Wie wurden in der DDR mit Psychischen Störungen umgegangen, wie Schizophrenie, Autismus, usw?

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Lies einmal das Buch "Flucht in die Wolken" von Sybille Muthesius, noch im DDR-Verlag herausgekommen. Sie hatte eine sehr begabte, übersensible Tochter, die öfters mal gegen die Regeln verstieß und durch die ständigen Maßregelungen depressiv wurde. Damals wurde noch alles versucht, um sie wieder "normal", eingliederungs- und arbeitsfähig zu machen, bis hin zu Elektroschocks (diese alte Methode wurde noch sehr lange angewendet und war Teil der Psychiatrie, ich fürchte, auch im Westen). Es hat nicht funktioniert, das Mädchen nahm sich mit 18 das Leben. Damals (vor allem in den 80ern) gab es schon sehr engagierte Psychotherapeuten, z. B. Hans-Joachim Maaz. Nur das Leiden an der Mauer und an dem Eingesperrtsein durfte nicht thematisiert werden; man versuchte, sich damit auch psychisch zu arrangieren.

Was Autismus betraf: Davon las ich erstmalig in der Zeitschrift "Gesundheit" in den 80er Jahren. Zuvor hatte ich nie davon gehört. Die Erforschung dieser Störung steckte damals noch in den Kinderschuhen. Zudem nahm man an, die Betroffenen seien geistig behindert, die genialen Fähigkeiten einiger von ihnen (die zum Teil nicht einmal sprechen konnten) entdeckte man erst sehr viel später, als es die DDR schon nicht mehr gab.

Für körperlich und geistig Behinderte gab es Heime, die vor allem im Besitz der Kirche waren. Von einer Freundin weiß ich, dass vor allem die Beschäftigten in Einrichtungen für geistig Behinderte großzügig vom Staat entlohnt wurden (bei sozialen Einrichtungen beteiligte sich der Staat an der Finanzierung, auch wenn diese im Besitz der Kirche waren). Da diese Heime auch Unterstützung durch Partnergemeinden in Westdeutschland erhielten, waren sie oft besser ausgestattet als Einrichtungen, die sich in staatlicher Hand befanden ( wovon mir staatliche Einrichtungen erst aus den 80er Jahren bekannt sind, zuvor überließ man das der Inneren Mission. In den 50er Jahren versuchte man einmal, alle kirchlichen Heime zu enteignen. Die Zustände dort müssen danach eine Katastrophe gewesen sein, so dass man die Heime sehr schnell wieder zurückgegeben hat, weil man mit den Behinderten nicht zurechtkam). An diese Heime waren Werkstätten angeschlossen, so dass jene, die dazu in der Lage waren, sich auch etwas zuverdienen konnten. Bei der Betreuung und der Integration Behinderter hat die Kirche bzw. die Innere Mission Hervorragendes geleistet, und zwar von Anfang an. In das "sozialistische Menschenbild"  passten Behinderte nicht, und so wurde das Thema lange Zeit aus der Öffentlichkeit verdrängt.

Leider galten in der DDR Kinder mit Down-Syndrom nicht als bildungsfähig und wurden nicht eingeschult. Man brachte ihnen lediglich einfache Tätigkeiten bei, mit denen sie auch außerhalb der Heime ihren Lebensunterhalt verdienen konnten. Was nicht heißt, dass sie nicht auch Lesen und Schreiben gelernt hätten, wenn sie dazu in der Lage waren und jemand ihnen das beigebracht hat.

Sonderschulen gab es allgemein für lernschwache Kinder, die in der normalen Schule überfordert waren.

Dass es aber keine Diskriminierung gab, Kinder sich nicht über ihre Altersgenossen in der "Doofenschule" lustig gemacht hätten oder Eltern sich nicht für ihr behindertes Kind geschämt hätten, das kann ich nicht behaupten. Über dieses Thema wurde erst sehr spät offen geredet. Und von Mobbing Behinderter am Arbeitsplatz habe ich auch gehört, ein Antidiskriminierungsgesetz gab es noch nicht. Als sich ein leicht geistig Behinderter aus einem mir bekannten Heim das Leben nahm, weil er an seiner normalen Arbeitsstelle ständiger Ausnutzung seiner Gutmütigkeit und ansonsten Spott und Ausgrenzung ausgesetzt war (Menschen können sehr gemein sein), hat man seinen Bruder lieber in der Werkstatt im Heim behalten (das erzählten die Heimleiter). Dabei hätte dieser durchaus das Zeug dazu gehabt, in einem normalen Betrieb zu arbeiten, aber man wollte ihm derartige Kollegen nicht zumuten.

Allgemein zu sagen, dass Behinderte schlecht behandelt wurden, ist Quatsch, aber wie überall kam es auf die Menschen an, auf die sie trafen.



denkst du in der ddr lebten die wissenschaftler hinter mond? natürlich war autismus in der ddr bekannt. natürlich wurden autisten therapiert. psychisch kranke wurden behandelt, so wie heute auch. wer schwierigkeiten hat sich einzuordnen und nicht allein gelassen werden kann, der kommt auch heute in eine anstalt u. wird wenn nötig weg geschlossen. das war in der ddr nicht anders.

Lieber Tele5,
seit dem 20.06.2015 hat sich nichts an den Tatsachen, die du nun schon zum 2. Mal erfragst, geändert.
Deshalb stelle ich meine Antwort v. 21.05.2015 an dich noch einmal ein:

ADHS und Autismus waren in der DDR, wie damals übrigens auch in westlichen Ländern, kaum ein Thema, da diese Krankheiten noch erforscht wurden.

Körperlich und geistig behinderten Kindern  wurde im Rahmen ihrer Möglichkeiten eine  gewisse Bildung vermittelt, um ihnen einen Platz in der Gesellschaft zu geben. Dazu gab es Hilfsschulen  für lernbehinderte Kinder, Blinden-, Sehschwachen- und Schwerhörigenschulen  sowie Schulen für nervengeschädigte Kinder.

Jugendliche mit Downsyndrom wurden in speziellen Werkstätten geschult und mit einfachen handwerklichen Arbeiten betraut.
Schizophrene und Depressive wurden ebenso behandelt wie jetzt, je nach Schweregrad in geschlossenen Einrichtungen (Schizophrenie) oder medikamentös unter regelmäßiger ärztlicher Kontrolle.
Diese Menschen wurden nicht drangsaliert.
(Das habe ich noch hinzugesetzt). Oder bist du anders unterrichtet. Wenn ja, dann von wem?
Ich selbst hatte im Rahmen einer Erwachsenenbildung eine Kollegin, deren Schwester Als "Downsyndrom-Kind", und damals bereits über 40 Jahre alt, sehr gut rechnen, schreiben und lesen konnte und weitestgehend ihren Tagesablauf selbst bestimmte. Diskriminierung gab es nicht.

Utyos  21.09.2015, 20:43

Korrektur: Nicht seit dem 20.06.2015, sondern seit dem 20.05.2015...

Tele5 
Fragesteller
 21.09.2015, 23:26
@Utyos

Ich wollte stets nochmal eine Nummer sicher gehen, da eine Lehrerin am Montag den 22.06.15 meinte, dass behinderte schlecht dort behandelt wurden.

Utyos  22.09.2015, 10:37
@Tele5

So etwas Ähnliches hatte ich mir auch gedacht. Deine Lehrerin ist sicherlich nicht aus der DDR. Das würde erklären, weshalb sie es nicht besser weiß.