Abneigung gegen körperliche Nähe?

10 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Mir ging es in meiner Ehe ganz genau so. Alles war perfekt, bis wir verheiratet waren. Danach war ich nicht mehr zu körperlicher Nähe in der Lage. Erst dachten wir, es sei die Schwangerschaft, die Stiefkinder 12,15, dann das Baby, das Kleinkind, dass ja immer dazwischen steht...

Nein, es war in mir drin. Genau wie du versteifte ich mich bei der kleinsten Berührung. Ich wollte schon Nähe, fürchtete aber immer schon, dass daraus etwas gebastelt werden sollte...

An meiner Kindheit kann es nicht liegen, ich wuchs sehr gut behütet, umsorgt mit verständnisvollen Eltern auf... Genau wie du habe ich gesucht und gesucht, wo der Knackpunkt wohl in der Vergangenheit liegt. Wo sollte er sonst denn sein.

Inzwischen habe ich den Grund für die Blockade nun gefunden. Wir waren zuhause 5 Kinder (es war in der Zeit vor der Pille). Erst 2, dann jahrelang nichts, dann ich und noch zwei hinterher. Heute weiß ich, schon ich war nicht gewollt, und die beiden danach auch nicht.

Unsere Eltern haben es uns nie gesagt und sich nie etwas anmerken lassen. Wir wurden alle gleich behandelt, es wurden keine Unterschiede gemacht, jeder wurde so angenommen wie er war. Jeder bekam die gleiche Menge Streicheleinheiten, Unterstützung und Aufmerksamkeit, unsere Eltern haben sich nach allen Kräften um jeden von uns gleichermaßen bemüht.

Trotzdem hat dieses "unerwünschtes Kind sein" bei mir diese Blockade hinterlassen, und nicht nur bei mir, sondern auch bei meinen jüngeren Geschwistern. Wir alle drei haben Bindungsängste, können keine körperliche Nähe vertragen und müssen uns dazu überwinden. Das müssen wir dann wohl doch bei der Muttermilch mitgeschluckt haben.

Dass ich es jetzt weiß, hilft mir bei der Blockade aber nicht. Jetzt kann ich jedes Mal denken, ich weiß ja, warum das so ist. Aber es bleibt so. Ich bin immer erleichtert, wenn andere weggehen, und bin dann traurig, weil ich wieder alleine bin.

Ich kann mich geistig sehr gut in andere Menschen hineinversetzen, aber spontane Gefühle sind etwas, das ich nur schwer begreife. Es bleibt mir nur zu hoffen, das meine Tochter dies nicht auch noch heruntergereicht bekommen hat. Ich warte direkt auf den Tag, an dem sie sagt, sie sei leibeleer groß geworden. Dann habe ich genau so versagt, wie meine Mutter damals. Aber ändern kann ich es nicht.

Yeenn 
Fragesteller
 30.07.2012, 14:03

Ich danke Dir für Deinen Kommentar und habe diesen auch als hilfreichste Antwort erwählt.

( Wobei ich sagen muß, daß ich dieses System nicht sehr mag - aber so sind die Regeln hier nun mal, also nehme ich sie an. Sonst hätte ich mir ja auch eine andere Plattform suchen können. An sich haben mir aber fast alle Antworten etwas geben können und ich finde es schwierig, nun eine beste auswählen zu müssen. Möchte mich an dieser Stelle deswegen auch bei allen bedanken, die etwas beigetragen haben!!)

Du sprichst mir jedenfalls aus der Seele, denn genaus so geht es mir. Interessant finde ich, daß Du den Grund für die Blockade gefunden hast, es deswegen aber nicht einfacher geworden ist. Das würde ja dann doch ein wenig den Therapieansatz bestätigen, daß das Jetzt und Heute wichtig ist und nicht das, was einst passiert ist.

Ich habe nun einige Impulse bekommen, über die es sich nachzudenken lohnt. Mal sehen, wie ich dann weiter machen werde.

Also noch mal vielen Dank! Das muß jetzt erstmal etwas in mir weiter arbeiten.

ab wann beginnt die abneigung? wenn es sexuell wird?...oder ist es generell bei körperliche nähe?

Yeenn 
Fragesteller
 29.07.2012, 20:23

Eigentlich beginnt es bei jeder Art der körperlichen Nähe (ausgenommen davon sind zum Glück meine Kinder). Wenn mein Partner mich umarmen will, versteife ich meist bereits. Ein einfacher Kuß setzt schon ein enormes Gegengefühl in mir aus.

Was gut klappt sind Massagen - z.B. Aber auch nur, wenn diese nicht dazu ausgenutzt werden, um was anderes daraus zu basteln.

Haben wir es dann mal soweit geschafft, daß wir uns doch näher kommen, womöglich gar bishin zum "Sex" (ein Wort, was ich nicht mag, aber mir fällt grad kein besseres ein), dann ist es nach dem Anfangswiderstand auch okay für mich. Was so ganz aber auch nicht stimmt. Es ist okay für mich, wenn ich genug Zeit vorher oder nachher für mich hatte bzw. habe. Und wenn es nicht ewig dauert.

