Mobbing Schuldfrage?
Es sind bestimmt schon mehrere solche ähnliche Fragen gestellt worden, aber diesmal wollte ich mit 1 konkretem Beispiel kommen, da mich das Thema momentan sehr beschäftigt. Ich versuche mich kurz zu halten.
Ich wurde in meiner Schulzeit gemobbt und bekam dafür die Schuld. Mein Äußeres kann nicht der Grund gewesen sein, da ich ganz normal aussah und auch immer gepflegt war.
Mir wurde immer wieder gesagt, dass ich schuld sei, dass ich der Auslöser sei, dass es an mir liegt und dass wenn schon ich mich schwer ändern müsste um irgendwie eine Chance zu haben. Allerdings wurde mir nie ein konkreter Grund genannt. Ich habe sehr lange darüber nachgegrübelt, damals und bis heute, welche Persönlichkeitseigenschaft oder welche Verhaltensweise(n) es gewesen sein hätten können. Ich kam auf keinen grünen Zweig. Ich war weder wirklich schüchtern und ängstlich, noch war ich aufgeblasen. Ich war freundlich, hilfsbereit und aufgeschlossen und schloss generell schnell Freundschaften. Mir fällt und fiel einfach nichts ein. Das Mobbing ging ca. 4 Jahre bis die Schule aus war. Geholfen hat mir niemand so wirklich, ich bekam nur Schuldzuweisungen, die mich beinahe in den Selbstmord trieben damals, aber nie hat mir jemand konkret gesagt, womit ich nerven oder provozieren würde. Auf die Frage? "Was tue ich? Was mache ich deiner/eurer Meinung nach falsch?" Bekam ich nie eine aufschlussreiche Antwort, sondern einfach, "du bist eben ein Opfer". Ok, und was sollte ich damit anfangen? Ich war keiner, der sich einfach alles gefallen lies und zu allem klein beigab, was Mobbingbetroffenen oft vorgeworfen wird.
Auch im Internet lese ich oft, wie Experten die Gründe beim Opfer sehen. Was mich weiter verunsichert. Ich war nicht der ängstliche Typ, der so oft beschrieben wird in diesem Zusammenhang, habe auch keinem anderen etwas getan, auch keine Freunde ausgespannt oder Ähnliches.
Manchmal fühle ich mich einfach nur falsch, obwohl diese Mobbingzeit schon längst vorbei ist. Dann lese ich wieder, dass die Opfer sich mal selbst an der Nase nehmen und sich ändern sollten, da das Mobbing bei 'denen' ja nachvollziehbar ist und ich bin wieder tief verunsichert. Es packt mich wieder genau bei meinem 13-jährigen, verletzten und verunsicherten Ich.
Was denkt ihr über die Schuldfrage in einer solchen Situation? Mir fällt nicht ein, was ich falsch gemacht haben könnte, was das rechtfertigen würde. Nur ist sich jeder einig, dass ich damals Schuld war. - Und ich zweifle seitdem selbst auch sehr an mir.
Und ich habe das Gefühl, erst wirklich damit abschließen zu können, wenn ich den Grund kenne, da ich ständig Angst habe, es könnte mir ja erneut wieder irgendwo irgendwie passieren, da es damals ja (vielleicht nur scheinbar oder wirklich) auch an mir lag.
Das ist, als wärst du in einem 'Blindflug' unterwegs und müsstest ständig Angst haben, da du nicht weißt, wo damals der Fehler lag. Sagen wollte es mir damals allerdings auch niemand.
Was hält ihr von der Das-Opfer-ist-Schuld-Idee?
7 Antworten
so wie du dich selber wahrgenommen hast, gibt es keinen Grund dich zu mobben
allerdings haben dich die anderen offenbar anders wahrgenommen als du dich selber
die Frage danach, was an dir "seltsam" war, kann hier niemand beantworten, höchstens einer deiner ehemaligen Mobber
vielleicht kannst du mal mit jemandem von damals in Kontakt treten und nachfragen
Ich weiß, dass mir das nur ein ehemaliger Mobber beantworten kann. Ich habe aber nicht vor, einen zu fragen, wie steh ich denn dann da... Nein das wird zu peinlich....
Eigentlich hatte der Großteil der Klasse nichts gegen mich, ich war am Anfang sogar beliebt. Nur hatte der Kopf der ganzen Sache ziemlich schnell ein Gefolge, das mich gar nicht kannte, sondern einfach nur Lust hatte, Leute zu sekieren, das dann schließlich meine Freunde mit Stühlen verprügelte und so erpresste, die Freundschaft mit mir zu beenden.
