"Nervöses Stottern" als Fachbegriff gibt es nicht, wohl aber "neurogenes Stottern" (Stottern im Zusammenhang mit einer neurologischen Erkrankung / Schädigung) und "psychogenes Stottern" (Stottern im Zusammenhang mit einer psychiatrischen Erkrankung). Das Feld-Wald-und-Wiesen-Stottern heißt fachlich "idiopathisches Stottern". Der Begriff "idiopathisch" wird in der med. Fachsprache für Krankheiten verwendet, die keiner klaren Ursache zuzuordnen sind. In der englischen Fachsprache heißt das "idiopathische Stottern" "chronic developmental stuttering (CDS)", dabei bezieht sich "developmental" darauf, dass es in der Zeit der normalen Sprachentwicklung zum ersten Mal aufgetreten ist.

Es ist ein definierendes Kennzeichen von idiopathischem Stottern, dass die Häufigkeit und Schwere in verschiedenen Situationen variiert. Diese Eigenschaft ist definierend in dem Sinne, dass eine Sprechflussstörung, die nicht situativ variiert, wahrscheinlich gar kein idiopathisches Stottern ist. (Ich habe allerdings schon Fälle von psychogenem und neurogenem Stottern gesehen, deren Stottern in unerschiedlichen Situationen konstant war.) Der Fall, dass es ausschließlich in einem aufgeregten Zustand auftritt, ist zwar ungewöhnlich, aber ändert nichts an der Diagnose.

Die Vermutung, dass dem Erscheinungsbild eine Therapie zugrunde liegt, ist nicht von der Hand zu weisen. Hat die Kollegin denn eine Therapie gemacht? Wenn ja, muss dieses eine sog. "Schönwetter-Therapie" gewesen sein, die nur in "leichten Sprechsituationen" etwas gebracht hat. Das ist ein untrügliches Kennzeichen für eine schlechte Therapie. Das Problem ist bei den Fachleuten bekannt. In guten, d.h. nachhaltig wirksamen Therapien wird natürlich großer Wert gelegt auf die Bewältigung gerade der Situationen, in denen häufiges und schweres Stottern vorkommt.

Die Methoden sind "eigentlich" auch bekannt und entsprechen weitgehend der klassischen Phobie-Therapie - Entspannung, Konfrontation, Gegenkonditionierung. Eine ausführliche Darstellung würde hier zu weit führen.

Was könnte man der Kollegin raten? Eine Therapie zu machen, wenn sie das Stottern bei Aufregung stört. Stört sie denn die Aufregung? Spürt sie die Aufregung denn? Wenn nicht, könnte es ja sein, dass nur das Stottern den Zuhörern den Eindruck gibt, als sei sie aufgeregt, was sie vielleicht gar nicht ist. Über diese Fehlbeurteilung der ahnungslosen Umgebung beschweren sich viele Stotterer, zumal dann, wenn sie sinnlose Ratschläge erhalten wie: "Sie brauchen sich nicht aufzuregen ..."

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Die erste Frage ist ja, ob das Kind überhaupt stottert. Wie schon andere Antworter ausgeführt haben, sind normale Unflüssigkeiten (sog. physiologische Unflüssigkeiten, fälschlicherweise auch physiologisches Stottern genannt) sehr häufig, aber vom Laien von (echtem) Stottern nicht ganz leicht zu unterscheiden. Wenn der Verdacht sehr stark ist, sollte man eine/n Fachfrau/mann (meist nicht leicht zu finden) hinzuziehen, aber nicht unbedingt, um eine Therapie zu beginnen, sondern um eine (meist vorläufige) Diagnose zu stellen und für weitere Beobachtungen.

Bei einem Kind unter 3 Jahren würde ich fast nie eine Therapie wg. Stotterns beginnen. Das "fast nie" bezieht sich auf extreme Ausnahmefälle, die aber sehr selten sind. Leider hast Du nicht erwähnt, wie alt das Kind ist.

Nein. Keine Übungen machen. Eine wichtige Richtlinie ist, dass man versucht, soweit das nur irgend möglich ist, auf das zu hören, was das Kind sagt, und darauf zu reagieren, und nicht darauf, wie das Kind spricht, und darauf zu reagieren. Das kann manchmal Nerven kosten, gerade wenn man es eilig hat und das Kind unbedingt etwas sagen will. In solchen Fällen ist es tatsächlich besser, dass man dem Kind sagt, dass man im Moment keine Zeit hat, um den Druck aus der Situation zu nehmen. "Du, ich kann Dir im Moment nicht zuhören, weil ist erst noch (das und das machen muss). Ich bin aber bald wieder da und dann kannst Du mir alles erzählen."

