Dressursitz verbessern, Bügellänge?

3 Antworten

Spontan: für mich sieht das ein bisserl nach Stuhlsitz aus und beim zweiten Bild bist du etwas zu tief im Bügel. Der gehört unter den Ballen, denn nur dann kann die Ferse nah unten wegfedern (ganz wichtig, wenn man den Trab aussitzt). Dazu bitt'schön: Pfötchen stellen! Du hast in beiden Bildern eine verdeckte Faust. Die Faust steht aber aufrecht in gerade Linie zum Ellbogen und mit den Daumen dachförmig obendrauf. Ist ganz wichtig, weil sich auch da ein "Federeffekt" ergeben muss.
Ansonsten lässt sich Sitz am besten an der Longe korrigieren - und da dann ohne Bügel. Dabei braucht man jemand, der immer wieder auf die Basis des Sitzes achtet (nämlich, dass man tatsächlich auf den beiden Gesäßknochen sitzt. Oder, wie eine Reitlehrerin mir sehr bildhaft erklärt: sieh die Gesäßknochen als eine Art "Stecker", die du in den Sattel steckst und mit denen Du Dich mit ihm verbindest) - dann fallen einem die Beine schon richtig hin und strecken sich so weit, wie es eben passt und anatomisch möglich ist.
Aber mach Dich nicht zu sehr verrückt und vor allem: Verkrampf Dich nicht! Man sieht immer wieder Reiter, die auf den ersten Blick gut aussehen, auf den zweiten erkennt man aber, dass die Leute "hingesetzt" und darin krampfig sind. Das ist für Ross und Reiter unangenehm. Also bitte locker bleiben (kleiner Tipp: Lass dich von jemanden, dem du vertraust, an die Longe nehmen und schließ' mal für ein paar Runden die Augen. Dabei sitzt du "passiv" - du sollst in der Pose nur fühlen, wie das Pferd dich in seine Bewegung mitnimmt. Auf die Art kannst Du selbst einen mit ganz großer Übersetzung sitzen - und es fühlt sich einfach gut an, wenn man nicht versucht, gegen diese Bewegung irgendwie krampfig anzusitzen, sondern sich mitnehmen lässt). Und was das angeht, hat mir ein alter, englischer Freund weiter gebracht. Wann immer der mitbekam, dass ich im "typisch Deutsch" um den Sitz kämpfte und dabei verkniffen wurde, sagte er: "Don't forget: You're doing it for the fun of it." Genau das! Reiten soll Freude machen. Bedenke bitte, dass sich jeder Krampf des Reiters auf das Pferd auswirkt.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Julilm02 
Fragesteller
 27.08.2018, 10:06

Eine frage noch, ist meine bügellänge so okay, oder ist mein bein zu angewinkelt?

Aber erstmal Vielen vielen Dank!! Mit einer so hilfreichen Antwort habe ich nicht gerechnet. DANKE