Um es in Schubladen auszudrücken, ich trage einige schizoide Züge in mir - falls das jemanden etwas sagt. Es ist aber längst nicht mehr so schlimm, wie noch vor einigen Jahren. Aber dennoch störend.

Zum Teil kann ich mir erklären, warum zu starke Nähe mich belastet. Die Ursachen liegen in der Kindheit. Kurzfassung: domiante Mutter die sich sehr in mein Leben eingemischt hat, es kontrolliert hat, die autoritär war und auch kein Problem mit Schlägen und Drohungen hatte. Vielleicht ist das auch schon der ganze Hintergrund der sich bis in die intime Nähe zieht, womöglich ist noch mehr vorgefallen, was ich verdrängt habe (das würde ich jetzt gerne rausfinden). Totaler Rückzug in der Jugendzeit, was zu Unsicherheiten im Umgang mit Menschen führte, andererseits zu einer guten Beobachtungsgabe (empfinde ich jedenfalls so). Selbstverletzendes Verhalten, begonnen im Alter von 6,7 Jahren bis (in immer größer werdenen Abständen) ca. Mitte 20. Hobbys, die ich alleine machen kann, Vermeidung von Freundschaften (außer dem Partner) und Gruppen. Hat sich vor ungefähr 4 Jahren zum Teil alles lösen können, so daß ich mich nun als viel heiler und ganzer empfinde, aber eben noch nicht am Ziel.

CarlosCastaneda  04.08.2012, 02:06
@Yeenn

Sorry das ich erst so spät antworte,war ne weile nicht on...also ich würde an deiner stelle einfach mal im internet nach seiten suchen wie diese hier http://www.frauennotruf-hamburg.de oder eben aus deiner gegend...da einfach anrufen, die kennen eine menge psychologen oder therapeuten. für mich hört es sich bisher so an das du tatsächlich eine abneigung hast soweit es irgendwie intim wird...ich selber habe da keine probleme ausser wenn ich überempfindlich bin, da möchte ich auch nicht angefasst werden, passiert aber auch nur wenn ich zuviel gekifft hab weil das ja auch die empfindsamkeit erhöt, ich dachte erst das das dein problem sein könnte btw.von den erzählungen her was deine mutter betrifft könnten wir geschwister sein mittlerweile bin ich mit meiner mum aber im reinen. wie dem auch sein, ruf einfach bei irgendeiner beratungstelle in deiner nähe an, ich wünsche dir viel erfolg und alles gute für deine zukunft ;-)

Wenn du deinen "Partner" (noch) liebst, warum hast dus nicht mal mit einem Gespräch versucht? Unabhängig davon, welche Hintergründe es hat, dass du bei ihm körperliche Nähe "verabscheust, ist es doch zunächst mal ein Fakt! Vielleicht gibt es einfach Unterschiede in dem, was du willst, was körperliche Nähe betrifft und was er will. Vielleicht hat sich dein Partner in dieser Richtung geändert, oder ist gleich geblieben und du entwickelst andere Bedürfnisse.

Was mich ein wenig nachdenklich macht, ist, dass du Sex zulässt, obwohl du zunächst gar nicht willst. Da muss es bei dir doch ein Pflichtgefühl geben, weil ihr doch Partner seid! Das ist keine gute Voraussetzung für Nähe. Wenn du wie du schreibst Mitte 30 bist und Kinder hast, dann kann es einfach sein, dass sich, und das schon eine Weile, jemand von euch verändert hat und dadurch ergibt sich automatisch eine Veränderung der Beziehung. Vielleicht solltest du darüber mal nachdenken und vielleicht auch mit dem anderen reden! Da wären wir wieder am Beginn meiner Antwort.

Yeenn 
Fragesteller
 30.07.2012, 01:30

Mein Partner wußte von Beginn an, was für Probleme ich habe. Diese habe ich nie verschwiegen. Vermutlich ist er mit einer Art Selbstüberschätzung (?) an die Sache gegangen, daß er das schon hinbekommen wird. Ganz so leicht ist es aber leider nicht. Jedenfalls reden wir schon über diese Dinge.

Das ich körperliche Nähe nicht mag, war schon immer so, nicht nur ihn betreffend. Das fing mit der ersten Partnerschaft an und es spielte sich jedes mal das gleiche Spiel ab. Anfangs war alles okay und dann kam recht schnell der Punkt, wo es ätzend wurde. Ich habe bei zu viel Nähe abgeschaltet (innerlich) und es "über mich ergehen lassen". Beim ersten Freund hatte ich zusätzlich ein Problem mit dem "nein" sagen. Das mußte ich erst lernen.

Das ich Sex oder auch Nähe zulasse, obgleich ich nicht möchte ist in der Tat nicht sehr förderlich. Ich weiß das, aber andererseits habe ich ein ebenso schlechtes Gefühl, wenn Monate lang gar nichts läuft. Da hat mein Partner Recht, wenn er sagt, dies ist für ihn keine Beziehung, sondern wäre eher sowas wie eine Freundschaft.