Hier noch eine Liste von Kolleg/inn/en, die sich mit Stottern auskennen. http://www.lattermann.net/Home/deutsch/patienten-info-1

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Deine Frage ist natürlich mehrdeutig.

Erstens: Man kann sich fragen, welche Menschen von der Störung betroffen sind.

Antwort: Die Wahrscheinlichkeit ist höher, wenn man männlich ist, ein Kind ist und einen Blutsverwandten hat, der ebenfalls stottert oder gestottert hat. Die Chancen sind ebenfalls erheblich höher, wenn man einen bestimmten defizitären Teil des Gehirnes hat (linksseitiges Rolandisches Operculum). Auch psychosoziale Umwelteinflüsse scheinen eine Rolle zu spielen. Einen Bezug zu bestimmten Persönlichkeitstypen scheint es nicht zu geben, d.h. die meisten spontanen Zuordnungen von Laien (nervös, angespannt, überkontrolliert, unterkontrolliert, sozial unangepasst, faul, leistungsorientiert) mögen zwar auf einen Menschen, der stottert, zutreffen, haben aber mit Stottern ursächlich nichts zu tun, sondern sind eher eine Folge des Stotterns.

Zweitens: Man kann sich fragen, was eigentlich bei einem "Stotterereignis" (volkstümlich "Block") passiert.

Antwort: Das Stotterereignis enthält immer eine bestimmte Art von Kontrollverlust, d.h. einen Zusammenbruch der Steuerung der Sprechbewegungen, die für flüssiges Sprechen erforderlich sind. Diese Zusammenbrücke können sich an unterschiedlichen Stellen der Sprechbewegung zeigen, sind aber oft vom Zuhörer nicht direkt beobachtbar. Der größte Teil der beobachtbaren Abnormität erscheint in Form von Stotterreaktionen, d.h. von Reaktionen, die dazu diesen, den Kontrollverlust zu überwinden. Dazu gehören die Wiederholung von Wörtern / Silben / Lauten, Mitbewegenden des Körpers, insbesondere der Gliedmaßen, Anstrengungsreaktionen wie erhöhter Druck im Mund- und Kehlbereich oder Grimassen (Verzerrung der Gesichtsmuskulatur). Wichtig ist, dass der Stotterer oft kurz vorher "weiß", dass er bei einem Wort stottern wird, aber nicht immer. Manche Blocks kommen auch unvorhergesehen. Beim Produzieren von Stotterreaktionen geht es immer darum, das betreffende Wort oder, wenn das angesprochene Vorwissen (Antizipation) da ist, das nächste Wort herauszubringen. Der Stotterer weiß übrigens in fast allen Fällen (es gibt Ausnahmen, aber extrem wenige), welches Wort er sagen will. Laien denken oft, dem Stotterer "fehlen die Worte". Aber so ist es nicht.

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Jetzt sind ja schon viele, in den meisten Punkten auch vollkommen zutreffende Antworten gegeben worden.

Ich versuche zunächst einmal, die beiden Fragen von FUB62 zu beantworten:

  1. Ganz klar ja. Vollständige Heilungen bei Kindern mit und ohne Therapie sind nicht die Ausnahme. sondern die Regel. Eine geschickte Therapie macht eine solche Heilung nicht unwahrscheinlicher, sondern wahrscheinlicher. Das ist nicht bei jeder Art von Intervention der Fall. Ich kenne Fälle, in denen eine Therapeutin einem Kind eine bestimmte Technik (z.B. Sprechen nach einem Takt, Sprechen mit Armschwung) beigebracht hat und sich daraus eine schwere Stotterreaktion entwickelt hat.

  2. Stottern bei Erwachsenen erscheint in drei Gruppen:

(1) Neurogenes Stottern, das im Rahmen oder in Folge einer neurologischen Krankheit oder Schädigung erstmals auftritt.

(2) Psychogenes Stottern, das im Rahmen oder in Folge einer psychiatrischen Krankheit erstmalig auftritt.

(3) "Idiopathisches" Stottern, dass sich in der Kindheit entwickelt hat oder im Erwachsenalter erstmalig aufgetreten ist, ohne dass es Bezüge zu einer auslösenden oder begleitenden Erkrankung erkennbar sind.

