Atlaswirbel verschoben? Hilfe

1 Antwort

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo! Mit dem Atlaswirbel kenne ich mich leider aus eigener Erfahrung sehr gut aus, deswegen möchte ich dir dazu gerne was schreiben:

Grundsätzlich ist es durchaus möglich, dass der Vorfall bei deiner Arbeit die richtige Statik deiner Wirbelsäule aus dem Gleichgewicht gebracht hat. Gerade der Bereich Atlas/Axis, also die obersten Halswirbel (man nennt sie auch Kopfgelenke) sind sehr empfindlich.

Alles was du schreibst, passt sehr gut zu dem Bild, dass da oben in der HWS bei dir was nicht stimmt. Zum einen dein Haltungsgefühl. In den Kopfgelenken liegen sehr viele Rezeptoren, man nennt diese Region auch das zweite Gleichgewichtsorgan (das erste liegt ja im Innenohr). Und wenn diese Rezeptoren z.B. durch eine Fehlhaltung ständig gereizt werden, senden sie entsprechende Impulse ans Gehirn, und du bekommst entweder Schwindel oder eben das Gefühl, du seist nicht "ganz gerade".

Auch das Knacken deines Kiefers kann damit zu tun haben. Denn du musst dir vorstellen, dass ja die Kopfgelenke und die Kiefergelenke in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander sind. Und wenn das Spiel in dem einen Gelenk (HWS) gestört ist, dann kann es auch im Nachbargelenk (Kiefergelenk) zu Störungen kommen. Hier gibt es sogar ein eigenes Krankheitsbild, die sog. Craniomandibuläre Dysfunktion (http://cmd-dachverband.de/).

Und dann ist da noch deine LWS. Es ist durchaus denkbar, dass es auch in der LWS zu Blockierungen und/oder Verspannungen gekommen ist. Mir hat das mal ein sehr guter Manualtherapeut so erklärt: stell dir deine gesamte Wirbelsäule wie eine Gliederkette vor. Wenn alle Wirbel richtig zueinander stehen und keine Störung vorliegt, dann ist sie sehr beweglich. Genau so, wie eine Gliederkette dann schön geschmeidig ist. Wenn sich aber ein Glied der Kette (oder mehrere) verhaken, dann ist auch die Kette nicht mehr geschmeidig und beweglich. Und genau so ist es mit der Wirbelsäule. Wenn an einer Stelle der Wirbelsäule eine Störung oder Blockierung vorliegt, dann ist die gesamte WS nicht mehr so beweglich und es kommt recht schnell auch zu Beschwerden in anderen Wirbelsäulenbereichen. Von daher ist es durchaus denkbar, dass du - auch - eine Blockierung in der LWS oder dem ISG / Becken hast.

Zu den Orthopäden: leider ist es so, dass viele Orthopäden sich nicht wirklich explizit mit der HWS auskennen, schon gar nicht mit den Kopfgelenken (ich könnte da schon Bücher drüber schreiben). Mir sagte mal jemand "der Orthopäde ist für alles gut, was zwischen Knien und Schultern liegt. Von allem was darüber liegt haben die keine Ahnung." Leider konnte ich dies schon mehrfach bestätigen.

Mein Apell an dich ist nun: lass auf gar keinen Fall mit "Gewalt" an deiner HWS manipulieren, auch wenn manche Ärzte gerne behaupten, das sei alles nicht gefährlich. Wenn Blockierungen an der HWS gelöst werden sollen, dann muss das ganz vorsichtig geschehen. Vor allem muss vorher eine gründliche Diagnostik (auch bildgebend) gelaufen sein, damit strukturelle Verletzungen, die eine Kontraindiktion darstellen, ausgeschlossen werden können. Am besten suchst du dir einen Arzt mit der Zusatzausbildung für manuelle Medizin. Leider gibt es da nicht allzu viele, aber es ist möglich welche zu finden (je nachdem wo du wohnst könnte ich dir auch eine Adresse geben). Ein guter Manualtherapeut kann bei einer manuellen Untersuchung sehr leicht feststellen, ob da was in den Kopfgelenken bei dir im Argen ist. Manchmal können das auch sehr gute Physiotherapeuten, die auch eine Ausbildung für manuelle Therapie haben (ich habe zum Glück so jemanden).

Eventuell kann dir auch schon ein guter Osteopath weiterhelfen, Osteopathen kümmern sich immer um die gesamte Einheit und nicht nur die HWS. Und sie arbeiten sehr vorsichtig. Das wäre also auch noch eine gute Möglichkeit für dich.

Leider ist es auch so, dass "einfache" Blockierungen nicht im Röntgenbild gesehen werden können. Dort kannst du nur massivere Verletzungen, z.B. Brüche o.ä. erkennen. Oder es muss z.B. wie bei mir durch eine Bänderverletzung und daraus resultierender massiver Instabilität zu einer sehr deutlichen Verschiebung der Wirbel gegeneinander gekommen sein. Und selbst bei mir hat es 3 Jahre gedauert, bis das mal jemand erkannt hat, trotz aller Bildgebung. Und glaube mir, wenn du solch eine Verletzung hättest, dann würde es dir viel viel schlechter gehen. Deshalb ist man bei solch einem Beschwerdebild eben auf eine gute Diagnostik eines Manualmediziners angewiesen.

Und noch was: ich würde zur Behandlung immer nur einen wirklich guten Therapeuten an meine HWS lassen, der auch während einer Behandlung immer mögliche Veränderungen erspüren kann. Im anderen Posting wurde dir eine Methode genannt, die mit einem Gerät arbeitet. Hier wäre ich sehr vorsichtig, denn das Gerät "merkt" sowas nicht. Und ein Versprechen, mit einer Behandlung eine Besserung/Heilung herbeiführen zu können, finde ich auch mehr als gewagt.

Alles Gute!

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – hab (leider) schon viel mit Schmerzen erlebt
chekuza 
Fragesteller
 19.05.2012, 15:58

Danke dir für die schnelle umfassende Antwort. Ich wohne in Wolfsburg und würde sehr gerne deine Arztempfehlungen hören.

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chekuza 
Fragesteller
 19.05.2012, 16:11
@chekuza
  • brauch ich auch Überweisungen für den Manualtherapeut und wenn ja von wem kriege ich sie?
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