Welcher Weg zum Rettungspiloten?

4 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo,

beispielhaft für zwei Organisationen, den ADAC und die Rettungsflugwacht (DRF) kann man folgendes sagen:

Beide Organisationen nehmen nur fertig ausgebildete Piloten mit mindestens 1.500 Flugstunden. Die bekommst Du realistischer Weise in endlicher Zeit nur bei der Polizei oder bei der Bundeswehr (und auch hier wird an Flugstunden gespart).

Und natürlich sind auch die Copiloten voll ausgebildete Hubschrauberführer! Und alle modernen Rettungshubschrauber haben Doppelsteuer. Das zeigt ja ein Blick auf die geflogenen Muster.

Es gibt in der Berufsfliegerei keinen Crashkurs, um mal ein bisschen am Knüppel zu rühren! Das ergibt sich schon aus dem Gesetz, der EU-Verordnung 1178/2011, welche seit 08.04.2013 die alten JAR-FCLs 1 (Fläche), 2 (Hubschrauber) und 3 (Medical) ersetzt hat.

Die EU-VO kannst Du Dir von der LBA-Seite herunterladen. Da steht alles drin, was Du bezüglich Qualifikation wissen musst.

Arbeitsplätze gibt es nicht wie Sand am Meer. Am besten bei Fragen zu bestimmten Fakten fragt man immer direkt an der Quelle (Bitte immer noch das "http://www" davorsetzen):

.adac.de/infotestrat/adac-im-einsatz/luftrettung/kompetenz/flugbetrieb/default.aspx?ComponentId=53694&SourcePageId=53451

.drf-luftrettung.de/ausbilder.html

Beide haben eine Zulassung als TRTO, dürfen also Musterberechtigungen schulen für die Hubschraubertypen, die bei ihnen geflogen werden. Eine fliegerische Grundausbildung dürfen sie aber nicht durchführen, daher die schon geforderten 1.500 FHs Minimum mit Außenlandungserfahrung, IR-Berechtigung und Kenntnisse im Einsatz von NGVs (Night Vision Goggles - Nachtsichtbrillen).

Beim ADAC steht für Pilotenbewerber ein DLR-Test an. Und grundsätzlich musst Du als Berufspilot alle medizinischen Anforderungen für ein Medical der Klasse 1 erfüllen, die Du auch in der EU-VO findest.

Pilotenausbildung erfolgt also entweder privat mit Kosten im hohen fünf- oder niedrigen sechsstelligen Bereich. Da schaust Du einfach bei den verschiedenen Flugschulen nach. Alle Schulen in Europa bilden nach EU-VO aus, deshalb ist der Preis ein Hauptkriterium.

Der andere Weg ist eben der über Bw oder Polizei. Die Umschreibung einer ausländischen NICHT-EASA-Lizenz ist möglich, aber schwieriger als bisher, d. h., der Umweg über die USA lohnt sich nicht mehr unbedingt. Auch dazu gibt es Infos in der VO.

Technohunter 
Fragesteller
 15.05.2013, 23:08

OK, vielen Dank!

rudim1950  17.05.2013, 07:36
@Technohunter

Gerne, und danke für den Stern!

Mau00  15.05.2013, 23:20

Bist du dir wirklich sicher, dass im RTH beide vollwertig ausgebildete Piloten sind? Würde irgendwie keinen Sinn machen, da eigentlich jeder Pilot in der Luftrettung über ein Single Pilot IFR Rating verfügt und somit auch ganz gut allein fliegen kann.

Den Artikel der Luftrettung Hamburg hab ich mal auf die schnelle gefunden und da steht deutlich drin, dass der "Co" keine fliegerische Ausbildung hat.