Man kann sich vorstellen, dass mit dieser Definition die Abgrenzung oft sehr schwierig ist. Bezüglich der Behandlung ist die Abgrenzung aber oft von eher akademischem Interesse, da sich die Behandlung oft ähnelt, d.h. dass die sog. "traditionellen Methoden" (was immer das sein mag) sich in allen drei Fällen als wirksam erweisen.

Wegen der eher geringen Fallzahlen gibt es wenige Daten zu (1) und (2). Man kann gerade froh sein, wenn man Fallsammlungen (das ist immer der Beginn der Erforschung einer Krankheit) findet.

Die Fälle von "idiomatischem" Stottern im Erwachsenenalter gibt es. Sie stellen aber den Diagnostiker (auch mich) vor ein großes Rätsel.

Bei der Gelegenheit noch zwei Bemerkungen:

Es ist natürlich ein wünschenswertes Therapieziel, dass ein Mensch, der stottert, keine Sprechangst entwickelt oder schon vorhandene Sprechangst überwindet. Das kann eine gute Stottertherapie mit großer Sicherheit erreichen. Aber, um das ganz klar zu sagen, alle Formen von Ängsten (Sprechangst, Sozialangst) sind nicht Ursache des Stotterns und Stottern ist schon gar nicht ein Ausdruck von Ängsten (zu diesem Zweck wird es oft in Theaterstücken oder Filmen eingesetzt), sondern die Folge von Stottern.

Ein Bedarf an Psychotherapie wird, gerade angesichts eines schweren Stotterers mit hochneurotischem Sozialverhalten, oft vermutet, ist aber als parallele Intervention oft (ich sage nicht "meist" oder "nie") angezeigt. Ich plädiere dafür, eine wirksame Stottertherapie zunächst allein (d.h. ohne Psychotherapie) durchzuführen. Eine gute Stottertherapie enthält so viele psychotherapeutische Anteile, dass sich eine anschließende Psychotherapie als entbehrlich erweist. Und wenn ein psychotherapeutischer Bedarf verbleibt, wird die Therapie durch die verbesserte Sprechflüssigkeit des Probanden viel einfacher für beide Parteien, da ja die meisten Psychotherapien ohnehin mehr oder weniger auf Gesprächen basieren. Das Ganze ist immer unter der Voraussetzung zu sehen, dass man überhaupt einen Psychotherapeuten findet, der genug vom Stottern versteht.

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Ob das Zwinkern ein Tick ist, d.h. ein hochautomatisiertes, unbewusstes, sich oft wiederholendes Verhalten, ist zumindest fraglich. Was mir zu Beginn viel wahrscheinlicher erscheint, ist, dass es (zunächst einmal) Konzentrationsverhalten ist. Man kennt die Zungenbewegung beim farbigen Ausfüllen einer Fläche oder beim Zeichnen einer geraden Linie. Ob sich daraus ein Tick entwickeln könnte, kann ich nicht abschätzen. Meist entwickeln sich Ticks wohl so. Ob in diesem Falle auch, kann ich nicht vorhersagen, ich bin kein Experte für Ticks, sondern für Stottern.

Zunächst erscheint es mir nicht so, dass dieses Zwinkern ein Frühwarnzeichen (danger sign) für Stottern sein könnte. Eher nicht - und wenn, was könnte man tun? Jedenfalls scheint es mir kein Anlass für einen Therapiebeginn zu sein. (Was übrigens nicht bedeutet, dass man mit einem zweijährigen Kind nicht eine Therapie beginnen sollte, wenn deutliche Frühwarnzeichen zu beobachten wären.)

Zu ihrem letzten Satz: Das Auseinanderklaffen der Fähigkeit zu formulieren und der Fähigkeit das Formulierte in eine glatte Sprechbewegung umzusetzen, ist eine Vermutung, die natürlich in eine Theorie des Stotterns eingeht. Im Falle, dass dies auf ihre Tochter zutrifft, ist wieder die Frage, was kann und sollte man tun? Erstmal nichts. Solche Entwicklungsverschiebungen in unterschiedlichen Bereichen werden Sie in der Entwicklung Ihrer Tochter noch häufig beobachten. Und, wichtig, es geht in diesem Fall nur um die Funktionen des Nervensystems, d.h. des Gehirns und der Nerven, (Formulierung und Bewegungsvollzug), die Muskulatur ist nur das Endglied, d.h. deren Aktivität ist die Bewegung selbst. Gesteuert wird alles vom Gehirn.

