Tauglichkeitsuntersuchung für Fallschirmspringer
Diese Frage richtet sich an die Skydiver und Mediziner in dieser Community. Es geht um die Tauglichkeitsuntersuchung für Fallschirmspringer.
Es gibt ja diesen "Bewerberfragebogen", den man bei der Tauglichkeitsuntersuchung mitbringen soll und auf dem man keinesfalls falsche oder irreführende Angaben machen darf. Da steht dann folgende Frage.
"Trafen oder treffen gegenwärtig eine oder mehrerer der folgenden Tatsachen für Sie zu?"
Dann folgen 20 Punkte, von denen die folgenden bei mir (insbesondere wegen der Formulierung "trafen") evtl. zutreffend sein könnten.
"Schwindel- oder Ohnmachtsanfälle"
Als Jugendlicher wurde ich öfter ohnmächtig. Zuletzt als Schüler, als ich das ehemalige Konzentrationslager in Dachau besichtigte. Angesichts der detaillierten Schilderungen über Foltervorgänge und andere Verbrechen an den Inhaftierten, die uns dort vorgetragen wurden, bin ich dort zusammengebrochen. Das ist nun schon 8 Jahre her und aufgrund der psychischen Belastung in dieser Situation wohl auch nachzuvollziehen. Vor einem Jahr wurde ich beinahe ohnmächtig, als sich ein Kollege von mir eine Schnittverletzung zuzog, da ich kein Blut sehen kann.
"Bewusstseinsstörung oder Bewusstlosigkeit"
Eine Ohnmacht (Synkope) ist ein vorübergehender Bewusstseinsverlust, der nicht länger als eine Minute andauert. So gesehen müsste man also den obigen Punkt als Spezialfall dieses Punktes betrachten.
"Augenbeschwerden"
Bin leicht kurzsichtig (-0.5 dpt links, -0.75 dpt rechts) und trage eine Brille. Außerdem bin ich rot-grün-fehlsichtig.
"Blutdruck erhöht/erniedrigt"
Diesen Verdacht gab es vor ein paar Jahren mal. Es wurden verschiedene Messungen (auch Langzeitmessungen) durch verschiedene Ärzte (Hausarzt, Kardiologe) durchgeführt. Die Ergebnisse waren ziemlich inkonsistent und wohl auch auf eine gewisse "Weißkittelsymptomatik" zurückzuführen. Ich habe dann meinen Hausarzt davon "überzeugt", dass nicht behandelt werden muss.
"Herzbeschwerden"
Ein Kardiologe hat mal Extrasystolen diagonostiziert. Da sie in der Regel nicht gefährlich sind und auch keine Symptome hervorrufen, lasse ich sie nicht behandeln.
Welche dieser Punkte müsste ich eurer Meinung nach angeben? Am besten mit Begründung warum bzw. warum nicht. Kann man aus der Verpflichtung, keine irreführenden Angaben machen zu dürfen, schließen, dass man im Zweifelsfall eher "zu viel" angeben sollte? Andererseits möchte ich natürlich verständlicherweise nicht den Eindruck erwecken, dass ich ein halber Invalide sei. :-)
Des weiteren würde ich noch um eine Einschätzung bitten, welche dieser Punkte evtl. (und unter welchen Bedingungen) zu einer Untauglichkeit führen könnten.
Außerdem würde ich noch ganz gerne wissen, was denn im Zuge der eigentlichen Tauglichkeitsuntersuchung so alles untersucht wird.
Besten Dank schonmal für die (hoffentlich) kompetenten und detaillierten Antworten. :-)
2 Antworten
Die Extrasystolen könnten in der Tat ein Problem darstellen. Trotzdem würde ich es an Ihrer Stelle zumindest versuchen.
