Rettungsdienst Einsatzablauf?

4 Antworten

Von Experte Nomex64 bestätigt

Puh...angesichts dieser Fragen behaupte ich einfach mal, das im Wachenpraktikum einiges schief gelaufen ist - oder nicht gemacht wurde.

Um es vorneweg zu nehmen: die Verfahrensweisen unterscheiden sich nicht nur von Bundesland zu Bundesland, sondern auch von Rettungsdienstbereich zu Rettungsdienstbereich und sogar von Klinik zu Klinik.

Ein pauschales "So ist es und nicht anders" gibt es demnach nicht - ergo: Du wirst zwangsläufig nachfragen müssen, wie die Verfahren bei Dir vor Ort geregelt sind.

 Woher weiß ich in welches Kh ich muss

Wie findet man bei einem KTW-Primäreinsatz das richtige Krankenhaus? Das Verfahren ist in der Notfallrettung per se genau das Gleiche.

Was braucht der Patient (Fachrichtung)? Wo ist Platz (Kapazität)? Wo will der Patient hin? Was ist am nächstgelegenen?

guckt man das auf einer Liste nach

Die örtliche Klinikstruktur muss auch ein Rettungssanitäter auswendig können.

Gebe ich die Adresse dann ins Navi ein oder ist da schon was ,,voreingegeben‘‘?

Abhängig von den System, das verwendet wird. Zum Teil wird die Navigation automatisch nach Drücken des Status 7 gestartet (wenn Zielklinik bekannt), zum Teil sind die Kliniken als POI hinterlegt und müssen nur ausgewählt werden, zum Teil muss man die Adresse "händisch" eingeben. Alles möglich.

Und vorallem (das habe ich leider nie verstanden) mit WEM telefoniert man WANN???

Lokale Regelung. Teilweise laufen Voranmeldungen und Kapazitätsabfrage über die Leitstelle, zum Teil über Online-Programme wie IVENA oder IG-NRW, zum Teil ruft man in den Kliniken selbst an.

Mit wem?

Lokale Regelung - und abhängig davon, weshalb man anruft. Zum Teil ist es das Pflegepersonal der ZNA, zum Teil der diensthabende Arzt der jeweiligen Fachabteilung, zum Teil Notfall-/Schockraumkoordinatoren.

Wann?

Ebenfalls lokale Regelung - manche Kliniken wollen grundsätzlich bei jedem Patienten eine Voranmeldung, andere nur bei speziellen Erkrankungen/Verletzungen, bei hohem Ressourcenaufwand oder zeitkritischen Patienten (z.B. Schockraum, Stroke Unit, HKL, Intensivpflichtigkeit, ...).

Fazit

Du solltest dich dringend mit den Verfahrensweisen "bei dir vor der Haustür" auseinandersetzen und die Klinikstruktur mit den entsprechenden Fachabteilungen verinnerlichen - und zwar, bevor Du mit dem RTW bei einem Patienten stehst, wo keine Zeit für ausschweifende Erklärungen vorhanden ist.

Die örtliche Organisation des Rettungsdienstes ist auch ein Lernziel des Wachenpraktikums - und da darf man den zuständigen Praxisanleiter auch mal auf die Finger klopfen...

LG

Ähm, meines Wissens nach muss man als RS 160h Praktikum in der Notfallrettung machen, hast du die übersprungen?

Die genauen Verfahren sind überall anders.

Für die Wahl des Zielortes gibt es verschiedene Faktoren:

-wo ist der Patient bekannt?

-wo will der Patient hin?

-welche Fachrichtung benötigt das Erkrankungsbild/Verletzungsmuster?

-ist die Fachrichtung verfügbar in dem gewünschten Haus?

-ist der Patient zu isolieren?

Wir haben diese Listen mit den Fachrichtungen, die man aber nach einigen Monaten im Kopf hat.

Im Prinzip ist das, wie alles im RD gemeinschaftliche Arbeit, nicht "der Transportführer entscheidet". Man spricht darüber.

Ja, du kannst die Adresse eingeben (Achtung: Anschrift =/= Krankenwageneinfahrt) oder du weißt die Strecke auswendig. Besser Navi nutzen als sich zu verfahren.

