Warum muss im Therapeut-Patienten-Verhältniss ein!gegenseitiges! Vertrauensverhältnis bestehen?

7 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Ich denke, das hängt schon mal von der Ausrichtung des Therapeuten ab.

Ich persönlich definiere Psychotherapie nicht als Dienstleistung oder anonymes ärztliches Handwerk, sondern als (sicher schon professionell und distanziert gestaltete) Beziehung zwischen Patient und Therapeut, die, bei aller Professionalität, Distanz und Künstlichkeit der Situation, zuerst mal und trotzdem eine ganz persönliche, emotionale Begegnung zwischen zwei Menschen ist und bleibt.

Ich gehe dabei aber schon davon aus, dass Patienten nicht alles erzählen (können) und auch (bewusst oder unbewusst) die Unwahrheit sagen. Die Patienten entscheiden ja, was sie in die Therapie einbringen (und was nicht), worüber sie sprechen (und worüber nicht), welche Ziele sie erreichen, woran sie arbeiten möchten.

Ein Vertrauen muss da sein, dass sich Patienten auf Absprachen einlassen und diese auch einhalten. Ist das nicht (mehr) möglich und lässt sich das nicht klären und erreichen, ist es mE nicht (mehr) möglich, eine Therapie aufzunehmen oder fortzusetzen.

Therapeuten sind auch Menschen. Trotz ihrer Ausbildung besteht die Gefahr, dass sie ihre eigenen Probleme auf den Patienten übertragen oder ihm gegenüber negative Gefühle hegen, weil sein Verhalten etwas bei ihnen auslöst. Wenn dann da ein Patient sitzt, der den Therapeuten an den Ex-Partner oder die grausame Lehrerin oder den fiesen Nachbarn erinnert und der Therapeut kriegt das durch Super- und Intervision nicht in den Griff, dann ist es das Beste, wenn er den Patienten an einen anderen Therapeuten überweist, der besser mit ihm arbeiten kann. Es muss also passen zwischen Therapeut und Patient, damit ein vertraulicher Rahmen geschaffen werden kann und die Therapie erfolgreich verlaufen kann...

das ist natürlich nur ein Schritt auf dem Weg in ein Vertrauensverhältnis. Das Vertrauen in den Patienten folgt darauf, dass die Chemie stimmt, und ist wichtig, damit die Therapie überhaupt funktionieren kann. Wenn ein Therapeut befürchten muss, dass sein magersüchtiger Patient trotz Vereinbarung zu Hause wieder nichts isst oder dass ein suizidaler Patient einen weiteren Selbstmordversuch begeht, dann kann die Therapie so nicht weitergehen- dann muss er seine Patienten in eine Klinik überweisen oder, falls der sich weigert, u.U. sogar die Polizei einschalten. Bei harmloseren Beispielen wie einem Depressiven, der sich doch nicht zum Sport aufrafft, oder einem Gestressten, der weiter im Akkord arbeitet, kommt es einfach zu einem Stillstand der Therapie, denn die vielleicht einstündige Sitzung alle zwei Wochen kann natürlich nicht die versäumte Zeit zu Hause aufwiegen. Wenn der Therapeut merkt, dass sich überhaupt kein Fortschritt einstellt, weil der Patient nicht kooperativ ist und nur in die Defensive geht, dann ist eine Therapie zum Scheitern verurteilt.

Wer wuerde schon wollen, dass ein Therapeut persoenliche Dinge an Dritte ausplaudert. Und umgekehrt erhofft (mehr ist manchmal unrealistisch) sich der Therapeut daraus das Vertrauen des Patienten. Mittlerweile sind mir naemlich mehr als eine Person begegnet, die ihre gebildeten und intelligenten Therapeuten zum Narren halten, als ob es eine Art Sport waere. Wer so kontrollorientert tickt, wird niemals wirklich vertrauen koennen.

Und wo ist jetzt die Begründung, warum der Therapeut dem Patienten vertrauen muss?

@kosy3

Das kommt darauf an, wie man Vertrauen definiert. Fuer den Patienten ist es in erster Linie die Gewissheit, dass das Gesagte beim Therapeuten bleibt. Und aus Sicht eines Therapeuten ... ;-) Uerberlege mal, warum ein Therapeut keine sensiblen privaten Dinge von sich erzaehlt. Unter anderem, um moeglichst wenig angreifbar und manipulierbar zu sein.

@samsom

Er vertraut also auf die Hoffnung, dass ihm vertraut wird. Sowie auf die aufrichtige Absicht und das Vermoegen des Klienten, an der Therapie mitzuarbeiten.

Mal nebenbei. Die andere Antwort gibt auch keine Erklaerung dafuer. Warum setzt Du Deinen Kommentar dann eigentlich nur bei mir darunter?

Wenn der Therapeut seinem Patienten nicht vertraut, wenn er also davon ausgeht, dass der Patient ihm etwas vormacht oder vorlügt, wie will er ihm dann helfen? Er wird sich vielleicht arrogant oder höhnisch verhalten oder zumindest dem Patienten das Gefühl geben, dass er ihn nicht ernst nimmst. Würdest du dein Inneres nach außen kehren gegenüber einer Person, die dich nicht ernst nimmt? Zum Schluss lügen sich beide etwas vor, und die ganze Therapie ist für die Katz´.

Hey,

der Psychologe muss auf jeden Fall auch seinem Patient vertrauen können, um ihm helfen zu können. Denn nur dann kann er voll und ganz hinter seinem Rat und seinen Entscheidungen stehen. Wenn er kein Vertrauen hat und immer das Gefühl hat, dass sein Patient ihn anlügt, sich Sachen ausdenkt oder wichtige Infos für sich behält, dann gibt er zwar einen Rat, aber weiß gleichzeitig, dass er dem Patienten damit nicht richtig helfen kann, weil er nicht alle Probleme kennt. Außerdem kann er eine bessere Verbindung aufbauen, wenn er ihm vertraut und das hilft auch dem Patienten sich noch besser aufgehoben zu fühlen.

LG HSVSpielerin