Kurznarkose gegen eigenen Willen?

6 Antworten

Hi,

Darf ein Notarzt  gegen den Willen, ohne einen Anästhesisten und ohne Aufklärung des Patientens eine Kurznarkose durchführen, wenn dieser einen stabilen Zustand hat und noch ganz bei Bewusstsein ist?

Ohne Anästhesisten - ja.

Davon abgesehen, dass die meisten Notärzte ohnehin Anästhesisten sind, werden solche Maßnahmen in Rahmen der Zusatzbezeichnung "Notfallmedizin" erlernt.

Ohne Aufklärung - jein.

Auf eine Aufklärung kann nur verzichtet werden, wenn die Maßnahme eine entsprechende Dringlichkeit hat - oder der Patient explizit auf eine Aufklärung verzichtet.

Gegen den Willen - zumindest in dem Fall, wie er geschildert wurde, nein.

Ein aufgeklärter und einwilligungsfähiger Patient kann prinzipiell mal jede medizinische Maßnahme wirksam ablehnen. Daran hat sich das medizinische Personal auch zu halten - alles andere wäre strafbar (§ 223 StGB).

Und da ist dann irgendwo der Knackpunkt, über den man diskutieren muss - wenn man keine Behandlung nach "State-of-the-Art" wünscht, warum ruft man den Rettungsdienst? Wenn die Schmerzen derart massiv sind, warum möchte man keine adäquate Therapie - die bei einer Schulterluxation eben die Reposition unter Kurznarkose ist?

Insofern ist die Frage, ob ein Patient unter entsprechenden Schmerzen überhaupt einwilligungsfähig ist, durchaus berechtigt. Der Notarzt ist wohl von einem "Nein" ausgegangen - und das kann man ihn auch nicht unbedingt ankreiden.

Fazit

Die Behandlung war in diesem Fall wohl nicht besonders patientenorientiert (was so nicht sein sollte), rechtlich bewegt sie sich zumindest in einem massiven Graubereich.

LG

Luko777 
Fragesteller
 01.08.2020, 13:32

Sehr hilfreiche Antwort @saniontheroad danke!

So wie du das schilderst habe ich mir das auch gedacht.
Den Rettungsdienst habe ich nicht nur wegen den Schmerzen gerufen sondern auch weil ich keine andere Möglichkeit hatte ins Krankenhaus zu fahren, mein lokaler Hausarzt keine Befugnis dafür hatte, ich etwas bleich im Gesicht geworden bin und weil ich mir dachte, die werden des Ding hier vor Ort kurz Wieder einrenken.

Also ich werde mir jetzt überlegen ob ich dagegen rechtlich vorgehe oder nicht. Einerseits bin ich froh das wir solche Menschen haben die diesen Beruf ausüben und man Hilfe bekommt wenn man sie braucht. Anderseits geht es finde ich garnicht wenn man gegen den Willen des Patienten(deren Werte völlig stabil sind und er vollkommen ansprechbar und zurechnungsfähig ist) handelt.

Noch angemerkt sei das ein Freund von mir die Rettungsmannschaft fragte ob eine Anästhesie notwendig ist und er genau diese Antwort bekam: "nein, aber der Herr **** liebt es Narkosen zu spritzen" das habe ich leider nicht mehr mitbekommen da ich da schon "weg" war.

nochmal danke. LG

SaniOnTheRoad  01.08.2020, 13:57
@Luko777
Also ich werde mir jetzt überlegen ob ich dagegen rechtlich vorgehe oder nicht.

Erfahrung meinerseits: auf dem außergerichtlichen Wege gibt es meist einfachere wie auch zielführendere Lösungen und einen sinnvolleren Diskurs.

Das heißt: bevor großartig geklagt wird - Beschwerde bei der Stelle einreichen, wo das Problem liegt. Das ist in diesem Falle primär die Klinik, welche den Notarzt gestellt hat. Schriftliche Beschwerde und um Stellungnahme bitten.

Ferner kommt natürlich auch eine Beschwerde bei der für den Rettungsdienst zuständigen Aufsichtsbehörde (i.d.R. Kreisverwaltung/Landratsamt; dortiger Ärztlicher Leiter Rettungsdienst) in Betracht.

Das hilft am Ende meist wesentlich mehr, Fehler zu erkennen (und zu beheben) als eine Klage.

Dort wird letztendlich nur festgestellt: Straftatbestand erfüllt oder nicht, Rechtfertigungsgründe ja oder nein, schuldig oder nicht schuldig.

Und bei der leider nicht immer glasklaren Juristerei sind die Ergebnisse oft ernüchternd. Ich verweise einfach mal auf das Beispiel von Rollerfreake mit der "Einwilligung durch konkludente Handlung".

