch ein paar Monate das Leben zu geniessen, anstatt sich von einer Chemo zügig kaputt machen zu lassen.

Mein ZIel ist ganz bestimmt nicht, möglichst lange zu leben, unter allen Umständen. Mein Ziel ist, noch eine schöne Zeit zu haben, die ich mit meinen Lieben genießen kann, bis es dann zügig zuende geht. Mein Ziel ist ganz bestimmt nicht ein mühevoller langer Leidensweg, auch durch Medikamente verursacht.

Die Aussage "das bestmögliche für sie tun" ist für mich mit meiner Einstellung ganz bestimmt nicht das richtige.

Mit deiner Aussage kann ich nichts anfangen. Das sind nur hohle Worte, die, wenn ich darauf hören sollte, mich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von dem abbringen, was ich gerne möchte.

Ich weiß wovon ich rede. Ich habe in meinem Leben schon viele Krebspatienten gepflegt und bis zum Tod begleitet und ich habe leider auch immer wieder erlebt, dass ehrgeizige Ärzte die Qualen eher verlängert haben, anstatt dem Patienten klar zu sagen, dass er mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit mit der besten Therapie keine Chance mehr hat und noch ein paar Monate geniessen könnte, ohne Massivsttherapie.

Rapunzel324  04.06.2022, 19:25
@maja0403

In der Palliativmedizin geht es darum, jegliche Symptomatik zu lindern und nicht das Leben zu verlängern. Symptome wie Schmerzen, Dyspnoe, Angst, Erbrechen, Übelkeit sind mit den richtigen Medikamenten zu beheben oder zumindest gut zu lindern. Ganz selten gelingt das nicht. Dann steht in der Finalphase die tiefe, palliative Sedierung zur Verfügung. Der Patient spürt nichts mehr und schläft in den Tod hinein. Dadurch ist es möglich, daß der/die Patientin etwas früher verstirbt oder nicht. Natürlich lehne ich bei einem Patienten, wo eine Erkrankung kurativ nicht mehr therapierbar ist, eine Reanimation, eine PEG, eine parenterale Ernährung über den Portkatheder, eine palliative Chemo etc. ab, mit Ausnahme der Patient möchte das. Flüssigkeit wird in der Finalphase nicht gegeben, mit Ausnahme der Patient wünscht es. Ein trockener Mund ist viel schlimmer als Durst, da die Mundschleimhäute austrocknen. Eine gute Mundpflege hat oberste Priorität. Selbverständlich wird jede Frage beantwortet, aber ich sage einem Patienten nicht ins Gesicht, sie sterben demnächst. Man kann das Thema auch feinfühlig angehen. Es kommt immer auf den Einzelfall an. Eventuell ist dir Professor Borasio bekannt, einer der besten Palliativmediziner, die es gibt. Seine Handlungsweise und Gesprächsführung befürworte ich. Solltest du Professor Borasio nicht kennen, folgt eine kurze Info. Mein eigener Mann verstarb an einem metastasierten Ösophaguskarzinom. Der Tumor war bei Diagnosestellung so groß, daß ein Down Staging notwendig war. Der Tumor wurde erfolgreich verkleinert und die OP mit Magenhochzug gelang. 3 Monate später stieg der TM. Metastasen in Pulmo, Leber und Peritoneum. Obwohl ich davon abriet, wünschte er eine palliative Chemo und eine parenterale Ernährung über den Portkatheder. Nach 3 Blöcken Abbruch der Chemo, wegen Kachexie. Abbruch der parenteralen Ernährung wegen Erbrechen. Bis zum Schluß hat er nicht akzeptiert, daß er sterben muß. Jeder Patient reagiert individuell. https://m.tagesspiegel.de/wissen/tabuthema-lebensende-wir-aerzte-sollten-uns-nicht-so-wichtig-nehmen/24525578.html

maja0403  04.06.2022, 19:27
@Rapunzel324

Es geht nicht um die Finalsituation. Es geht um den gesamten Umgang mit Krebs. Du hast pauschal den Satz heraus gehauen den ich titiert habe und das spricht nicht dafür, dass du gezielt auf den Betroffenen eingehst. Das ist ein typischer Standardsatz den ich nicht hören will.

Rapunzel324  04.06.2022, 19:32
@maja0403

Eine gute Symptomlinderung sehe ich als eine relevante Therapie an. Wenn ein Patient an starken Schmerzen, Atemnot, Ängsten etc. leidet, wo bleibt dann die Lebensqualität?

Rapunzel324  04.06.2022, 19:34
@maja0403

Für mich geht es um die palliative Situation und diese beginnt nicht erst in der Finalphase.

maja0403  04.06.2022, 19:44
@Rapunzel324

Du pickst bestimmte Patienten heraus. Es geht mir eher um die Patienten, die aktuell noch 2-3 Monate gut leben können, aber trotzdem infaust sind und die auch durch eine Chemo nicht gerettet werden können.

Leider versaut gerade die Chemo die 2-3 Monate, die noch hätten gut verlaufen können. Und das wird mit dem Wissen getan, dass es mit äußerst hoher Wahrscheinlichkeit total umsonst ist.

Natürlich gibt es Patienten, die bis zum letzten Atemzug mit allen Mitteln kämpfen. Aber den anderen nimmt man die Chance, weil man sie mit pauschalen Sätzen abspeist und so falsche Hoffnungen erzeugt.

Eine adäquate und umfassende Palliativmedizin mit Schmerzstillung etc. setze ich als selbstverständlich voraus. Aber darum gehts jetzt gerade nicht. ES geht mir nicht um die letzten Tage, sondern um die Tage/Wochen davor, die man mit einer überflüssigen Chemo kaputt macht, weil man im stillen weiß, dass es nicht mehr hilft.

maja0403  04.06.2022, 19:53
@maja0403

Auf dein Kompliment an mich bezogen: Du hast recht. GF ist ein Allerweltsforum. Trotzdem kann man konkret adäquat antworten und die Leute hier nicht mit Allerweltsphrasen abspeisen.

Ich habe ein konkretes Problem angesprochen, was jeden treffen kann und somit auch durchaus ein Thema in einem Allerweltsforum ist. Aufklärung ist wichtig, man muß nicht all das tun was Ärzte vorgeben. Man darf auch auf sein Bauchgefühl hören.

Eine Spontanheilung ist natürlich immer möglich, trotzdem sollte man dem ärztlichen Rat trauen und sein Lebensende planen.

Ob das oft vorkommt, weiß ich nicht, aber es kommt vor. Meinen Bruder hat es zwar krebstechnisch innerhalb von ein paar Monaten auseinandergehauen, womit er seine eigene Einschätzung als Arzt fast auf den Tag genau getroffen hat, aber ich hatte eine Bekannte, der die Ärzte maximal noch etwa ein halbes Jahr gegeben hatten und tatsächlich hat sie noch etliche Jahre gelebt. Allerdings hat sie dafür ihr Leben komplett umgekrempelt.