Ich bilde mir ständig Krankheiten ein, male mir den baldigen Tod aus und kann deshalb in der Nacht nicht schlafen. Was tun?

Ich habe momentan ein ziemlich großes Problem. Ich war wohl schon immer hypochondrisch veranlagt (in der Grundschule war ich beispielsweise fest davon überzeugt, Darmkrebs zu haben), aber in letzter Zeit nimmt die Situation wirklich überhand. Bei jedem kleinen Schmerz und jeder kleinen Muskelzuckung dichte ich mir sofort eine tödliche Krankheit an und mahle mir den baldigen Tod aus. In der Schule ist es nicht so schlimm, aber Nachts im Bett raubt es mir den Schlaf. Ich bin in der Schule dafür immer extrem müde, weil ich Angst vor dem Einschlafen habe und dementsprechend erst einschlafe, wenn ich wirklich am Limit bin. Ich habe stets große Angst davor, dass ich am nächsten Morgen nicht mehr aufwache. Ich kann mich im Unterricht nicht konzentrieren, weil ich so müde bin. (Ich mache nächstes Jahr mein Abitur, deshalb passt das gerade gar nicht...)

Vor ca. zwei Wochen war es besonders schlimm. Ich hatte in einer Nacht wirklich das Gefühl, als würde ich jeden Moment sterben. Es fühlte sich extrem real an, meine Beine haben gezittert und mein Kopf war komplett "dicht". Ich kann dieses Gefühl schlecht beschreiben, es war einfach pure Angst und pure Überzeugung, dass ich jetzt sterben werde. (An Schlaf war in dieser Nacht natürlich nicht mehr zu denken.) Solche Panikattacken hatte ich schon mehrfach, allerdings liegen die Anderen etwas länger zurück. (Sie hatten allerdings immer den gleichen Grund. Ich dachte immer, dass ich sterben würde.)

Leider bilde ich mir meine körperlichen Symptome nicht nur ein. In letzter Zeit wurde mir oft schwindlig, ich hatte Druck im Kopf und ein bleibendes Gefühl der Benommenheit. (Natürlich wurde aus diesen Symptomen in meiner Einbildung sofort ein Gehirntumor...) Kann das an der Hitze liegen, oder vielleicht daran, dass ich zu wenig trinke? Vielleicht ist es Müdigkeit? Ich weiß es nicht, aber meine Angst lässt sich von solchen rationalen Bedenken leider nicht beirren. Ich habe gerade Durchfall und leichte Bauchschmerzen, weshalb ich diese Nacht wahrscheinlich aus Angst wieder erst um 4 Uhr einschlafen werde. Kann es sein, dass diese Symptome durch meine Angst hervorgerufen werden? Warum wurde meine Angst in den letzten drei Wochen so stark? Ich sehe keinen besonderen Anlass in meinem Leben, der das ausgelöst haben könnte. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll, aber ich habe in letzter Zeit sehr oft das Gefühl nicht mehr lange zu leben. (Ich bin 17 Jahre alt.)

Was kann ich tun? Könnt ihr mir bitte irgendetwas sagen, was mich für diese Nacht beruhigt? Kann man mit solchen Beschwerden zum Arzt gehen, oder doch lieber zum Psychologen? Reichen solche Beschwerden schon für einen Psychologen? Ich weiß, dass mein Problem komisch klingt, aber es macht mich momentan wirklich fertig... Kann es sein, dass an meinem Gefühl tatsächlich etwas dran ist? So lange (bisher 3 Wochen) hielt dieses Gefühl bei mir normalerweise nie an, weshalb ich mir gerade sehr sehr große Sorgen mache. :(

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Liebe Kyoshi,

was du beschreibst, kenne ich sehr gut - ich leide auch seit früher Kindheit an einer starken Krankheitsangst, die sich wohl entwickelt hat, weil meine Mutter das auch in extremer Form hat. Ich kann dir also einfach mal beschreiben, wie ich damit umgehe und was mir gut/nicht gut tut.

1. Sprich darüber! Auch wenn es irrationale Ängste sind, auch wenn du denkst, dass deine Umgebung dich für verrückt hält, auch wenn du Angst hast, dass niemand dich versteht - diese Angst anzusprechen und zu formulieren, wie man sich fühlt, hilft schon sehr, denn alles, was man komplett mit sich alleine ausmacht, belastet auf Dauer.