Luko777 
Fragesteller
 01.08.2020, 14:29
@SaniOnTheRoad

@saniontheroad dickes danke für deine sehr aufschlussreichen und zeitaufwendigen antworten!

So wie du sagst, ich glaube auch das die Ergebnisse bei sowas oft sehr ernüchternd ausfallen und es sehr schwierig ist dagegen anzukommen da so viele Faktoren berücksichtigt werden müssen usw.

Ich werde nochmal darüber schlafen und überlegen ob ich das dann so mache. Liebe Grüße

Grundsätzlich darfst du in Deutschland jede medizinische Leistung ablehnen. Jedoch ist es im Rettungsdienst oftmals so, dass man etwas am Patienten durchführen möchte, und dass dann auch oftmals so durchsetzt. Da muss der Patient schon wirklich sehr laut werden, damit sein Nein Gehör findet. Das ist nicht wirklich schön, ist aber dem geschuldet, dass man im Rettungsdienst meistens nicht viele Alternativen hat, um eine Behandlung zu beginnen, vielleicht stand dem Notarzt dein gewünschtes Medikament nicht zur Verfügung. Aber trotzdem bleibt jeder nicht zugestimmter Eingriff eine Körperverletzung.

Blutentnahme ist in manchen Rettungsdienstbereichen normal, sobald ein Zugang gelegt wird. Das Blut wird dann in der Klinik abgegeben und in deren Labor untersucht. Die einzelnen Röhrchen sind für unterschiedliche Tests des Blutes. Ob das bei einer ausgekugelten Schulter wirklich sinnhaft ist eine andere Frage, aber es ist eben oftmals Standard.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung
Luko777 
Fragesteller
 01.08.2020, 13:55

Danke @carli96 für deine Antwort.

dachte mir auch das ich echt noch lauter hätte sein müssen. Ich dachte einfach das meine Entscheidung respektiert wird, da ich nachdem ich zum wiederholten Mal sagte das ich das wirklich nicht möchte, ich keine richtige Antwort erhalte habe. Ich glaube das man das aber in diesem Moment der Schmerzen auch etwas ausblendet und man natürlich will das einem geholfen wird. Das wird leider manchmal ausgenutzt.

nochmal danke. LG

Zu der rechtlichen Sache mit Patienteneinwilligung und -Ablehnung wurde schon genug gesagt. Auch darüber, dass Notärzte oftmals Anästhesisten sind - und wenn nicht, dass dann eine Narkose trotzdem zum normalen notärztlichen Aufgabenkathalog gehört, die ein Arzt (auch z.B. ein Internist) beherrschen muss, um sich Notarzt nennen und als solcher eingesetzt werden zu dürfen.

Was dabei zu beachten ist: Ein Notarzt kann nicht wissen, was andere Notärzte vor ihm mit dir für Erfahrungen gemacht haben. Er kann nur auf seinen eigenen Erfahrungssschatz und medizinische Erfahrungsberichte zurückgreifen. Es ist schön, wenn deine Schulter bisher ohne Kurznarkose eingerenkt werden konnte - das ist aber doch eher selten und wenn der Notarzt gute Erfahrungen mit der Kurznarkose gemacht und vermittelt bekommen hat, ist nachvollziehbar, dass das von dir gewünschte Verfahren aus seiner Sicht ein Experiment gegen die Erfahrung wäre - es ist aber nicht seine Aufgabe, Experimente durchzuführen.

Der Gedächtnisverlust ist eine Nebenwirkung eines der üblichen Medikamente, die zur Kurznarkose verwendet werden. Es bewirkt eine sogenannte anterograde Amnesie, d.h. du vergisst das, was nach Wirkeintritt des Medikaments stattgefunden hat. Wenn man dieses Medikament adäquat dosiert, könnte man dir auch die Schulter ohne jede Schmerzlinderung einrenken und du würdest dich hinterher nicht an diese Erfahrung erinnern. Obwohl du bei vollem Bewusstsein warst. Daher sei mir bitte auch erlaubt zu sagen: Diese Kurznarkose geht wirklich sehr kurz. Du warst sehr wahrscheinlich schon auf dem Weg Richtung Klinik wieder wach - wirst dich daran aber eben nie erinnern.