Was mich fertig macht, sind die Schuldzuweisungen der Erwachsenen. Die Inhalte der Attacken sind mir eigentlich egal. Nur die Schuldzuweisungen durch Lehrern, Eltern und damaligen Freunden machen mich heute noch nieder. Ich fühle mich seitdem einfach fehlerhaft, falsch, nicht vertrauenswürdig, lächerlich und unwürdig. Ein latentes Gefühl, das ich nicht in den Griff zu kriegen scheine. Ich wünschte mir hätte damals jemand gesagt, ich wäre bspw. zu arrogant oder zu kindsich, dann hätte ich nämlich gewusst, woran es gelegen haben könnte. So fühle ich mich die ganze Zeit latent ängstlich, schuldig und klein.
Auch wenn die Frage schon älter ist:
Ich habe mich viel mit dem Thema beschäftigt (habe Workshops gemacht, Studien gelesen,..) und :
1. Mobbing kann JEDEN treffen
2. Die Folgen von Mobbing bei Betroffenen werden infolge kognitiver Dissonanzen missinterpretiert (bedeutet: Jeder würde sich, wenn er in eine Mobbingsituation kommt, auf eine der 2 Weisen verhalten: Zurückziehen oder Aggressiv werden, was dann als Ursache genommen wird um eigene Schuldgefühle abzusenken)
3. Die einzige Verantwortung, die ein Mobbing betroffener hat, ist versuchen sich Hilfe zu holen, wenn es die Möglichkeit gibt
Schuld ist immer der Mobber, denn der Mobber versucht sich aus der Schwäche eines Anderen einen Vorteil zu verschaffen, bzw. Macht zu erlangen.
Es gibt aber viele Menschen die gemobbt werden, die einfach viel Angriffsfläche bieten, die nervig sind, einfach anders, besonders leicht verletzbar, ....
Das bedeutet NICHT das sie schuld sind, sondern nur, das sie ein "einfaches" Opfer sind. Und daran könnten diese Menschen etwas ändern.
Da kann dir nun hier leider auch niemand helfen. Wir kennen dich nicht und können das nicht beurteilen. Was du aktuell tun könntest ist Menschen die dich kennen zu fragen ob sie aktuell etwas an dir wahrnehmen das unangenehm ist.
Merke (keinesfalls böse gemeint - schon gar nicht bei DEM Problem): Je länger ein Text, desto größer der Lesewiderstand. Die Hälfte hätte zur Darlegung völlig ereicht.
Sorry !
Ich weiß, dass lange Texte nervig zum Lesen sind, aber ich hatte so viel im Kopf, ich wusste nicht, wie ich das hätte kurz halten sollen. Aber richtig erkannt, das ist ein kleines Problemchen bei mir, wenn ich einmal ins Schreiben komme, kann es lang werden. :P Na hoffentlich nimmt sich noch jemand die Zeit und liest es zumindest bis zur Hälfte...
Wir zanken hier gerade genau über diese These.
Eines ist Fakt. Ein Täter kann alleine über die Körpersprache genau die eine Person aus einer ganzen Gruppe herausholen. Allein über die Körpersprache! Also sendet das Opfer was aus.
Ich bin auch der Meinung, dass die Opfer nicht zu 100 % unschuldig sind an ihrer Situation. Oftmals haben sie das Bestreben zu gefallen und alles richtig zu machen. Dabei sind sie unvorsichtig. Sie geben zu viel Privates preis, dass dann die Mobber als Futter für ihre Kanone verwenden können. Dabei ist es völlig egal womit sie mobben. Sie nehmen zumeist das, auf das das Opfer reagiert. Beispiel: "Du bist häßlich." Macht das Opfer nichts, versucht er es noch einmal und wechselt dann die Themen durch, bis eines das Opfer zum Wutanfall oder noch besser zum Weinen bringt. Auf dem reitet er dann herum. Kein Input = kein Output.
Mobber sind einfach nur bösartig und einfach gestrickt. Vorzugsweise nehmen sie ein Opfer, von dem sie nicht viel Gegenwehr erwarten, weil es z. B. allein ist oder gehandicapt. Dabei ist ihr Tabubruch so stark, dass es die Opfer im wahrsten Sinne des Wortes sprachlos macht. Auf solche Unverschämtheiten fehlen einfach die Antworten. Oftmals sind die Vorwürfe auch nicht logisch. Das ist auch egal, solange die erwünschte Wirkung eintritt. Das Dümmste was man machen kann, ist in irgendeiner Form zu reagieren. Alles was lanweilig ist, schläft nämlich ein. Solange die Opfer eine Show bieten (weinen, schimpfen, diskutieren, zum Lehrer gehen usw.) wird weiter gemacht.
Schweigen bedeutet nicht automatisch Zustimmung. Viele die das mitbekommen schweigen, entweder aus Gleichgültigkeit oder weil sie nicht das nächste Opfer sein wollen. Das trifft auch auf eine Reihe der Mittäter zu. Der Rest ist einfach nur gedankenlos oder doof. Oft gibt es nur einen Obermobber. Schafft man es den auszuschalten ist die Schlacht fast gewonnen.