Du telefonierst mit der entsprechenden Stelle im Krankenhaus (Pflegekraft in der NFA, sog. Koordinator oder entsprechende ärztliche Stelle) wenn es laut der vor Ort geltenden Verfahren notwendig ist. Es gibt Städte in denen jeder Patient in der NFA angekündigt wird, ich kenne das nur für kritische Patienten, Patienten, die eine ganz spezielle Behandlung benötigen oder wenn das Haus in der entsprechenden Fachrichtung abgemeldet ist. Bei Einsätzen mit NA macht das der NA als Einsatzleiter.

Die Bettenkapazität hat man früher über die Leitstelle erfragt, heute geht das alles online, wir nutzen hier das sog. IG-NRW, eine simple Website, die jeder auf dem Handy gespeichert hat und wählen damit das dementsprechende Haus aus.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
hannah767 
Fragesteller
 02.05.2021, 14:43

Danke dir für die ausführliche Antwort!! 😊

hannah767 
Fragesteller
 02.05.2021, 14:51

Dh zusammengefasst ich schau im Team welches Kh am besten zum Pat passt und fahre einfach dort hin. Rufe nur beim Kh an wenn es nötig ist, richtig? Leitstelle hält sich bzgl. dessen komplett raus?

Zu deiner obigen Frage: ja doch ich hatte auch Rtw Praktikum.. habe nur leider selbst nie telefoniert oder groß mitbekommen wie es geht sondern geholfen den Pat für den Transport fertig zu machen. War jetzt im Nachhinein ein bisschen blöd von mir, aber gut, hoffe das ich diese ,,organisatorischen Dinge‘‘ gut bei der Einweisung auffassen kann.

iwaniwanowitsch  02.05.2021, 15:08
@hannah767

Richtig. Außer einige "ganz besondere Spezialisten" handhaben alle die Tätigkeiten im Rettungsdienst als Teamarbeit.

Ja, bei uns ist das so üblich, nur Patienten, die "etwas besonderes" sind, anzumelden. Als grobe Richtlinie, gilt, alles was man mit Licht zum Krankenhaus fährt (und zB Isolationspatienten).

Jep. Da hat die Leitstelle nicht mit zu tun, warum auch, ne? Ich bin vor Ort, habe alle Informationen, also spreche ich auch mit dem Ansprechpartner im Krankenhaus. Dieses altertümliche System "Anmeldung über drei Ecken" dauert viel zu lange, die Hälfte geht verloren oder wird verfälscht und die Disponenten habe auch einfach andere Dinge zu tun, die sollen Notrufe annehmen und disponieren.

Joa, dafür ist ein Praktikum ja da, aber gut, alles kann man auch nicht mitbekommen und sich merken. Lernst du alles rechtzeitig, du hast ja auch noch eine Einarbeitung usw.

Das ist von Ort zu Ort verschieden. In manchen Bundesländern erfolgt die Zielvorgabe über die Leitstelle, da sind dann manchmal gar keine Telefonate mehr nötig, oft sucht man das Ziel nach Bedürfnissen des Patienten aus und meldet dann im Ktankenhaus an. Wie auch immer es läuft, dunwirst es bei Antritt deiner Stelle lernen. Grundsätzlich allgemeingültige Regeln gibt es da nicht

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
Woher weiß ich in welches Kh ich muss

Das sagt die Leitstelle dir, wo ihr anfahren müsst.

mit WEM telefoniert man WANN???

Du telefonierst gar nicht. Wenn du den Funk meinst, dann mit der Leitstelle

iwaniwanowitsch  02.05.2021, 12:52

Ich würde fast mal behaupten, wenn sie "telefonieren" schreibt, meint sie das auch. Muss jeder Mal, nicht nur der Transportführer. Neue Kollegen sollten auch mal Anmeldungen (sowie den anderen "Transportführer-Job" selbst machen.

RedPanther  02.05.2021, 13:21

Vorsicht! Sowas ist regional stark unterschiedlich.

Ich kenne es zum Beispiel (aus zwei Rettungsdienstbereichen) nur so, dass der Transportführer über die Zielklinik entscheidet. Die Leitstelle gibt bei dieser Entscheidung nur Hilfeleistung, indem sie ggf. über die Belegung von Schockräumen oder die Verfügbarkeit von Fachabteilungen in fremden Kliniken informiert.