Mau00  15.05.2013, 23:32
@Mau00

Jetzt hab ich grad mal auf der ADAC Homepage nachgeschaut und irgendwie haben wir beide Recht, denn da steht, dass die normale Besatzung aus Pilot, Notarzt und Rettungsassistent besteht und nur bei Windeneinsätzen ein zweiter Pilot mitfliegt. Aber zu nem Standartunfall fliegt nur ein Pilot.

rudim1950  16.05.2013, 07:42
@Mau00

Hi stimmt. Ich komme aus der Verkehrsfliegerei (bin aber kein Pilot) und kenne das Vorschriftenwesen zur Lizenzierung ganz gut. Aber trotzdem - oder gerade deswegen - besteht für mich eine Cockpitcrew immer aus 2 Personen. Und auch bei militärischen Hubschraubern ist das ja der Fall. Und ich wohne nur einige Hundert Meter von einer Wiese entfernt, die bei Unfällen auf der Bundesstraße als Landeplatz für Hubschrauber dient. Wenn ich dann zufällig mal dort vorbeifahre und der Hubi landet gerade, sehe ich Personen vorne sitzen und schließe messerscharf auf CPT und COP.

Also war mein Schluss: Zivile Fläche > 2 Mann, Militärhubschrauber > 2 Mann, => Rettungsheli > 2 Mann im Cockpit - und zwar immer.

Wenn man sich aber die Seiten genauer anschaut, gehen diese beiden angeführten Organisationen gar nicht explizit auf die Cockpitbesatzung ein, außer bei ihren Flächenflugzeugen zum Langstreckentransport.

Also lassen wir den Kapitän alleine fliegen und freuen uns, dass der Rettungsdienst so gut funktioniert.

Danke für die Info.

Mau00  16.05.2013, 12:50
@rudim1950

Ja funktioniert tut unser Rettungssystem ganz gut. Noch ein kleiner Einwand: Auch beim Militär sind es nicht immer 2 Piloten. Nimm mal den Eurocopter Tiger. Der hat nur Platz für 2 Personen und diese sitzen hintereinander. Der eine ist Pilot und der andere der Bordschütze und dieser hat nicht mal Steuerorgane drin. Somit gibt es auch beim Militär Ausnahmen.

Gruß Mau

rudim1950  16.05.2013, 14:51
@Mau00

Hi, stimmt auch wieder. Kampfhubschrauber spielten aber in meinen Überlegungen zum Rettungshelipiloten keine Rolle. Das ist eine andere Kategorie als z. B. auch bei der SeaKing oder dem NH90. Der Fragesteller will ja Leben retten und nicht zerstören.

Aber ich glaube, ich bleibe lieber bei der Fläche.

Also alles kann ich dir nicht beantworten, aber ein bisschen:

Die Piloten auf den Rettungshubschraubern sind meistens tatsächlich "nur" Piloten, allerdings ausnahmslos welche mit viel Berufserfahrung, die meisten kommen entweder von der Polizei oder von der Bundeswehr o.Ä. Allerdings ist der Hubschrauber ja noch mit einem Luftrettungsassistenten und einem Notarzt besetzt. Der Luftrettungsassistent hat die normale Rettungsassistentenausbildung und dann noch ne Weiterbildung. Da der Luftrettungsassistent auf dem Anflug zum Einsatzort auch als CoPilot dient, hat auch er einen Hubschrauberschein.

Das Gehalt dürfte sich nicht groß von dem eines RAs unterscheiden, also grob geschätzt max. 2000€ netto, wobei die neueren Verträge meistens wesentlich weniger Geld für die angestellten bringen. Angestellt sind die Luftrettungsassistenten entweder beim Betreiber des Hubschraubers (also z.B. ADAC) oder bei einer Hilfsorganisation die einen Vertrag mit dem Betreiber hat (in Frankfurt am Main ist es z.B. die Johanniter-Unfall-Hilfe).

An Arbeitsplätzen sieht es in Deutschland sehr schlecht aus. Es gibt genug Rettungsassistenten die gerne aufn Hubschrauber kommen würden aber im Hinblick auf die schlechten Arbeitsplatzchancen lassen ses gleich ganz bleiben.