Die Blutentnahme ist bei uns eine Serviceleistung für Klink und Patient. Richtig, für die Notfallsituation im Rettungswagen bringt das keinen Vorteil. Aber es wäre blöd, die Blutentnahme erst in der Klinik durchzuführen - einmal müsste man dich nochmal stechen (keine Blutabnahme durch eine Nadel, durch die der Patient schon etwas bekommen hat) und außerdem würden die Medikamente, die du bekommen hast, die Werte verfälschen - und wenn, dann sind ja die Werte vor der Behandlung interessant. Deshalb nehmen wir uns bei unkritischen Patienten bei der Anlage des Venenzugangs kurz die zwei Minuten für die Blutabnahme. In der Klinik wird man meist sehr früh gefragt "habt ihr Blut?" und schief angeschaut, wenn man nein sagt.

Drei "Röhrchen" (eigentlich Monovetten) sind es deshalb, weil manche Substanzen, die die Gerinnung in den Röhrchen verhindern, die Laborwerte verfälschen. Man stelle sich mal vor, man wollte bestimmen, wie gut dein Blut gerinnt, und nähme dafür das Blut aus einem Laborröhrchen, das Heparin enthielt um das Blut am Gerinnen zu hindern. Für andere Untersuchungen braucht man aber flüssiges Blut, muss es also am Gerinnen hindern. Macht man das mit Heparin, kann man deine Leberwerte nicht bestimmen (Heparin ist ein Stoff aus der Leber) - macht man es mit Citrat, kann man natürlich keinen Citratwert mehr bestimmen. Also macht man beides und macht aus dem Heparin-Röhrchen die Citratbestimmung und aus dem Citratröhrchen die Bestimmung der Leberenzyme. Und schon bist du bei drei Röhrchen: Eines ohne Gerinnungshemmer, eines mit Heparin und eines mit Citrat.

Für spezielle Untersuchungen gibt es übrigens nochmal andere Röhrchen, die andere Substanzen erhalten, um das Blut vorzubereiten. Zum Beispiel nehmen wir bei Schwerverletzten eine Monovette ab, die zur Kreuzblutbestimmung gedacht ist, d.h. man kann mit dem Blut dann testen, welche Blutgruppe der Patient hat und ob die Blutkonserve, die man ihm geben möchte, kompatibel ist.

Meinem Bekannten ist es auch so ergangen. Die Frage ist, hast du eine Sdierung bekommen oder eine Narkose? Laut Patientenrechtegesetz von 2013 (§ 223) war dies eine Körperverletzung und mit einem oder zwei Zeugen hast du gute Karten. Einige Ärzte legen ihre Befugnisse im Rettungsdienst sehr großzügig aus und lügen auch manchmal danach oder im KH wenn sie den Patienten abgeben, damit ihnen keiner ans Zeug kann.

Du warst bei vollem Bewusstsein? Deine Vital-werte waren im Normbereich? Du hast deinen Willen verständlich geäußert? Du hast nicht vor Schmerzen geschrien? Du hast keine Anzeichen einer geistigen Beeinträchtigung gehabt? Dann wollte der Notarzt auf deine Kosten zeigen was er kann bzw. was er drauf hat.

Immer mehr Menschen werden aggressiv gegen über der Polizei und dem Personal im Rettungsdienst, weil sie nicht ernst genommen werden und über ihre Köpfe hinweg entschieden wird. Das ist laut Grundgesetz verboten. Es sei denn die Personen haben gerade eine Straftat begangen.

Dein Notfallarzt wollte wahrscheinlich alles abrechnen was geht, damit die Kasse stimmt. Denn die Krankenkassen fragen bei der Notfallversorgung nie nach ob dies nötig war, sondern zahlen alles. Egal ob du Desfluran, Popofol oder ein anderes Sedativum bekommen hast. Es ist nicht gut fürs Gehirn.

Studien haben ergeben, dass bei Kindern die eine Allgemeinanästhesie bekommen haben danach der Notendurchschnitt sinkt. Ich hoffe du willst nicht studieren. Denn da brauchst du deine 100% Hirnleistung.

Weil in Deutschland mit Operationen bzw. Narkosen viel Geld verdient wird, wird immer behauptet, eine Narkose ist heutzutage nicht mehr gefährlich. Stimmt aber nicht. Mittlerweile streiten das einige Ärzte auch nicht mehr ab.

Leider bekommen die Notärzte fast immer Recht. Das wissen sie auch. Nur heutzutage müssen sie vorsichtiger sein. Denn immer mehr Menschen haben ein Video auf ihrem Handy welches das Gegenteil beweist bzw. die Lügen enttarnt. LG

Luko777 
Fragesteller
 02.08.2020, 16:34

@ede45 es war mit sehr großer Wahrscheinlichkeit eine Narkose, kurz nachdem mir das Mittel verabreicht worden ist, bat der Arzt seine Kollegen jetzt um Ruhe. Danach weiß ich nichts mehr. Im Krankenhaus bin ich dann wieder Aufgewacht und langsam wieder zu mir gekommen.