Und dementsprechend meldet dann auch er Transportführer seinen Patienten in der Zielklinik an, bzw. ruft an "kann ich euch diesen Patient bringen". Und diese Aufgabe kann er natürlich auch an seinen Fahrer delegieren, wenn z.B. noch Überzeugungsarbeit beim Patienten geleistet werden muss.

Ehrlich gesagt wüsste ich "auf dem Lande" auch nicht, warum die Leitstelle diese Aufgaben übernehmen sollte. Der Umweg macht Fehlkommunikation wahrscheinlicher und belastet die Leitstelle mit mehr Aufgaben. So ein Telefonat, in dem man den Arzt überredet sich für einen unangenehmen und schwierigen Fall zuständig zu fühlen, kann ja durchaus mal 5 Minuten dauern.

Wenn du Berufsfeuerwehrmann bist, könnte ich mir vorstellen dass du in einer Metropole mit vielen Kliniken tätig bist. Da kann es ggf. Sinn machen, dass die Leitstelle koordiniert, wann wie viele Patienten in welche Klinik gebracht werden. Da sind das aber wahrscheinlich auch Kliniken, in denen jede erdenkliche Art von "Extremitätentrauma" adäquat versorgt werden kann und man nicht erst mit dem diensthabenden Chirurgen abklären muss, ob er persönlich eine (mutmaßliche) Sprunggelenksfraktur versorgen kann oder ob man an seiner Klinik vorbei in die nächst größere fahren muss.

iwaniwanowitsch  02.05.2021, 16:12
@RedPanther

Auch bei uns in der Großstadt macht das keinen Sinn. Eben aus den von die genannten Contra-Punkten. Dann kommt beim dritten Gesprächspartner nur Schrott an. In einem Punkt gebe ich dir Recht: die Auslastung der Kliniken würde besser verteilt. Wir stehen hier teilweise mit fünf RTWs beim Maximalversorger auf der Matte plus die üblichen "Gäste" von auswärts mit ihren Verlegungen. Aber bei dem Anrufaufkommen in der Großstadtleitstelle würden die das glaube ich, selbst wenn sie es wollten, kaum hinbekommen, auch noch Krankenhäuser zu disponieren. Es gibt den ein oder anderen Disponenten, der darauf achtet, aber das sind echte Ausreißer.

Eben, solche "kleinen Traumata" meldet hier auch keiner an.

In unserer Nachbarstadt hingegen sind die RICHTIG angesickt, wenn du da einfach so auf der Matte stehst, die wollen jeden Patienten vorher angekündigt haben. Macht aber kaum einer, weil: Je mehr du anmeldest, um so mehr können die ablehnen.

RedPanther  02.05.2021, 16:29
@iwaniwanowitsch
Auch bei uns in der Großstadt macht das keinen Sinn.

Hehe ;)

Macht aber kaum einer, weil: Je mehr du anmeldest, um so mehr können die ablehnen.

Ich kenne es eher so, dass sich mit dem Argument "wenn er privat in die Notaufnahme käme, würdest du es auch erstmal anschauen" durchaus auch mal ein Arzt überredet werden kann, sich den Fall erstmal anzuschauen.

Zum Beispiel bei den Schülerinnen, die ja ganz gerne mal umkippen. Die machen ganz schön große Augen, wenn man ihnen sagt "u18 darf der Internist in der örtlichen Klinik offiziell nicht. Die nächste Kinderklinik ist 40 km entfernt". Dann rufst halt schnell in der Dorfklinik an und drückst Daumen dass einer der alten Bekannten Dienst hat, der ebenfalls der Meinung ist, dass bei einer 16jährigen keine pädiatrischen Kompetenzen mehr gefragt sind.

Oder auch "Wir kommen mit dem RTW in die Liegendeinfahrt und du schaust dir den Fuß mal an. Dann können wir ja immer noch weiterfahren".

Wenn's klappt, ist der RTW nicht so lange blockiert und der Patient glücklich, in der persönlichen, angenehmen Atmosphäre des kleinen Krankenhauses (und nahe am Wohnort) sein zu dürfen. Finde ich strategisch sinnvoll.

iwaniwanowitsch  02.05.2021, 16:33
@RedPanther

ist auch so! Kleiner Dienstweg macht oftmals mehr Sinn.

Probsteier  02.05.2021, 15:51

Einfach FALSCH