FrauBeckmesser  27.08.2018, 10:58
@Julilm02

Erstmal danke für die freundlichen Worte. Ich freu' mich, wenn ich ein bisserl weiterhelfen kann.
Die Frage nach der Bügellänge ... oh mei, das aus diesen Bildern zu beurteilen, masse ich mir nicht an. Dazu muss man den ganzen Reiter sehen und möglichst in Bewegung. Auf den ersten Blick sieht's ordentlich aus, die Frage ist aber natürlich: Was und wo reitest Du? Was ist das für ein Sattel? Üblicherweise gilt nämlich, dass man für die Dressur recht lang verschnallt, während man fürs Gelände und Springen mindestens ein, wenn nicht sogar zwei Loch kürzt. Darum haben Dressursättel üblicherweise keine Kniepausche, während Spring- und VS-Sättel da was haben, damit der Knieschluss besser gelingt.
Meiner Ansicht nach ist heute aber bei den Dressierern sehr oft das Problem, dass sie zu lange Bügel haben und dann, den Bügel irgendwie mit den Zehenspitzen balancierend, draufsitzen wie die Wäscheklämmerchen. Was ihnen unten durch die zu langen Bügel an Stabilität fehlt, wird dann oben durch Klemmen "ausgeglichen" - und dann wundern sie sich, dass ihre Pferde mit weggedrücktem Rücken rumstaksen! Würd' ich auch, wenn der Rucksack auf meinen Seiten klemmt!
Was Dir aber helfen könnte, steht schon in meinem ersten Tipp: An die Longe ohne Bügel bitte! Das wird zum Beispiel an der Spanischen Hofreitschule in Wien bis zum Abwinken praktiziert - und aus dem guten Grund: Wenn der Reitlehrer immer wieder darauf achtet, dass sein Schüler nicht klemmt, sondern locker in Balance sitzt, kommen bei dem die Haxen automatisch dahin, wo sie für ihn passen und hinsollen. Das Problem ist nämlich darin: Man kann keinen Standard vorgeben - so in der Form "Reiter ist 175 cm groß, dann muss er im 12.Loch verschnallen". Es ist davon abhängig, wie der Reiter gebaut ist (mein Anhang zum Beispiel ist 189 cm lang. Dabei dürfte aber ein guter Teil der überdurchschnittlichen Größe in seinen ewig langen, tollen Beinen stecken. Ergo sind seine Bügel im Vergleich zu meinen nicht nur die 16 cm länger, die er stehend größer ist als ich, sondern ein paar mehr); es ist davon abhängig, wie er die Hüften ausdrehen kann (und das wiederum ist zum einen anatomisch vorgegeben und zum anderen eine Frage des Trainings, wie man an klassischen Tänzern sieht); es ist davon abhängig, wie dehnbar seine Muskeln und Bänder sind. Und es kann sich übrigens durch Training und Alter verändern. Ich war mit 20 eindeutig "dehnbarer" als mit 50 - darum waren meine Bügel später ein Loch kürzer.
Kurz und (hoffentlich) gut: Jeder Reiter muss _seinen_ Sitz suchen - und da wären wir dann (ich werde langsam langweilig damit, gell?) an der Longe ohne Bügel. Das ist in meinen Augen der beste Weg dazu, den eigenen Sitz zu entwickeln und sicher in Balance zu kommen.
Ich wünsch' Dir viel Glück - und Freude auf der Suche nach Deinem Sitz. ;)

FrauBeckmesser  27.08.2018, 11:03
@Julilm02

PS: Mein Oldie steht bei einer Freundin, die Vielseitigkeitsreiterin (auf sehr hohem Niveau) ist, auf der Pensionistenkoppel. Sehr oft, wenn ich zu Besuch komme, fragt sie mich, ob ich ein bisserl Zeit habe. Wenn ja, darf ich sie und ihren Lehrling an die Longe nehmen und ein paar Runden ohne Bügel reiten lassen. Beim Lehrling sage ich dann was dazu, bei der Freundin bin ich normalerweise ganz still. Die sitzt so gut, dass ich fast nichts mehr sehen würde, was ich korrigieren könnte und wir machen die Übung hauptsächlich, damit sie für sich wieder mal kleine Kleinigkeiten korrigieren kann.
Genieß' es, wenn Du jemand hast, der gut longieren kann und nutz' es aus! Lass Dir dabei von niemand doof reinreden - so in die Richtung "Hach, bist du zurück zu den Anfängen und hoppelst wieder an der Longe rum?" Sitz und seine "Pflege" ist so wichtig, dass die gescheiteren Profis immer wieder dran arbeiten - und das eben auch an der Longe.

Baroque  27.08.2018, 11:30

Ich hab den Eindruck, der Sattel liegt nicht im Schwerpunkt. Kontrollieren kann man das natürlich nur ohne Reiter. Aber so, wie es aussieht, scheint der Sitz eine logische Folge dessen zu sein, wie der Sattel liegt - ich fürchte, Schritt 1 wäre hier der Sattler, sonst wird's verkrampft und die fehlende Losgelassenheit des Reiters kostet auch immer das Pferd seine Losgelassenheit und dann kommt nichts sinnvolles mehr raus. Deshalb: Vermehrt den letzten Absatz beachten ;-)