Kurzum: wenn du es unbedingt werden willst, kannst du es sicher versuchen. Allzu große Chancen würde ich mir da an deiner Stelle aber nicht ausrechnen.

Technohunter 
Fragesteller
 15.05.2013, 22:18

Danke für die Antwort!

Noch ein paar Fragen: 1. Wie würde der Weg über die Polizei den ablaufen? 2. Wie lange dauert die Weiterbildung zum Luftrettungsassistenten? Mir scheint fast so, als ob der Luftrettungsassistent fast genau so viel gelernt hat wie der Pilot, da er ja auch den teuren Hubschrauberschein besitzt. Muss er irgentwie weniger lernen oder ist seine Ausbildung nicht so umständlich? Kann man als CoPilot auch die geforderte Erfahrung sammeln?

LG

Mau00  15.05.2013, 22:25
@Technohunter

Der Co bei den Rettungshubschraubern hat keine Lizenz und kann auch nicht fliegen. Der bekommt nen kleinen Crashkurs, damit er Funken kann und sich ein bisschen im Cockpit auskennt und das wars. Rettungshubschrauber haben oftmals nicht mal ein Doppelsteuer, so dass der Co von der linken Seite aus nicht mal fliegen könnte, selbst wenn er wollen würde.

Und der Weg über die Polizei ist noch schwieriger als es als Privatmann zu machen.

Technohunter 
Fragesteller
 15.05.2013, 22:30
@Mau00

1.In wie fern ist der Weg schwieriger? Braucht man Gymnasium und wenn welchen Abschluss? Körperliche Fähigkeiten? Welche Aufgaben erfüllt den der Pilot der Polizei?

  1. Was für Aufgaben ausßer Funken übernimmt den der Luftrettungsassistent?

LG

Mau00  15.05.2013, 22:41
@Technohunter

Du musst bei der Polizei erst mal genommen werden, dann dein 3-jähriges Studium an der Polizei FH machen zum normalen Polizeikommissar. Dann musst du das Auswahlverfahren der Hubschrauberstaffel des Landes schaffen und das EAV der Bundespolizei in Hangelar. Dann musst du die Fliefertauglichkeitsuntersuchung bestehen. Dann gehts 2 Jahre nach Hangelar zur Bundespolizei zur Ausbildung. Ist diese bestanden kommen noch fachspezifische Einweisungen wie Gebirgsflug, Wasserrettung, Lastenflug, Löschen, Windeneinweisung usw. Dann noch mal ein halbes Jahr Hangelar zur IFR Ausbildung und dann kannst du erst mit BIV anfangen. Bist du soweit bist vergehen mal locker 10 Jahre.

Und du kannst auch nicht einfach nach bestandener Ausbildung zur ADAC Luftrettung gehen, denn der Staat lässt sich sonst jeden Euro der Ausbildung (ca. 200.000€) wieder zurückzahlen.

Der Co im RTH funkt, drückt vielleicht noch ein paar andere Knöpfe auf Anweisung des Piloten und unterstützt ihn bei Navigation und bei anderen Tätigkeiten, wo er eben in seinem Rahmen helfen kann. Aber hauptsächlich ist er Rettungsassistent.

Mau00  15.05.2013, 22:29

Schöne Antwort, bis auf den Punkt, dass der Co im RTH über eine Lizenz verfügt. Das ist schlichtweg falsch. Sonst würden sie ja mit 2 Piloten fliegen. Denn entweder er hat eine Lizenz oder nicht. Es gibt kein Mittelding. Der Co bekommt nen Crashkurs und ne CRM Schulung und das wars.

Technohunter 
Fragesteller
 15.05.2013, 22:32
@Mau00

Wie viel kostet den die Ausbildung zum einsatzfähigen Piloten genau? 40.000, 60.000, 80 oder sogar noch mehr (also mit den nötigen Übungsstunden)?