Ich habe auch nicht reagiert, nach dem Motto, dann wirds langweilig, hats was gebracht, nein.
Auch gab ich nicht zu viel von mir Preis. Eine Freundin von mir wurde auch ausgegrenz und gemobbt (später) und der wurde vorgeworfen, dass sie zu wenig von sich preis gibt. Also was ist jetzt gut?
Auch war ich nicht allein, ich hatte damals einen großen Freundeskreis, der durch das Mobbing allerdings zerstört wurde. Ich war am Anfang also beliebt.
Und ja, da hast du recht, wenn man den Kopf ausschalten würde, wäre die Schlacht gewonnen. Nur dass die Lehrer den Kopf nicht ausschalten wollten, da sie "nichts gegen ihn in der Hand haben". Ich konnte ihn nicht ausschalten, alles war zwecklos, das hätte ich nur noch mit einer Gruppe geschaft, da er auch schon Gefolge mobilisiert hatte. Allerdings ging das mit der Gruppe nicht mehr, da sein Gefolge meine Freunde mit Stühlen verprügelte und erpresste. Sie kamen also grün und blau und mit Schmerzen nach Hause und mussten die Freundschaft mit mir beenden, damit sie wieder normal in die Schule gehen konnten. - Was ich auch verstehen kann, DENEN bin ich bestimmt nicht böse.
Ich war aber auch nicht geltungsbedürftig und musste immer alles richtig machen. Jetzt kann man zwar wieder sagen, falsche Eigenwahrnehmung. Allerdings wurde mir das auch nie vorgeworfen, deshalb denke ich, dass meine Eigenwahrnehmung nicht so falsch ist. Ich will damit nicht sagen, dass ich perfekt war. Perfekt ist keiner. Kein Schüler, kein Lehrer, kein Präsident. Jeder hat seine Eigenschaften, seine Macken. Nur macht mich die Frage nach dem Grund verrückt, da sie mir nie beantwortet wurde. Wenn mir damals jemand gesagt hätte, ich würde arrogant wirken oder kindisch z.B., hätte ich darüber nachdenken können, wieviel dran ist und ob es mir wert wäre, das zu ändern. Aber so, weiß ich einfach gar nichts und komme aus der Grübelschleife nicht mehr heraus. Ich kann sie zwar unterdrücken, aber irgendwann kommt alles wieder hoch...
Das ist es ja, mir wurde nie etwas Konkretes vorgeworfen, nur wurde ich ständig attackiert. Die verbalen Attacken waren eher oberflächlich (ekelhaft, hässlich, blöd), worauf ich aber nie anbiss, da es einfach nicht stimmte. Das waren nicht gerade meine wunden Punkte.
Was mich jetzt quält ist nicht der Inhalt der Attacken von damals, sondern die Tatsache, dass ich der 'Auserwählte' war. Das ständige Gefühl, fehlerhaft und eine lächerliche Schande zu sein. Dieses latente Gefühl, das ich seit damals nicht mehr los wurde. Auch fühlte ich mich erst so schlecht, als ich Schuldzuweisungen bekam, ich suchte die Schuld eigentlich gar nicht bei mir. Auch wenn ein Mitschüler sagte, ich sei schuld, war mir das egal, aber als die Erwachsenen sagten ich sei Schuld und mir keinen konkreten Grund nannten, war das wie ein mächtiger Schlag in die Fresse.
Sorry wenn es lang wurde.
Bist du sicher, dass du wirklich nicht reagiertest? Ich könnte mir vorstellen, dass du diskutiert und nachgefragt hast. Du hattest ein Pokerface?
Deine Antwort ist fast wortwörtlich, wie die, die ich hier bekommen habe. Und mein Gesprächspartner war als Kind unausstehlich. Das weiß ich aus eigenen Erlebnissen mit ihm. Er selber fand sich nicht ungewöhnlich und auch als angenehm. Könnte diese Verdrängung ein Teil des Schutzmechanismusses sein? Ihr hab noch was gemeinsam. Obwohl das Mobbing viele Jahre her ist, beschäftigt es das Opfer immer noch. Die Mobber haben immer noch Macht über euch, obwohl sie euch vermutlich schon längst vergessen haben.
Eben, aber mir hat nie jemand gesagt, was ich vielleicht zu meinem Vorteil ändern hätte können oder wann ich genervt hätte und ich kam nach ausgibiger Selbstreflexion auch nicht drauf. Ich war nämlich nicht das "typische, weinerliche Opfer", ich weiß nicht, wo ich 'eingeladen' habe. Deshalb komme ich aus den Grübeleien ja nicht raus. Nur das latente Gefühl der Fehlerhaftigkeit und Verunsicherung blieb.