Die Bewusstseinsstörungen sind, so wie Sie sie beschreiben, wohl eher sporadischer Natur und insbesondere die schweren Störungen liegen schon eine ganze Zeit lang zurück. Bewusstlosigkeit ist keine Krankheit, sondern lediglich ein Symptom, das viele Ursachen haben kann. Ich sehe keinen Grund anzunehmen, dass das zugrundeliegende Problem, welches in der Vergangenheit bei Ihnen sporadisch zu Synkopen oder anderen Bewusstseinsstörungen geführt hat, auch heute noch besteht. Häufig sind einmalige Ereignisse die Auslöser, das heißt nur weil ein Patient das eine oder andere Mal bereits das Bewusstsein verloren hat, darf nicht darauf geschlossen werden, dass dies erneut passieren wird. Desweiteren führt selbst ein erhöhtes Risiko eines Bewusstseinsverlusts nicht zwangsläufig zur Untauglichkeit. Selbst Personen mit insulinpflichtiger Diabetes Mellitus können fallschirmspringen, allerdings ist in diesem Fall ein Öffnungsautomat (AAD, in der Regel ein Cypres von Airtec) zwingend vorgeschrieben.
Die schwache Myopie ist auch kein Hindernis, solange der korrigierte Visus ausreichend ist, aber natürlich müssen Sie beim Springen eine Sehhilfe tragen. Die Dyschromatopsie sollte auch kein Thema sein, sonst wäre wohl ein beträchtlicher Teil der männlichen Bevölkerung von diesem Sport ausgeschlossen.
Geringe Blutdruckabweichungen sind in der Regel kein Problem. Wenn Sie Ihren Arzt davon überzeugen konnten, dass es keiner Therapie bedarf, dann waren die Abweichungen wohl nicht sonderlich stark.
Wie gesagt, meiner Ansicht nach stellen die meisten der Beschwerden, die Sie beschreiben, isoliert betrachtet keinen Hinderungsgrund dar. Bei den Extrasystolen bin ich mir allerdings nicht ganz sicher. Herzprobleme werden in diesem Sport verständlicherweise nicht gerne gesehen. Auch könnte es sein, dass aus der Kombination der Symptome auf eine Erkrankung geschlossen werden kann, die eine Untauglichkeit bewirkt, dafür eine Abschätzung zu geben maße ich mir nun nicht an.
Gehen Sie doch einfach mit einem Befragungsbogen, in welchem Sie all diese Probleme angegeben haben, zu einem Arzt und lassen Sie sich untersuchen. Der Arzt wird sicher nicht nur anhand der Kreuze entscheiden, die Sie gemacht haben, sondern wird zumindest ein Gespräch zum Zwecke der Anamnese durchführen, wo Sie erläutern können, warum Sie diesen oder jenen Punkt angegeben haben. Diese Erläuterungen relativieren die jeweiligen Punkte ja teils erheblich. Ich schätze Ihre Chancen, für tauglich befunden zu werden, gar nicht allzu gering ein.
Viel Erfolg!
Bin tauglich, muss aber eine Sehhilfe tragen. Ansonsten keine Einschränkungen.
Einzig zutreffende Antwort und somit Stern.
Ergebnis: Sie sind nicht tauglich!
Die Angaben in Ihrem Profil (Beruf und Expertenthemen) legen nahe, dass Sie eine detailliertere Erläuterung geben könnten.
Als eindeutige Ausschlusskriterien nennt der Deutsche Fallschirmspringerverband:
- manifeste koronare Herzerkrankung
- Zustand nach Herzinfarkt
- Herzinsuffizienz
- Hochdruck mit Blutdruckwerten über 180/100 mmHg in Ruhe
- therapierefrektäres Asthma bronchiale
- Neigung zu Spontan-Pneumothorax
- hochgradiges Lungenemphysem
- schwere Funktionsstörungen der oberen und unteren Extremitäten
- schwere Bewegungseinschränkungen und Instabilität der Wirbelsäule
- habituelle Schulterluxationen
- künstlicher Gelenkersatz
- hochgradige Anämien
- eine korrigierte Sehschärfe von weniger als 0.5 Visus
- Einäugigkeit
- erhebliche Gesichtsfeldausfälle
- akute, chronische und progressive pathologische Veränderungen der äußeren, mittleren oder inneren Ohren
- neurologische und psychische Auffälligkeiten, z. B. Psychosen, Psychopathien, Suchtleiden mit Alkohol und Drogenabusus
Zumindest von diesen Kriterien ist keines erfüllt.
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich möchte keineswegs ihre Kompetenz infrage stellen, jedoch würde ich, wie bereits in der Frage erwähnt, eine etwas detailliertere Erläuterung durchaus begrüßen.