FrauBeckmesser  27.08.2018, 11:38
@Baroque

Könnte sein, ist aber nach den Bildern auch nicht einfach zu beurteilen. Ich müsste dazu das ganze Pferd mit Sattel sehen. Aber es kann generell nicht schaden, immer mal wieder einen guten Sattler draufgucken zu lassen. Pferde und ihre Rücken verändern sich bekanntlich durch Training und die Erfahrung sagt, dass man mindestens einmal im Jahr den Sattel richten lassen sollte, damit er dem Pferd wieder optimal passt.
Als Faustregel sollte gelten: Ein passender Sattel braucht keine Gelpolster oder sonstigen Unterlagen. Wenn er ohne alles auf dem Pferderücken liegt, passt er optimal. Mein Ex-Schwiegervater, der bis in sein 86.Lebensjahr geritten ist, hatte zum ein Beispiel nur ein relativ dünnes Leder als Schutz vor Schweiß unter seinem Maßsattel. Dafür musste bei ihm aber alle sechs Monate der Sattler dran und er hat mindestens drei- oder viermal im Verlauf der Ausbildung seines Pferdes neu- oder umpolstern lassen.

Baroque  27.08.2018, 11:49
@FrauBeckmesser

Richtig. Ich hab den Sattler auch öfter da als ich von meinen Sattelkenntnissen her bräuchte. Es kostet mich nichts, wenn ich warte, bis ich auf seiner Tour liege. Bevor ich mich verschätze mit meiner Beurteilung, schaut er lieber mal. Bisher hab ich zwar immer richtig eingeschätzt, aber er sieht natürlich viel mehr noch als ich. Ja, die Bilder geben da echt wenig her, aber das Reiterbecken wirkt mir etwas gekippt, wenn ich mir so ansehe, was die Hose am zweiten Bild macht ... hoffend, dass die Hose nicht einfach so geschnitten ist, dass sie beim normal sitzen das macht, was andere Hosen beim einkippen machen. Daher können wir hier ja nur Anregungen geben zu Lösungen.

Deine Bügel könnten definitiv länger und dein Bein sollte besser aus der Hüfte heraus fallen. Auf dem zweiten Bild ist dein Fuß sehr weit im Bügel - das blockiert allerdings.

Auf dem ersten Bild ziehst du die Ferse hoch - ein Zeichen dafür, dass du eben nicht locker sitzt.

Eine gute Sitzlonge kann hier helfen - insbesondere mit Übungen, um die Beine zu lösen. z.B. Knie so hoch wie möglich ziehen, fallen lassen. Vorsichtig natürlich ;) Das Bein aus der Hüfte heraus vor und zurück schwingen lassen, ganz schlichtes Füße kreisen lassen, und, und, und. Ich persönliche gebe solche Einheiten gerne zuerst im Fellsattel - bei mir ist es aber auf MEIN Pferd, da darf ich das und ich kenne mein Pferd entsprechend genug.

Wichtig ist auch, dass deine Hüfte nicht schiebt, sondern du einfach nur sitzt und die Bewegung zulässt. Eine schiebende Hüfte ist nicht nur schädlich für den Pferderücken, sondern auch für deinen Sitz.

Ein paar Trockenübungen können auch nicht schaden. Ich mache z.B. aktuell ein bisschen Bauchmuskeltraining und es hilft mir, gerader zu sitzen, da ich dazu neige, nach vorne zu fallen. Wenn du hier vielleicht einfach nur die Beweglichkeit deiner Beine und Hüfte trainierst, wird dir das sicher auch helfen. Zusammen mit dem richtigen Reitlehrer.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Julilm02 
Fragesteller
 31.08.2018, 15:18

Vielen Dank. Ich versuche das mal🙂👍🏻

Ich würde sagen die Bügel können 1-2 Loch länger, zumindest auf dem 2. Bild. Auf dem 1. Bild ziehst du die Ferse hoch, auf dem 2. bist du zu weit im Bügel. Du sitzt ziemlich im Stuhlsitz u. der Sattel sieht ausserdem für dich nicht passend aus.

Achte auf das richtige Maß an Bauchspannung, dann kommst du weder ins Hohlkreuz noch machst du einen Buckel. Achte auf deinen Kopf, Kinn gerade u. Blick dahin, wohin man reiten möchte. Hände aufstellen über dem Widerrist.

Sitzschulung an der Longe ist sehr hilfreich oder auch frei ohne Bügel, wenn du dich nicht am Zügel festhältst bzw. mit dem Knie klammerst u. so noch mehr das Bein hochziehst. Daher sollte da jemand dabei sein, der das korrigiert.