Mau00  15.05.2013, 22:48
@Technohunter

Häng noch ne 0 dran, dann kommst du etwa hin. Bist du die nötigen Flugstunden und vor allem das richtige Typerating hast, also die Ausbildung auf genau diesem Hubschraubertyp, den du später fliegst bist du locker bei 600.000-800.000€! Der Schein auf ner Robinson ist nicht so teuer. Ca. 70.000€, aber dann darfst du eben nur Robinson fliegen und keine in der Luftrettung weit verbreitete EC-135. Dieser Typ kostet pro Flugstunde etwa 1500€ und zudem bietet es eigentlich keine Flugschule an diesen Typ zu fliegen, weil eine 2 Motorige einfach zu teuer ist. So und jetzt rechne die 1500€ (eh noch niedrig angesetzt) mal 500, weil so viel Stunden Erfahrung solltest du schon mitbringen, dann bist du bei 750.000€! Viel Spaß

Versuchs über die Bundeswehr, da hast du noch die besten Chancen

Technohunter 
Fragesteller
 15.05.2013, 23:06
@Mau00

Wie weit verbreiet ist den die Robinson Prozentual angegeben?

rudim1950  15.05.2013, 23:09
@Technohunter

Als Rettungshubschrauber praktisch gar nicht (in Deutschland).

Mau00  15.05.2013, 23:11
@Technohunter

Meinst du bei der Luftrettung? Gar nicht, weil die zu klein ist

rudim1950  15.05.2013, 23:17
@Mau00

Wo steht denn, dass Copiloten keine vollständige fliegerische Ausbildung bekommen? Das würde mich mal interessieren.

Und natürlich gibt es Hubschrauberflugschulen, die auf der EC-135 oder zumindest auf der EC-120 schulen. Und ADAC und DRF dürfen ja Typeratings durchführen, das ist also kein Problem.

Mau00  15.05.2013, 23:23
@rudim1950

Das muss ja nirgends stehen, damits so ist. Ein Pilot reicht auch vollkommen. Mag schon sein, dass es Flugschulen gibt, die ECs zur Schulung anbieten, aber bei den Preisen und den geforderten Stunden ist das nicht finanzierbar. Und sogar bei der Polizei sind die Flugtechniker (adereinst Copiloten) keine ausgebildeten Piloten. Sie besuchen zwar den selben Lehrgang, bekommen da aber keine einzige praktische Flugstunde.

sachlich123  16.05.2013, 21:55
@Mau00

Und weil RTH in Deutschland meines Wissens 2 Triebwerke brauchen. Deswegen wurden auch die ganzen Bo 105 gegen andere Hubschrauber ausgetauscht. Die R44 hat auch nur ein Triebwerk.

Technohunter 
Fragesteller
 16.05.2013, 22:43
@Mau00

Könnte es evt. sein, das CoPiloten "nur" den Schein haben, aber nicht die geforderten 1.500 Flugstunden?

Mau00  16.05.2013, 23:07
@Technohunter

Nein. Wie schon beschrieben ist es nur ein Pilot, ein Notarzt und ein Rettungsassistent mit dem besagtem Crashkurs. In speziellen Fällen (Windenbergungen) sind es 2 vollwertige Piloten.

Technohunter 
Fragesteller
 17.05.2013, 19:01
@Mau00

Und wie schwer ist es ein CoPilot zu werden? Ist das evt. eine realistisch Alternative zum Piloten? Und ist das Gehalt des Luftrettungsassistenten anders als das eines normalen Rettungsassistenten? Ich kann mir gut vorstellen, diese Alternative mehr nutzen möchten und so die Anforderungen und Qualifikationen sehr hoch bzw. die Stellen rar sind.

Als Privatmann kannst das vergessen. Außer dein Bankkonto ist im guten 6 stelligen Bereich gefüllt.