Neurologie - Wie nimmt die Erregung beim EPSP einer zeitlichen Summation ab?

 - (Biologie, Neurologie, Nervensystem)

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Hi,

Frage: Wie würde sich denn die Nervenzelle verhalten, wenn es nur ein erstes EPSP geben würde?

Das habe ich einmal versucht einzuzeichnen (blau). Es kommt zu einer Repolarisation. D.h. die alte Ladungsverteilung wird wieder hergestellt, nämlich ein Ruhepotential von ca. -80 mV. Das gleiche gilt auch, wenn die Serie an EPSP´s vorüber ist. Die Zelle kehrt zum Ruhepotential zurück.

Was man hier sehen kann, sind ankommende EPSP`s am Zellsoma, bzw. den Dendriten einer Nervenzelle, verursacht durch Synapsen. Das Besondere was man hier sieht, ist, dass ein weiteres EPSP am selben Ort, mit ca. 1 ms Verzögerung ausgelöst, sich zum ersten EPSP addiert, beide EPSP zusammen erreichen eine Depolarisation von ca. -30 mV und das dritte EPSP setzt wieder an dem bereits erreichten Niveau der Depolarisation an, ebenso das 4. Wenn dann keine weiteren EPSP`s mehr ausgelöst werden, repolarisiert die Nervenzelle bis auf -80 mV, in der Abbildung nur unvollständig gezeigt (rot), aus didaktischer Sicht, würde es schon Sinn machen, die Kurve bis auf -80 mV runter zu ziehen, anstatt sie bei -40 mV einfach so in der Luft enden zu lassen und der Lernende kann sich dann selbst zusammen reimen, was da passieren mag.

Was man daraus schließen kann ist, dass EPSP`s sich summieren, auch wenn sie nicht gleichzeitig zusammentreffen. Wird während des Ablaufs des EPSP ein zweites ausgelöst, startet die von der zweiten synapatischen Erregung verursachte Depolarisation nicht wieder bei -80 mV, sondern ab dem Niveau welches bereits durch Depolarisation erreicht wurde. Das ist "zeitliche Summation".

Schwellenwerte und AP`s kann man hier nicht sehen, das kann man nur spekulieren. Aber es liegt auf der Hand, dass wenn die Amplitude des EPSP durch zeitliche Summation stark vergrößert wird, eher ein AP ausgelöst werden würde, d.h. die synaptischen Erregungen werden von der Nervenzelle im Soma verrechnet, bevor AP´s ausgelöst werden. Angenommen der Schwellenwert für die Auslösung eines AP läge bei -50 mV, dann würden in diesem Beispiel erst AP`s ausgelöst, wenn wenigstens zwei EPSP zu der Erregung beitragen, indem sie zeitlich summiert würden. Gruß, Cliff

 - (Biologie, Neurologie, Nervensystem)

Hi, vielen Dank für die ausführliche Antwort, das hat mir echt sehr geholfen. Ich hätte nochmal kurz eine Frage: Also das Runterfallen der Kurve kommt durch eine ganz normale Repolarisation zustande? Könnte man auch sagen, dass dies durch ein IPSP geschieht?

@verreisterNutzer

Hi, jup, Repolarisation durch Ionenpumpen.

Ein IPSP verringert die Amplitude des EPSP stark, indem es das Ruhepotential stabilisiert.

Es beeinflusst die Ionenkanaldurchlässigkeit von entweder Cl- oder K+-Ionen und "zementiert" das Ruhepotential, so dass es dem EPSP schwerer fällt, eine Depolaristaion herbeizuführen. Es "sabotiert" sozusagen die Depolarisation des EPSP, durch Öffnen für Depolarisation ungeeigneter Ionenkanäle, wo dann das EPSP kaum noch aus dem Quark kommt. Das Fließen von Cl- oder K+ hält das Membranpotential in der Nähe des Ruhepoptentials, auch wenn depolarisierende Ströme (EPSP) es verschieben wollen.

Das wäre so ähnlich, du willst einen Raum mit Leuten füllen und ich mach hinten eine kleine Tür auf und lasse ständig Leute raus, so bekommst du ihn einfach nicht voll :D und erreichst auch nicht den Schwellenwert um ein AP auszulösen. Um das zu bezwecken, sitzen hemmende Synapsen gern am Zellsoma, wo die Ströme verrechnet werden, weil sie da, ich hätte jetzt fast gesagt, am meisten Schaden anrichten können, aber hemmende Synapsen sind ja genauso wichtig wie erregende, sie können dort am besten die Amplitude des EPSP absenken, dies verhält sich dann nicht mehr als algebraische Summe (wie bei der zeitlichen Summation) sondern die Absenkung der Amplitude des EPSP ist stärker.

Dazu schauen wir bitte mal auf folgende Abbildung und zwar die Synapsen und die oberen Graphen (hellgrün) von EPSP und IPSP: https://eref.thieme.de/ebooks/1138531#/ebook_1138531_SL47463054 Man sieht links die Tätigkeit einer erregenden Synapse, mit normaler Depolarisation (hellgrüne Grafik). Ein AP wird ausgelöst, weil der Schwellenwert erreicht wird.

In der Mitte sieht man die Tätigkeit einer hemmenden Synapse, diese hyperpolarisiert sogar leicht, so dass das Membranpotential sogar geringfügig weiter abfällt, unter -80 mV.

Jetzt kommt das eigentlich Interessante: die gleichzeitige Tätigkeit von erregender Synapse und hemmender Synapse und die Überlagerung von EPSP und IPSP, rechte Abb. (hellgrün). Man sieht sowohl die alten Auslenkungen des Membranpotentials und das Ergebnis der Überlagerung (rote Kurve).

Wie man sieht, ist die Amplitude der Depolarisation (rot) nur noch geschätzt 1/10 des alten Wertes (violett). Das Membranpotential kommt nur unwesentlich vom Ruhepotential weg, es wird durch IPSP in seiner Nähe gehalten und erreicht nicht den Schwellenwert für die Auslösung eines AP. Die Abb. würde ich mir einfach ausschneiden und ins Heft kleben, weil sie beschreibt eigentlich genau das, wonach du gefragt hast. Gruß, Cliff

@verreisterNutzer

"Könnte man auch sagen, dass dies durch ein IPSP geschieht?"

insofern hast du im Prinzip Recht, wobei in der Abb. zur zeitlichen Summation vermutlich kein IPSP gemeint ist, sondern normale Repolarisation. Gruß

Super Hilfe, vielen Dank!