Ein vergleichbarer Fall: Ein Junge von 2 Jahren zeigte beim Sprechen plötzlich vermehrtes Atemschnappen (heftige Einatemzüge). Was war passiert? Man hätte darin leicht eine Stotterreaktion zur Überwindung eines Blocks sehen können. Tatsächlich hatte dieser Junge kurz zuvor begonnen, in längeren Sätzen (über die üblichen Drei-Wort-Sätze hinaus) zu sprechen und war noch dabei herauszubekommen, wie man den Ausatemstrom geschickt aufteilt oder wie man die Wörter geschickt auf Ausatemströme verteilt. Auch das entwickelt sich bei Kindern von selbst und muss dem Kind nicht beigebracht werden.

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Kommt drauf an, ob das übertrieben ist. Es gibt die Meinung, dass Kinder mit dem Schuleintritt regelgerecht artikulieren können sollten. Das halte ich für übertrieben. Gerade /s/ und /sch/ lernen viele Kinder in den ersten Schuljahren ohne fremde / therapeutische Hilfe.

Der Zahnwechsel, der in anderen Antworten immer wieder erwähnt wird, spielt eine sehr geringe Rolle. Für die Bildung des /s/ werden die unteren Schneidezähne sowie nicht gebraucht und auch fehlende obere Schneidezähne werden von den meisten Kindern so gut kompensiert, dass sie ein (fast) scharfes /s/ sprechen.

Um eine Prognose zu stellen, ob das scharfe /s/ "von selbst kommt", kann man auch als Laie dem Kind das /s/ vormachen und es auffordern, das /s/ ohne Druck (!) genauso scharf zu machen. [Das ist für das Kind eine Aufgabe, die dem Pfeifen auf den Fingern ähnlich ist.] Gelingt das, ist die Prognose eher gut, wenn nicht, eher schlecht.

Therapeutische Hilfe ist dann angezeigt, wenn eine Zahnfehlstellung (das wissen Eltern meist) oder eine myofunktionelle Störung (Unterspannung der Mund- und Rachenmuskulatur, das wissen Eltern meist nicht) vorliegt.

Im Übrigen: Eine Vorstellung bei einer Logopädin schadet (in der Regel) nicht. Wenn diese sauber arbeitet, wird sie nichts machen, was (jetzt) nicht nötig ist.

Die "Reparatur" ist im übrigen noch im Erwachsenenalter möglich, wird aber mit zunehmendem Alter immer schwieriger. Das 8. bis 10. Lebensjahr ist schon eine gute Zeit, die Sache anzugehen.

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Die Bezeichnung "Entwicklungsstottern" ist nicht ganz glücklich. Es sollte "Entwicklungsunflüssigkeiten" heißen. Dann kann man den Begriff "Stottern" für die pathologische Art der Sprechunflüssigkeiten verwenden.

Es wird zu Recht häufig als Warnzeichen (Danger Sign) betrachtet, wenn das Kind länger als ein halbes Jahr auffällig unflüssig spricht. Weitere Warnzeichen findet man hier (dies ist eine seriöse Quelle):

http://www.coloradostutteringtherapy.com/childhood/index.htm#warning

Leider auf Englisch, vielleicht gibt es ja jemanden, der genug Englisch kann.

Nach einem halben Jahr würde ich zu einer Logopädin gehen, die sich zutraut, eine genaue Diagnose zu stellen.

Sie wird sicher eine ausführliche Beratung machen und wahrscheinlich empfehlen, das Kind nach einem gewissen Zeitraum, z.B. nach einem weiteren Vierteljahr, falls nötig noch einmal vorzustellen, oder eine Therapie beginnen.

In jedem Falle: Gebt dem Kind alle Zeit der Welt und hört darauf, was es sagt, und nicht darauf, wie es spricht.

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Schon der Ausdruck "Entwicklungsstottern" ist ein Fehlgriff, wenn man damit die Unflüssigkeiten beim Sprechen meint, die (mehr oder weniger) jedes Kind im Laufe der Sprachentwicklung zeigt. Dafür wäre der Ausdruck "normale Sprechunflüssigkeiten" besser.

