Erhebliche Gedächtnisprobleme nach sehr starker Chemo

Wegen einer weit fortgeschrittenen Krebserkrankung habe ich Anfang 2010 eine sehr starke Chemotherapie bekommen, die ich nur knapp überlebt habe. Als Nebenwirkung habe ich nun ein schlechtes Gehör und fühle mich immer noch irgendwie schlapp und kraftlos. Das schlimmste aber ist mein Gedächtnis. An Dinge vor meiner Chemo kann ich mich noch einigermaßen erinnern, aber das Kurzzeitgedächtnis ist eine Katastrophe! Leider wird das auch nicht besser und ich kann deshalb leider immer noch nicht arbeiten (bin selbstständig). Dies ist so ausgeprägt, das ich bereits einem kurzem Telefonat nicht folgen kann und das meiste wieder vergessen habe, wenn das Gespräch beendet ist. Dazu könnte ich noch tausend Beispiele nennen. Auch finde ich sehr oft selbst einfache Begriffe nicht mehr (Wortfindungsstörung). Nun habe ich meine Ärzte immer wieder darauf hin gewiesen, aber bisher sagten Alle nur, das Sie das nach einer Chemo nicht kennen. Nach dem ich nun aber mal im Internet geschaut habe, sehe ich sehr wohl viele Beiträge zu diesem Thema! Auch hier im Forum. Teilweise habe ich da was von Chemo-Hirn gelesen und bei der Deutschen Leukämie- und Lymphomhilfe gibt es sogar eine Informationsseite dazu. Kann mir jemand sagen, warum das die Ärzte nicht kennen oder vielleicht auch nicht kennen wollen? Weis jemand, wo es dazu noch genauere Information gibt oder noch besser - einen spezialisierten Arzt, der mir endlich helfen kann? Vielen Dank schon mal!

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Hallo Harthmuth,

zunächst einmal wünsche ich Dir ganz viel Kraft und Geduld und ich begrüße es, dass Du nicht einfach alles hin nimmst, was man Dir sagt. Tatsächlich bilden sich Chemopatienten die Nebenwirkungen nicht ein und da vertrau doch weiter Deiner Wahrnehmung.

Vorab, ich bin keine Medizinerin, sondern Chemopatientin, Diagnose Mammakarzinom, G3. Was ich Dir nun schreibe, beruht auf meiner Erfahrung am eigenen Leib, aber auch aus Erzählungen von sieben "Chemoschwestern". Was Du machst, liegt in Deinen Händen und ziehe immer ärztlichen Rat hinzu!

Auch ich habe im vergangenen halben Jahr eine starke neoadjuvante Chemotherapie (DOC-EC) erhalten. Die Damen, die mit mir die identische Chemo erhalten haben, bemerkten, so wie ich, ähnliche Nebenwirkungen. Wir sprachen im "Brustzentrum" bereits während einer bestimmten Infusion schon immer vom "Chemohirn", da wir uns sehr schnell nicht konzentrieren konnten oder auch Zusammenhänge vergaßen. Ebenso stand ich nicht allein mit der Tatsache, dass dieser Zustand drei bis fünf Tage nach jedem Zyklus gravierend anhielt, wir arbeiteten alle zuhause mit diesen netten gelben Klebezetteln.....

Ich habe hier eine ganz reizende Apothekerin, die unglaublich gut vernetzt ist und sehr kompetent ist, auch menschlich betrachtet. Nun weiss ich nicht, ob Du auch ein Magenschutzmittel bekommen hast, wie z. B. Pantoprazol o. ä.. Mancher dieser Medikamente lassen kein B12 durch. Ich erzählte ihr von meinem Chemohirn und sie empfahl mir hochwertige B12-Lutschtabletten, von denen sie mir eine Dose mit 100 Tabletten schenkte....also keine Rede von gezieltem Verkauf.....diese Dame ist ein absoluter Schatz und kam nach meiner Chemo immer noch mal vorbei und schaute nach dem Rechten.

Also, ich nahm während der Zeit, in der ich das Magenschutzmittel Pantoprazol nahm, immer die doppelte Menge B12, danach immer täglich die einfache Dosis. Tatsächlich merke ich ganz klar, ob ich B12 zu mir nehme oder nicht, auch nach der 12 Wochen nach der Chemo, nach einer Narkose etc. Die Konzentration ist deutlich besser und auch die Kurzzeiterinnerung ist greifbar, aber auch der allgemeine Zustand ist deutlich frischer. Natürlich kann man das auch ergänzend trainieren und wer kann, ist gut in frischer Luft bei Bewegung aufgehoben. Trainiere kleine Aufgaben, versuch Dich zu erinnern, was auf dem gelben Klebezettel steht, was musst Du erledigen......? Ich hab beruflich mit so vielen Menschen zu tun und muss mir so viel merken....ich konnte bislang auch nicht arbeiten, doch mit B12 schaffe ich es.....Montag noch eine OP :-)

In unserem Brustzentrum wird das Chemohirn nicht verneint, mir wurde gesagt, es wird noch eine Weile anhalten, da natürlich - abgesehen von neu aufzubauenden Zellen - auch eine Depotwirkung im Körper vorliegt.

Deswegen mein Rat an Dich, prüfe Deine Medikamente, die Du eventuell noch nimmst, oder auch genommen hast, ob das B12-Blocker sind. B12 kannst Du auch hochdosiert vom Doc gespritzt bekommen. Ich nehme von Anfang an VitaminC und Zink, Selen, Magnesium, Calzium + D3, Kieselerde, Kalium.

Nicht aufgeben! Bleib dran und denk nicht, du nervst, wenn Du nach Antworten suchst, sprich mit Deinem Onkologen, der hat andere Erfahrung als ein Hausarzt. Wenn Du magst, dann schreib mir unter [Emailadresse vom Support entfernt]. Dann kann ich Dir auch einen Artikel senden, zu den B12-Blockern wie oben erwähnt.

Was ich so toll an unserem Brustzentrum finde, da wird man ernst genommen, da wird keinem Patieten gesagt, so eine Nebenwirkung gibt es nicht. Ganz im Gegenteil, sie lernen mit uns über die möglichen Nebenwirkungen und versuchen, Abhilfe zu schaffen, bzw. prüfen auch, was wir selbständig erreicht haben. Sie sind im Vorfeld und im Verlauf einfach ehrlich und letztendlich hast Du ein Recht auf vollständige Information. Da wird auch gesagt, wenn etwas nicht bekannt ist, aber sie versuchen dort, eine Antwort zu finden, sei es durch einen anderen Facharzt.

Ich habe hier in Vertretung Allgemeinmediziner und Gyns. erlebt, die zugegeben haben, nicht genug Kenntnisse zu haben, was die Chemo anbelangt. Entsprechend klar war dann aber auch jeweils die Kommunikation mit der Klinik und der Austausch. Damit kann man leben, denke ich. Wie viele Ärzte haben selbst eine Chemo am eigenen Körper erlebt!? Ich wünsche es keinem! Sie haben sicher fundiertes Wissen, ohne Zweifel. Dennoch muss Platz sein für Ergänzungen, nicht wahr. Mein Hausarzt hat auffällig ein gutes Auge auf meine Blutwerte gehalten. Auffällig, weil die Klinik sagte, mein Doc sei echt gut drauf......da gäbe es Unterschiede. Das allein sagt mir doch etwas, oder....

Warst Du schon mal bei einem Neurologen?

Lass Dich nicht unterkriegen und bewahre Deinen Instinkt!!!

Gute Besserung und alles Liebe Karin

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