2. Sprich mit Ärzten darüber! Ich habe inzwischen die Angewohnheit, jeden Arzt, den ich besuche, gleich am Anfang darüber zu informieren, dass ich unter massiven Krankheitsängsten leide. Die meisten gucken erstmal irritiert, sind dann aber ganz dankbar, dass man ihnen das gleich sagt, und oft habe ich die Erfahrung gemacht, dass sich Ärzte dann besonders viel Zeit nehmen, Dinge zu erklären. Wenn du einen Hausarzt/eine Hausärztin hast, der du vertraust, dann sprich sie auf deine Ängste an. Es ist auch ihre Aufgabe, dir in diesem Bereich weiterzuhelfen. Vielleicht kann sie dir einen Psychotherapeuten empfehlen oder dich zu einem NEurologen/Psychiater überweisen, der dir u.A. auch mit Medikamenten helfen kann (was nichts schlimmes ist, sondern bei manchen Angstphasen notwendig).

3. Deine körperlichen Symptome bildest du dir in so einer Panikphase nicht ein. Es ist erwiesen, dass die Psyche ganz massiv auf den Körper einwirkt (siehe z.B. Placebo- bzw. Noceboeffekt). Das nennt man Psychosomatik. Dein Körper verkrampft sich in so einer Panikphase, er ist auf Flucht vorbereitet, klar wird dir da schwindelig. Genauso kennt man es, dass die Psyche sich auf die Verdauung auswirkt - nicht umsonst sagt man ja: "Das schlägt mir auf den Magen." Du kannst aber versuchen, Techniken zu erlernen, die dir in so einer schlimmen Phase ein bisschen die Kontrolle über deinen Körper zurückgeben. Atemübungen zum Beispiel, autogenes Training, bestimmte Arten von Yoga - das alles kann helfen, aber man muss es eben erlernen. Frage doch mal deinen Hausarzt/deine Hausärztin, ob sie weiß, wo man bei dir in der Gegend so einen Kurs machen kann.

4. Never ask Dr. Google! Ich weiß nicht, ob das auch ein Problem von dir ist - ich hatte früher die Angewohnheit, meine vermeintlichen Symptome zu googeln, was dazu geführt hat, dass ich von einer schlimmen Pseudo-Diagnose in die nächste geschlittert bin. Das Internet tendiert zu Hysterie und Übertreibung, und man kann bestimmte Informationen einfach nicht in einen sinnvollen Zusammenhang setzen. Deine Ärzte aber können das. Es ist völlig ok, sicher untersuchen zu lassen, wenn man sich Sorgen macht. Aber wenn der Arzt dann sagt: "Alles gut!", muss man das auch irgendwie akzeptieren und annehmen (Fälle ausgenommen, in denen eindeutig eine Zweitmeinung sinnvoll ist) und darf seine Ärzte auch nicht immer zu noch mehr Tests und Untersuchungen drängen. Vertrauen üben - den Ärzten gegenüber, und deinem Körper gegenüber!

Ich glaube, für dich am wichtigsten wäre, dass du jemanden findest, der dir in dieser schweren Phase helfen kann! Frage einfach deine Hausärztin, ob sie einen Psychologen kennt, der dir helfen kann - so etwas muss man nicht alleine aushalten, es gibt Menschen, die dafür geschult sind, dir zu helfen!

Ganz liebe Grüße,

Nerdette

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Hallo Dustywoman!

Ich kenne dein Problem gut, ich war auch vor kurzem auf der verzweifelten Suche nach einer Psychotherapeutin, weil meine alte (die ich über den Beratungsdienst der Uni gefunden hatte) in Ruhestand ging. 

Ich habe dann einfach meine Hausärztin gefragt, ob sie jemanden kennt, bei dem man nicht ewig warten muss, und das hat funktioniert. Frag also am besten auch mal bei Hausärzten, oder besser, bei deinem Neurologen, wenn du einen hast - ich glaube, die haben oft Listen mit lokalen Therapeuten, weil die Behandlung von psychischen Problemen ja Neurologen und Psychotherapeuten betrifft.

Und: nicht aufgeben! Ich weiß, es ist schwer, vor allem, wenn man grade eine depressive Phase hat - aber wenn man nachfragt, bekommt man doch von vielen Menschen Unterstützung.

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