Aber wegen der unglücklichen Wortwahl ist Deine Frage sicher nicht sinnlos. Die Frage unterstellt, dass normale Sprechunflüssigkeiten sich zu "echtem Stottern" (das nenne ich "Stottern") auswachsen kann. Das ist in der Regel nicht der Fall! Normale Unflüssigkeiten können auch über längere Zeit (üblicherweise wird 1/2 Jahr genannt) anhalten, ohne dass sich daraus Stottern entwickelt. Es ist aber sinnvoll, dass man nach bestimmten Warnzeichen Ausschau hält. Der Amerikaner Peter Ramig hat auf einer Website eine gute Zusammenstellung gepostet: http://www.stutteringrecovery.com/teacher.html

Vielleicht findet sich irgendwo im Netz eine brauchbare Übersetzung für den Fall, dass Dein Englisch nicht reicht.

Der Zeitraum von 6 Monaten ist aber dennoch sinnvoll, nicht um "Stottern" zu diagnostizieren, sondern um eine/n Spezialistin/en (meist ein/e Logopädin/e, die/der sich besonders für Stottern interessiert). Die sind nicht leicht zu finden ... hier schreibt gerade einer.

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Die Liste der Kollegin Helene Becker-Schmahl gefällt mir sehr gut!

Speziell zum Thema Stottern ist Folgendes zu beachten: Stottern hat eine hohe Selbstheilungsrate (80 Prozent). Der Arzt, der meint, das würde sich "verwachsen", hat mit großer Wahrscheinlichkeit Recht, gibt aber keinen guten Rat, weil so die Chronifizierungskandidaten unbehandelt bleiben. Leider gibt es keine leicht erkennbaren Merkmale, um Selbstheilungen vorherzusagen. Es bleibt also ein Dilemma.

Mein Rat: Ein Kind, das über 6 Monate lang stottert, und dessen Eltern das Sorgen macht, sollte immer einer/m Logopäden/in vorgestellt werden, die sich mit Stottern auskennt. Das mit der Sorge der Eltern ist nicht deswegen wichtig, weil diese problematisch wäre, sondern deswegen, weil Eltern meist ein ganz gutes Gefühl dafür haben, ob die Unflüssigkeiten des Kindes normal sind oder ob etwas "nicht stimmt". Durch Logopädie wird sich das Stottern nur dann verfestigen, wenn sich die Kollegin sehr ungeschickt anstellt.

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Die Kostenübernahme braucht bei der gesetzlichen Krankenkasse nicht beantragt zu werden. Die Therapie kann im sog. Regelfall ohne Genehmigung verordnet werden, außerhalb des Regelfalls in der Regel auch.

Woher hast Du diese Kostenangabe: 7 Tage Therapie für 250 Euro? Das ist nicht wirklich viel, 1 Tag Therapie für rund 35 Euro. Es sind schon seit vielen Jahren Anbieter von Kursen für Menschen, die stottern, unterwegs, allerdings für sehr viel höhere Gebühren. Wenn Du das Geld übrig hast, kannst Du ja mal die 250 Euro investieren. Was dabei herauskommen wird, wirst Du sehen. Ich schätze mal: eher nichts.

Die Krankenkasse jedenfalls wird Dich zu einem/r Logopäden/in schicken.

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Ich verstehe die Frage nicht ganz.

Geht es darum, dass jemand als Kind einigermaßen erfolgreiche Therapie wegen Stotterns gemacht hat und jetzt wissen möchte, ob eine Therapie als Erwachsener noch weitere Fortschritte bringen kann?

Wenn das die Frage ist, kann ich als erfahrener Stottertherapeut nur sagen: Kommt drauf an. Worauf? Vor allem darauf, ob das verbliebene Stottern den Betreffenden noch stört. Wenn es nur "ab und zu" vorkommt, dass er "Probleme hat", einen Satz auszusprechen, kann er ja vielleicht einfach damit leben. (Das tut er ja jetzt auch schon.)

In einer Stottertherapie mit einem motivierten Erwachsenen kann man so gut wie immer erreichen, dass ein Maß an Sprechflüssigkeit erreicht wird, mit dem der Patient zufrieden ist. Dazu kann gehören, dass die Toleranz bezüglich des Reststotterns angehoben wird. Von der Teilnahme an Kursen von Anbietern, die mit dem Versprechen "Stottern ist heilbar" werben, kann ich nur abraten.

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Ich vermute, dass es sich in diesem Falle nicht um Stottern handelt, sondern, wie schon geantwortet wurde, um eine Angewohnheit, die sich deswegen verfestigt hat, weil es sich gut anfühlt, in dem Moment, wo man etwas Zeit braucht zum Denken oder zum Formulieren oder, weil man nach einem Wort sucht, zu sprechen statt nicht zu sprechen.