Dann gibt es noch den Punkt, daß ich von meinem Partner verlange, daß er enthaltsam lebt, weil es mein Bedürfnis ist, Nähe zu vermeiden. Ja, meine Gedanken gehen dann schliesslich auch in die Richtung, daß ich eben auch mal etwas zulassen muß, was mir nicht viel Freude macht. Ihm macht die erzwungene Enthaltsamkeit ja auch keinen Spaß. - Das dieser Gedankengang nicht wirklich sinnvoll ist, weiß ich. Vielleicht ist er aber doch nicht vollkommen falsch.

Zum anderen setze ich mich meiner Angst (?) dann doch dann und wann aus, weil ich ja immerhin schon erfahren habe, daß es manchmal einen Punkt gibt, der einmal überschritten, für Entspannung sorgt. Wenn ich das öfter schaffen würde, so habe ich das Gefühl, gewöhnt sich mein Körper (oder mein Hirn?) an diese Situation. Wie soll ich das nur nennen? Aber etwas in mir lernt, daß keine Gefahr besteht. Das hat eine Weile schon recht gut funktioniert. Ob sich das ewig steigern kann oder letztendlich zum Zusammenbruch führt, kann ich nicht sagen. Durch eine Zwangspause (Schwangerschaft) befinden wir uns nun allerdings wieder am Ausgangspunkt. Ich hatte nun mehr oder weniger neun Monate "Ruhe", Baby wird größer und das Thema Sex steht wieder im Raum. Meine Ablehnung ist wieder so groß, was letztendlich auch der Auslöser war, daß ich dieses Thema hier eröffnet habe. Mir graust regelrecht vor "dem ersten mal", was wohl kommen wird. (und das, obwohl ich weiß, daß es nicht wirklich schlimm ist, daß ich es ja schon mal ein Stück weit geschafft habe es mit gutem Gefühl zuzulassen - mit anderen Worten, wir waren schon auf einem guten Weg, ich weiß aber nicht, ob ich es schaffe, ihn noch einmal zu beschreiten. Oder ob es nicht doch eine andere Alternative gibt).

Snanifo  30.07.2012, 15:02
@Yeenn

Es ist die Leidenschaft, die Leiden schafft! Vielleicht hast du einfach Angst davor, durch Leidenschaft angreifbar und verletzlich zu sein. Vielleicht schützt du dich vor dieser Verletzbarkeit durch Distanz. Ob das so ist, musst du selber entscheiden bzw. drüber nachdenken. Aber auf jeden Fall ist diese Distanz etwas, was dich als Person ausmacht. du kannst natürlich gegen deine innere Überzeugung dagegen angehen und gegen deine innere Überzeugung das zulassen, ob das gut für dich und andere ist, wage ich doch zu bezweifeln. Ich hätte Schwierigkeiten mit einer Frau, die "das alles" nur (mit gutem Gefühl) über sich ergehen lässt (weil es vielleicht so üblich ist?). Der eigene Wille und Wunsch dazu fehlt!

Vielleicht hast du einfach nicht den Partner gefunden, der diese Gefühle in dir erweckt. Du scheinst ja recht leicht an Partnerschaften zu kommen, aber Partnerschaften (auch das Annehmen des Anderen, wie er ist) klingt so nach rationaler Lebensplanung, nicht nach Zuneigung und gefühlsmäßiger Bindung, auch Liebe genannt. Ich glaube sogar, dass viele Paare so zusammenleben, auch wenn sie nicht so offen drüber sprechen und nachdenken wie du. Das bewundere ich. Von einem Freund habe ich mal den nachdenkenswerten Satz gehört: "Vielleicht wird die Bedeutung von Sex total überschätzt". Vielleicht brauchen das Männer zur Bestätigung ihrer Männlichkeit und Frauen setzen andere Prioritäten ("Männer" und "Frauen" als gesellschaftliches Produkt verstanden). Ich denke, du bräuchtest einfach Ruhe vor gebräuchlicher Nähe, um zu dir selber zu finden. Ist nicht ganz einfach, das zu realisieren. Um Vorschläge zu machen, kenne ich deine Verhältnisse zu wenig. Auf jeden Fall bedenke eines, du musst nicht nur den anderen offen ins Gesicht sehen können, sondern und vor allem auch dir!

Manchen Problemen kommt man nicht alleine auf die Spur. Ohne Therapie keine Gewissheit. Eine Therapie wäre schon sinnvoll, zumal du Probleme in der Partnerschaft hast.

Dich selbst zu betrügen, ihm also seine Kuscheleinheiten zu geben, ist keine Lösung. Irgendwann würdest du euch beide hassen.

LG PS: Einen Mißbrauch den man als Kind erlebt hat, kann man komplett vergessen (das tun Kinder um das Unfassbare zu verkraften). Ein Therapeut kann so etwas aufdecken. Ist es erstmal auf dem Tisch kommt die Verarbeitung. Ohne das geht es nicht, weil die Probleme z.B. in der Partnerschaft mit der Zeit wachsen, man selbst aber ahnungslos ist. Also, wenn du das Gefühl hast dich selbst nicht mehr zu kennen ist es an der Zeit einen Termin beim Onkel Doktor zu machen.

psychologische beratung