Muss ich als Arzt operieren?

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Moin,

nach Abschluss des Studiums der Humanmedizin sowie der Erteilung der Approbation darf sich der Arzt frei überlegen, welcher Spezialisierung er nachgehen möchte. Entscheidet er sich für das Gebiet der Psychiatrie so hat er im Grunde nichts mehr mit operativen Tätigkeiten zu tun.

Nichtsdestotrotz findet während des Studiums für alle die gleiche (ärztliche) Ausbildung statt und der Student erlernt dabei grundlegende operative Fertigkeiten. Eine dieser Fähigkeiten ist bspw. die Hautnaht (in verschiedenen Varianten), welche in der Uni an einem Modell geübt und dann während der Famulatur oder im PJ in der Klinik unter Aufsicht eines (Fach-)Arztes praktisch am Patienten angewandt wird. Allein während der ersten Semester des Medizinstudiums wird in Anatomie "gepräppt", also an Leichen geschnitten um Strukturen darzustellen; auch wenn dies kein Operieren im herkömmlichen Sinne ist sollte es nicht vergessen werden.

Fazit: Wer Medizin studieren und Arzt werden möchte muss damit leben, dass er auch mal invasive Eingriffe vornehmen muss. Diese sind letztendlich auch grundlegende Aufgaben eines Arztes. Nach Abschluss des Studiums beschränkt sich dies ggf. allerdings je nach Gebiet auf ein Minimum oder verschwindet komplett aus der eigenen Tätigkeit.

Hast du sonst noch Fragen hierzu oder ist soweit alles geklärt?

Lieben Gruß ;)

Alles geklärt vielen Dank :) Sind Sie vielleicht selbst Facharzt (die Antwort war so umfangreich, deshalb dachte ich, dass das ja gut sein könnte) und können mir sagen ob sich der ganze Stress, den die Ausbildung mit sich bringt, lohnt und ob Ihnen Ihr Beruf soviel Spaß macht wie Sie dachten? Falls Sie doch kein Arzt sind: nochmals vielen Dank für die Antwort :)

@WaywardDaughter

Derzeit stecke ich mitten im Medizinstudium bzw. es neigt sich langsam dem Ende zu... ;)

Man darf niemals unterschätzen, wie zeit- und arbeitsintensiv dieses Studienfach ist. Ebenso darf nicht vergessen werden, dass die Berufstätigkeit als Arzt in der Regel mindestens (!) genauso stressig ist. In meinem Fall kann ich nur sagen, dass ich mich jederzeit wieder so entscheiden würde, da ich mir keine andere Tätigkeit für mein späteres Leben vorstellen kann, die mich ebenso sehr erfüllen würde. Schichtdienst im Allgemeinen ist oft ein Killer des Soziallebens und besonders die Medizin verlangt viel Opferbereitschaft ab. Bei entsprechender Freude an diesem Beruf geht man diesen Kompromiss jedoch meist gern ein.

Möglicherweise könnte ein Praktikum in diesen Bereichen (vorzugsweise in einer Klinik, um auch mal die "Schattenseiten" kennenzulernen) dir in deiner Entscheidungsfindung weiterhelfen. Diese Zeit solltest du dir auf jeden Fall nehmen - es geht letztendlich um nichts weniger als dein späteres Leben bis zur Rente und darum, dass du dieses mit einer dich erfüllenden Tätigkeit verbringst. ;) 

Ich hoffe, dir damit etwas weitergeholfen haben zu können. Falls du sonst noch Fragen dazu hast, stell sie gern.

Lieben Gruß ;)

Alternative:

Psychologe

Wenn du dir das nicht zutraust, dann kann ich mir auch nicht vorstellen, dass du es so toll finden wirst, an Leichen rumzuschneiden und das musst du hundertprozentig machen! Es ist eher nicht so sinnvoll, mit der Einstellung Medizin zu studieren, mach vielleicht lieber Psychologie.

Oh, und im PJ muss man ja auch 4 Monate in der Chirurgie arbeiten, da wirst du es bestimmt nicht vermeiden können, mal bei OPs zu assistieren!

Hallo W.

im Studium musst Du in der Regel tiere sezieren (Ratte, Frosch, Fisch), einen Anatomiekurs mit Leiche mitmachen (dabei auch selbst sezieren) und in verschiedenen operativen Fächern Praktika und PJ machen (Gynäkologie, Chirurgie, Orthopädie). In den operativen Fächern ist es üblich dass Studenten als Assistenten am OP-Tisch stehen (Haken halten, Tupfen, Blut absaugen). Du kannst Dir überlegen, ob Du das für das Studium durchhalten willst. Danach musst Du es auf dem Weg zum Facharzt nicht mehr machen.

Hast Du schon einmal ein Praktikum in der Psychiatrie gemacht?

Als Arzt sollte man hart im nehmen sein. Vielleicht schaust Du Dich noch nach Alternativen um (z.B. Psychologe, Ergotherapeut).

LG und alles Gute!

Hourriyah

Vielen Dank für Ihre Antwort! 

Jetzt klingt alles schon viel weniger schlimm. Ich habe nur Angst davor selber Lebende Menschen zu operieren. Mit Blutabsaugen und so weiter habe ich glaube ich kein Problem, so lange nicht die volle oder der größte Teil der Verantwortung bei mir liegt. Mit Tieren und Leichen komme ich, glaube ich, besser klar als mit lebenden Menschen (zumindest wenn es um das operieren geht). Wahrscheinlich ist das auch ein Grund warum ich lieber keine Chirurgin werden sollte.

Da ich jetzt erstmal ein Jahr ins Ausland gehe, habe ich diesen Sommer keine Gelegenheit ein Praktikum zu absolvieren, und vorher war ich noch nicht alt genug. Ich hoffe, dass ich nächstes Jahr ein solches Praktikum absolvieren kann und sich mein Traumberuf bestätigt.

Nochmal vielen Dank für Ihre Hilfe!

Es wird geschaut, in welche Richtung du dich spezialisieren willst und die lassen Studis auch keine Leute aufschlitzen. Wenn es also nur um DIESE Befürchtung geht, musst du dir wohl keine großen Sorgen machen.

Du wirst aber sicher so einiges vor die Nase bekommen, was nicht so lecker ist. Wenn du also allgemein mit dem Leid von Menschen und mit schweren Verletzungen, die einem den Magen auf links drehen, nicht umgehen kannst, müsstest du deine Eignung in Frage stellen.

Auch später im Beruf wirst du mehr als die meisten anderen niedergelassenen Ärzte, mit Leuten zu tun haben, die einen enormen seelischen Leidensdruck verspüren. Und du wirst deren Geschichten erfahren und in seelische Abgründe tauchen, die einem das Herz aus der Brust reißen können.

Die Bewältigung der dadurch entstehenden psychischen Belastung halte ich für eine wesentlich größere Herausforderung, als einfach "nur" in irgendwelchen Eingeweiden herumzuschnippeln.