Ich finde es immer wieder faszinierend, wieviele stotterähnliche Wiederholungen auch Leute in führenden Positionen bzw. im öffentlichen Leben produzieren. Obama ist sicher einer von diesen.

Ja, "abgewöhnen" kann man sich das sicher. Vielleicht unter Anleitung / Begleitung durch einen Fachmann / eine Fachfrau.

Es sollte allerdings sichergestellt werden, dass es sich tatsächlich nicht um Stottern handelt. Dann würde die Sache komplizierter.

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Was heißt schon "wirkliche Krankheit"? Der Krankheitsbegriff der WHO ist so weit gefasst, dass man da fast alles unterbringt, natürlich auch Stottern.

Die Ursache ist eher körperlich (Fehlbildung oder Fehlfunktion im Gehirn), aber psychische und soziale Faktoren können nicht ausgeschlossen werden.

Übrigens, Stottern wird nicht durch eine Kommunikationsstörung ausgelöst, sondern IST eine Kommunikationsstörung. Beispiel: Der Stotterer stottert nicht, weil er schüchtern ist, sondern ist schüchtern, weil er stottert.

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Eine Therapieanbieterin aus Amsterdam führt das Stottern grundsätzlich auf die Unfähigkeit des Stotterers zurück, beim Sprechen einen konstanten Atemdruck zu halten. Die Theorie ist fragwürdig und die Ergebnisse ihrer Kurse auch.

Da sie oft in den Medien zu sehen ist (sternTV mit Günter Jauch) hat sich bei vielen Laien die Meinung festgesetzt, dass bestimmte Atemübungen das Problem Stottern lösen könnten.

Das ist wahrscheinlich aussichtslos, nicht nur die Übungen, aber auch der Versuch, eine solche Übung hier so zu erklären, dass der Betroffene sie ohne Anleitung und Korrekturen ausführen kann.

Professionelle Therapie ist hier angesagt.

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Ich arbeite vorwiegend mit stotternden Jugendlichen (ab 14 Jahren) und Erwachsenen und kann das Gesagte nur bestätigen. Selbst Patienten über 60 haben noch erhebliche Besserungen erreicht und jüngere sowieso.

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Es ist wie bei allen gesundheitlichen Problemen: Wenn die Störung nur selten vorkommt (Du schreibst "gelegentlich") und wenn der Patient damit gut leben kann, sollte die Behandlung unterbleiben.

Ja, Stottern kommt bei Kindern öfter vor. Bei Beginn etwa 5 Prozent (Jungen und Mädchen etwa zu gleichen Teilen) und dann im Erwachsenenalter noch etwa 1 Prozent.

"Nicht gleich mit dem Therapeuten kommen", hört sich so an, als ob Therapie ein schlimmes für den Jungen sein wird. Das wird es wahrscheinlich nicht (oder sollte es jedenfalls nicht werden). Eine Therapie kann eine sehr bereichernde Erfahrung sein und vielleicht sogar sein ganzes Leben positiv beeinflussen.

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Hier ein paar allgemeine Informationen über Stottern:

-- Dass Stottern im Alter von 3 bis 5 Jahren erstmalig auftritt, ist typisch.

-- Stottern hat eine große Heilungswahrscheinlichkeit, durch Therapie, aber auch spontan (d.h. von selbst).

-- Stottern wird durch die emotionale Lage des Kindes beeinflusst, ist aber im Kern zumindest bei einem großen Teil der betroffenen Kinder körperlich bedingt, auch evtl. genetisch.

-- Eine einfache Ursache für Stottern in dem Sinne, dass das Stottern aufhört, wenn der verursachende Faktor beseitigt ist, kann oft nicht gefunden werden.

-- Eine Entlastung des Kindes in alle Bereichen hat oft dramatische Besserungen zur Folge.

-- Die Auffassung, dass ein bestimmter Erziehungsfehler der Eltern das Stottern verursacht, ist höchstwahrscheinlich falsch. Dazu gibt es eine Fülle von Untersuchungen.

Was ist also mein Rat?

Vor allem, Ruhe bewahren. Beim Sprechen mit Deinem Kind und auch sonst.

Wenn er in der Kita logopädisch behandelt wird, was sagt denn die Logopädin dazu? Wenn sie Dich nicht ordentlich beraten kann, ziehe eine weitere Kollegin hinzu.

Lesenswert sind die Schriften der Bundesvereinigung Stotterer-Selbsthilfe e.V., erhältlich über www.bvss.de.

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