Da hast du recht, aber tatsächlich möchte ich garnicht gegenüber Rettungsdiensten oder der Polizei laut werden oder Ähnliches, da es genug Menschen gibt die keinen Respekt vor Ihnen haben und die es oft sehr schwer mit solchen Leuten haben. Im Gegenzug erwarte ich aber dann auch das ich und meine Entscheidungen ebenso respektiert werden. Denn so wie du sagst alles andere wäre eine Straftat.

Meine Werte waren wirklich zu jeder Zeit immer im Grünen Bereich, ich fragte die Sanitäter auch nach jeder Kontrolle ob das so passt usw. und bisschen kenn ich mich ja auch selber aus. Nein ich habe nicht vor Schmerzen geschrien oder Ähnliches, wenn man nur in mein Gesicht sehen würde, Mit mir reden würde zu diesem Moment, würde man denken er ist nur etwas bleich aber sonst passt alles.

nein fürs Gehirn ist keines der Mittel gut da bin ich völlig deiner Meinung.

Das stimmt, die Ärzte zu enttarnen kann sehr schwierig sein. Wenn aber alleine schon eine schriftliche Beschwerde zu diesem Arzt vordringt, wird er sich beim nächsten mal vielleicht zweimal überlegen ob er über dem Kopf des Patienten entscheidet. Oder wenn er bereits des Öfteren mit solchen negativen Aktionen aufgefallen war, könnte so eine Beschwerde auch schon helfen. Deswegen werde ich da was machen.

Danke für deine Antwort. LG

ede45  02.08.2020, 18:11
@Luko777

Danke! Du hast Recht. Eine Beschwerde könnte etwas bewirken, wenn der Arzt schon mehrfach aufgefallen ist.

Aber eine Anzeige wäre für den Arzt ein deutlicher Warnschuss. Denn du musst wissen, dass auch bei einer Anzeige dem Arzt nicht viel passieren kann bzw. passiert.

Auch wenn du Polizisten anzeigst passiert nicht viel, außer dass man ihm sagen wird, er solle beim nächsten Mal etwas vorsichtiger sein. Wenn in Deutschland zwei Polizisten dass Selbe aussagen, hast du keine Chance. Auch wenn sie lügen. So ist das nun Mal. Du brauchst ein Video als Beweis.

Nun zum anderen Thema! Ich glaube, du weißt nicht so richtig, was eine Sedierung bedeuten kann. Für den Patienten kann es sich genauso anfühlen wie eine Narkose. Also mit Gedächtnisverlust, Benommenheit usw. Das wissen die wenigsten, es sei denn, man hat medizinische Kenntnisse.

Ich würde mich an deiner Stelle vorher erkundigen was es war bevor du eine Beschwerde oder Anzeige aufgibst, damit du nicht ausgelacht wirst und der Arzt leichtes Spiel mit dir hat.

Kurz gesagt bekommst du bei einer Narkose drei Medikamente und musst (intubiert) künstlich beatmet werden.

Bei einer Sedierung bekommst du ein Hypnotikum evtl. mit einem Schmerzmittel und schläfst ein so wie bei einer Darmspiegelung. Du atmest aber selbständig weiter und musst nicht künstlich beatmet werden. Es kommt dir aber wie eine Narkose vor und hast auch einen Filmriss. Wenn es nur eine ganz schwache Sedierung ist, schläfst du nicht ein bist aber benommen. LG

solange du nicht so wirkst, als wärst du voll da, dann kannst du nicht entscheiden.

der arzt will doch nur dir nicht weh tun.

er weiss er hat die mittel es ohne schmerzen und risiko zu machen.

eine örtliche narkose ist risikoreich. die machen viel lieber ne vollnrakose. da ich das bein operiert bekommen habe, weiss ich das.

ist doch alles nix böses.

edit: sag hier nicht deinen echten namen, gruss ;)

Luko777 
Fragesteller
 01.08.2020, 04:19

@striksad danke für deine Antwort aber das weiß ich doch. Trozdem, für was eine gefährlichere Kurznarkose, bei der Komplikationen entstehen können und die ich noch paar Tage spüren werde, wenn es doch so gut geklappt hat bei den letzten malen als ich nur Schmerzmittel bekommen habe?

Striksad  01.08.2020, 04:56
@Luko777

dann ist die frage, warum keine vollnarkose? ist da eine angst davor vorhanden?

Wenn ja musst du das dem arzt sagen, sonst, denkt der sich: egal^^

Luko777 
Fragesteller
 01.08.2020, 13:14
@Striksad

Ja die Angst davor ist bei mir auch da und ich denke mir einfach das eine Narkose viel schädlicher für den Körper ist als ein starkes Schmerzmittel.