Warum werden im Kindergarten gewalttätige Märchen erzählt?

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Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo :)

In den Märchen ist es doch grundsätzlich so, dass es immer eine gute und eine böse Seite gibt. Auch wenn die guten Personen Aufgaben lösen müssen oder ihnen etwas widerfährt (verzaubert werden, treuer Freund wird verwandelt/getötet) und die bösen Personen zu gewinnen scheinen, siegt am Ende doch immer das Gute. :)

Kindern werden durch Märchen Werte und Normen vermittelt. Sie lernen, dass einen eine "böse Ader" einfach nicht weiterbringt, dass es für jedes Problem eine Lösung gibt und auch, wenn es mehrere Anläufe benötigt, sollte man nicht aufgeben, denn nur Übung macht den Meister und dann kann das jeder schaffen. Verstehst du wie ich meine? :)

Kinder achten hier nicht auf das Verbrennen, das Kopf abhacken, Augen auspicken oder sonstiges. Das läuft eher nebenbei, weil ja doch die Hauptgeschichte darin liegt, dass die Guten Lösungen finden, um gegen die Bösen anzukommen. :) Sie lernen dadurch, dass ein falsches Verhalten bestraft wird und gutes Verhalten eben belohnt.

Also meines Erachtens kann man solche Märchen genauso schon im Kindergarten erzählen. :) Kinder lernen eben für ihr weiteres Leben und können dann oftmals Handlungen (Belohnung, Bestrafung) besser verstehen und nachvollziehen.

Mir wurden oft Märchen vorgelesen, ich hatte auch Kassetten davon und kann mit ruhigem Gewissen sagen, dass mich das jetzt auf keinster Weise verstört oder geschadet hat. Deswegen bin ich jetzt auch nicht gewalttätig geworden oder ähnliches. Damals haben wir sogar Dornröschen im Kiga ausgespielt, da gibs so ein Lied dazu, vllt kennst du es ja. :) Auch wir erzählen den Kindern in unserem Kiga, wo ich jetzt arbeite, Märchen. Kinder verstehen das schon, wenn man das richtig erklärt, erzählt und nahe bringt. :)

Also keine Sorge :)

Vielen Dank für deine ausführlich Antwort :)

Wenn das mit der Gewalt kein großes Problem ist (was ja sein kann), ist dann nicht die in Märchen auftretende Unterscheidung in Gut und Böse eventuell zu bemängeln? Dass man denkt, es gäbe diese Kategorien und dann anfängt echte Menschen in diese zu unterteilen?

Ich behaupte nicht, dass es so ist, nur sehe ich das als mögliche und nicht wünschenswerte Konsequenz.

@barjedenbartes

Gern geschehen :)

Ich muss dir da teils schon Recht geben. Man sollte dann die Menschen in der Realität nicht nach Gut und Böse unterscheiden, das wäre falsch. Klar, dies wäre möglich, aber im Kindergartenalter eher unwahrscheinlich.

Kinder sehen das Ganze mit anderen Augen, als Erwachsene. Sie merken, dass es eben die gute Seite gibt, die immer gewinnt, weil sie richtig handeln und für ihre Tapferkeit belohnt werden. Böse Leute werden bestraft, weil sie keine Tapferkeit beweisen und mit ihrem falschen Verhalten auch nicht weit kommen, Für Kinder ist dies einfach eine schöne Geschichte, wo sie nebenbei Werte vermittelt bekommen. :)

Sie merken sich das einfach so: Tue ich das Richtige (wie der Prinz im Märchen), dann werde ich belohnt, man ist stolz auf mich und mir gehts gut, ich habe Freunde usw. Tue ich das Falsche (wie die Hexe im Märchen), dann werde ich bestraft, darf bei etwas nicht mitmachen, andere Kinder meiden mich dann, usw.

Natürlich kann man nie von der Allgemeinheit sprechen, weil natürlich auch die Eltern, Erziehungsberechtigten viel Einfluss haben und den Kindern ebenso Werte und Normen vermitteln. Wenn aber Eltern und Erzieher gut zusammenarbeiten, dann sollte es kein Problem sein und Kinder sehen Märchen so an, wie jede andere Geschichte, in der man eben etwas vermittelt bekommt. :)

barjedenbartes,

Kinder denen Märchen vorgelesen wurden, werden nicht gewalttätig. Der Inhalt dieser Geschichten ist nützlich, damit unsere Kinder sich mit der Gewalt die unseren Alltag bestimmt, auseinsetzten können. Nur so können Kinder lernen mit der täglich in unserer Gesellschaft vorkommenden Gewalt um zu gehen. Es ist auch für die Kinderpsychologie etwas völlig anders ob man Grimms Märchen vorgelesen bekommt, dieses im Fernsehen oder im Kino sieht oder diese Gewaltszenen am Computer spielt. Kinder denen im Kindergarten Grims Märchen vorgelesen wurde, werden keine gewalttätigen Erwachsenen. Sie erleben die Geschichte gemeinsam mit einem Erwachsen. Sie haben einen Ansprechpartner der mit ihnen das erlebte reflektiert. Bewegte Bilder die sich in das Gedächtnis einbrennen können gibt es auch nicht. Wenn eine solche Geschichte vorgelesen wird, erleben die Kinder sie völlig anders als wenn sie sie in Bildern sehen. Erwachsene oder Jugendliche die Gewalttätig wurden haben als Kinder selber Gewalt erlebt und/oder sich selber bei Computerspielen in die Rolle des Gewalttäters versetzt. Diese persönliche Identifizierung mit dem Gewalttäter und der Gefahr das Fiktion und Realität verschmilzen gibt beim Märchen vorlesen überhaupt nicht. Das ein Kind nach dem Kindergartenbesuch noch über das was ihm vorgelesen wurde redet und Fragen stellt (egal ob über positive oder negative Szenen), ist im Kindergartenalter völlig normal. Auf diese Weise versucht das Kind das erlebte zu begreifen. Das begreifen lernen durch wiederholtes Erzählen und Ausfragen oder Nachspielen von Erlebnissen aber auch die Angst vor dem Dunkel der Nacht beim zubettgehen, ist ein ganz natürlicher Prozess während der psychosozialen Entwicklung eines Kindergartenkindes. Dieses Verhalten zeigt sich völlig unabhängig vom Märchen vorlesen oder Gewaltfilme gucken. Dieses Verhalten zeigen alle Kinder in diesem Alter.

Der Rollitrekker

Vielen Dank für deine ausführliche Antwort :)

Die Kinder müssen ja nicht unbedingt gewalttätig werden. Es reicht ja schon, wenn man Alpträume bekommt o. ä. (was ich nicht behaupte), oder die von dir erwähnte Angst im Dunkeln sich verstärkt.

@barjedenbartes

Wenn Du eigene Kinder hättest dann wüßtest Du, daß man schlechte Träume oder die Angst vor nächtlichen Monstern durch das vorenthalten von solchen Gechichten oder Medien gar nicht verhindern kann. Kinder verarbeiten auf diese Weise die Erlebnisse und Gefühle, die sich durch ihre stetig verändernde Wahrnehmung währen des Heranwachsens ergeben.

hallo, hier ein interessanter link zu dem Thema. http://www.br-online.de/jugend/izi/deutsch/publikation/televizion/25-2012-2/vomOrde.pdf Stelle mir diese fragen nämlich gerade auch ganz neu und habe noch kein überwiegendes pro oder contra. ich liebe märchen und mich haben sie als kind nicht geschockt. Das Argument, dass durch Märchen Ängste und Agressionen verarbeitet werden können finde ich interessant, das Gegenargument, sich brave Bürger heranzuziehen, die Angst vor Strafe haben aber auch. Vielleicht ist das der Reichtum der Märchen, dass sie einen an Grenzen führen und man lernt (eigen)verantwortlich damit umzugehen. Wenn ich mich oder andere (kleinere) Menschen mit etwas konfrontiere, sollte ich auf jeden Fall selbst keine Ängste oder Zweifel haben, sondern Kompetenz, sie aufzufangen.

Das wird gemacht um die Kinder schön zu manipulieren. Die Geschichten sind in Gut und Böse eingeteilt und die Bösen werden bestraft, daraus sollen die Kinder lernen das sie nichts Böses machen sollen.
Ich finde das übrigends gar nicht gut, da die Kinder selber lernen sollen was sie Gut und Böse finden.

In den Märchen ist immer klar, wer gut und wer böse ist. Der gute wird belohnt, der Böse bestraft. In dieser Gewissheit fühlen Kinder sich sicher. Die Gewalttaten (= die Strafen für das Böse) werden erwähnt, nicht ausführlich geschildert. Märchen sind erheblich harmloser als so viele Trickfilme, in denen komische Wesen mit der Hammer auf den Kopf gehauen werden oder vom Auto überfahren werden und gleich wieder aufstehen.

Auch sogenannte Gute wenden aber in Märchen oft Gewalt an. Das ist in vielen Fällen nicht pädagogisch wertvoller als Pokemon, Star Wars (was ja an sich auch ein Märchen ist) oder die Tagesschau.

@BlackRainbow666

Die "Guten" wenden aber die Gewalt gegen die "Bösen" an. Kinder haben noch nicht eine so differenzierte Sichtweise auf die Welt. Ihnen gefällt die Darstellung einer Gesellschaft, in der Gute und Böse klar erkennbar sind und das Böse eliminiert wird.

@Schuhu

Ich hab als Kind auch Zeichentrickfilme geschaut, in denen die Guten die Bösen verdroschen haben - manchmal sogar mit scharfen Metallgegenständen :) - Aber wo ist der Punkt, an dem die differenzierte Sichtweise folgt, und von wem wird sie gelernt? Ich war als Kind nicht gewalttätig, und ich kann auch heute Herr der Ringe, Saw und Resident Evil schauen, obwohl ich vegan lebe^^

Ich bin auch nicht panisch, wenn Jugendliche Ego-Shooter spielen. Man kann Zivildienst leisten (heute ja leider nicht mehr^^) und trotzdem virtuell in Köpfe schießen. Aber Jugendliche können diese differenzierte Sicht schon haben. Kinder hingegen nehmen die Welt so als gegeben und richtig hin, wie sie sie erleben - zumindest ohne Medienkritik erlernt zu haben. Wenn man sich also hinsetzt und ein Märchen mit Kindern reflektiert, es bewertet und durcharbeitet, so ist das pädagogisch sinnvoll. Ich lese schon seit Jahren keine Märchen mehr vor, ohne sie dabei zu kommentieren oder hinterher kurz zu besprechen.

@BlackRainbow666

(Randnote: wobei ich nur den ersten Resident Evil empfehlen würde, und der erste Saw war auch der beste :))